Rechtsprechung KW 25-2017

1. Einkommensteuer

Vorbehaltsnießbrauch hindert steuerneutrale unentgeltliche Übertragung eines Gewerbebetriebs 


Die Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG setzt voraus, dass der Übertragende seine bisherige gewerbliche Tätigkeit einstellt. Daran fehlt es, wenn die einzige wesentliche Betriebsgrundlage aufgrund des vorbehaltenen Nießbrauchs vom bisherigen Betriebsinhaber weiterhin gewerblich genutzt wird (Bestätigung der BFH-Urteile vom 2. September 1992 XI R 26/91, BFH/NV 1993, 161, und vom 12. Juni 1996 XI R 56, 57/95, BFHE 180, 436, BStBl II 1996, 527; in Abgrenzung zur Rechtsprechung zur Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, vgl. BFH-Urteile vom 26. Februar 1987 IV R 325/84, BFHE 150, 321, BStBl II 1987, 772, und vom 7. April 2016 IV R 38/13, BFHE 253, 390, BStBl II 2016, 765).

Es ist insoweit unerheblich, ob ein aktiv betriebener oder ein verpachteter Betrieb unter Vorbehaltsnießbrauch übertragen wird.

BFH  v. 25.01.2017, X R 59/14

Hinweis:

Wird ein Betrieb, ein Teilbetrieb oder der Anteil eines Mitunternehmers an einem Betrieb unentgeltlich übertragen, so sind gemäß § 6 Abs. 3 S. 1 EStG bei der Ermittlung des Gewinns des bisherigen Betriebsinhabers die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben.

Im Streitfall hatte die Klägerin das Grundstück, auf dem sich eine von ihr verpachtete Gaststätte befand, auf ihren Sohn übertragen, sich aber gleichzeitig den Nießbrauch vorbehalten und in der Folgezeit die Gaststätte weiter verpachtet. Das FA und ihm folgend das FG waren der Auffassung, sie habe durch die Übertragung des Grundstücks, das die einzige wesentliche Betriebsgrundlage war, einen steuerpflichtigen, wenn auch steuerbegünstigten Gewinn erzielt.

Der BFH hat entschieden, dass die Voraussetzungen für eine steuerneutrale Betriebsübertragung gem. § 6 Abs. 3 S. 1 EStG nicht vorliegen.
Nach der Rechtsprechung des BFH zu § 7 Abs. 1 EStDV (Vorgängervorschrift zu § 6 Abs. 3 S. 1 EStG) setzt die unentgeltliche Übertragung eines Betriebs voraus, dass das (wirtschaftliche) Eigentum an den wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang und unter Aufrechterhaltung des geschäftlichen Organismus auf einen Erwerber übertragen wird. Dabei ist der Begriff des Betriebs nicht allein gegenstands-, sondern zugleich tätigkeitsbezogen zu verstehen. Die bisherige Rechtsprechung gilt auch für Übertragungen unter dem Regime § 6 Abs. 3 S. 1 EStG. Voraussetzung einer Betriebsübertragung ist deshalb, dass der Gewerbetreibende die im Rahmen des übertragenen Betriebs ausgeübte gewerbliche Tätigkeit aufgibt. Daran fehlt es vorliegend, da die Klägerin die einzige wesentliche Betriebsgrundlage, das Grundstück, aufgrund des ihr vorbehaltenen Nießbrauchs weiterhin selbst vermietet und verpachtet hat. Die insoweit abweichende Rechtsprechung des IV. Senats des BFH bezüglich des unentgeltlichen Übergangs eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs unter Vorbehaltsnießbrauch kann nicht auf den unentgeltlichen Übergang eines Gewerbebetriebs übertragen werden. In inzwischen ständiger Rechtsprechung hat der IV. Senat des BFH im Wege einer bereichsspezifischen Auslegung entschieden, dass ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb unentgeltlich im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auch dann gem. § 6 Abs. 3 EStG bzw. § 7 Abs. 1 EStDV ohne Aufdeckung stiller Reserven übertragen werden kann, wenn sich der Übertragende den Nießbrauch an dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb vorbehält. Während des Nießbrauchs wird der vormals einheitliche Betrieb in zwei Betriebe (ruhender Eigentümerbetrieb und aktiver Nießbrauchsbetrieb) aufgespalten. Bei Beendigung des Nießbrauchs kommt es sodann zu einer Wiedervereinigung in der Person des Rechtsnachfolgers. Es macht für die Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG keinen Unterschied, ob der übertragende Betrieb aktiv betrieben wird oder ob es sich um einen ruhenden Betrieb in Form eines Verpachtungsbetriebs handelt. Da die Voraussetzungen für eine steuerneutrale Übertragung des Verpachtungsbetriebs gem. § 6 Abs. 3 EStG nicht erfüllt sind, stellt die Übertragung des Grundstücks eine gewinnrealisierende Entnahme dar, die zur Aufdeckung der stillen Reserven führt.

Berechnung des Unterhaltshöchstbetrags bei gleichgestellten Personen

Bei der Berechnung des Unterhaltshöchstbetrags nach § 33a Abs. 1 EStG sind keine fiktiven Einkünfte einer nach § 33a Abs. 1 Satz 3 EStG gesetzlich Unterhaltsberechtigten gleichgestellten Person anzusetzen.

BFH  v. 09.03.2017, VI R 16/16

Hinweis:

Erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt einer dem Steuerpflichtigen gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 8.820 € (im Jahr 2017) im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 S. 1 EStG). Der gesetzlich unterhaltsberechtigten Person gleichgestellt ist eine Person, wenn bei ihr zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden (§ 33a Abs. 1 S. 3 EStG).

Der Kläger erzielte in den Streitjahren gewerbliche Einkünfte. Er lebt mit seiner Lebensgefährtin in einem Haushalt. Diese erhielt keine Leistungen nach dem SGB II, weil sie mit dem Kläger in einer Bedarfsgemeinschaft lebe und dieser seiner Einkommensnachweispflicht nicht nachgekommen sei. Für die Streitjahre machte der Kläger jeweils Unterhaltsaufwendungen für seine Lebensgefährtin mit dem Höchstbetrag zzgl. des Beitrags für die Krankenversicherung geltend. Das FA berücksichtigte die Unterhaltsaufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastung. Die Unterhaltsaufwendungen seien nicht zu berücksichtigen, da die Lebensgefährtin nicht hilfsbedürftig sei. Denn sie hätte ihren Unterhalt durch eine zumutbare Erwerbstätigkeit decken können.
Der BFH hat entschieden, dass bei der Berechnung des Unterhaltshöchtsbetrags keine fiktiven Einkünfte anzusetzen sind.

Beim Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass dem gleichgestellten Unterhaltsempfänger zum Unterhalt bestimmte inländische öffentliche Mittel mit Rücksicht auf die Unterhaltsleistungen des Steuerpflichtigen gekürzt werden. Weitere Abzugsvoraussetzungen benennt das Gesetz nicht. Vielmehr nimmt das Gesetz die im Sozialrecht angelegt im Tatbestand der Bedarfsgemeinschaft geregelte Vermutung, dass Lebenspartner einander bei Bedürftigkeit unterhalten auf und stellt Unterhaltsleistungen an Personen, die wegen der Kürzung/Versagung von Sozialleistungen an Einkommen und Vermögen des Lebenspartners teilhaben, in der steuerlichen Rechtsfolge Zuwendungen an gesetzlich Unterhaltsberechtigte gleich. Die Frage, ob sich der gleichgestellte erwerbsfähige Unterhaltsempfänger einer zumutbaren Erwerbstätigkeit verweigert und deshalb eine Kürzung von Sozialleistungen zu vergegenwärtigen hat, stellt sich folglich nicht. Denn auch in einem solchen Fall verweist ihn der Tatbestand der Bedarfsgemeinschaft auf Einkommen und Vermögen seines Lebenspartners.

2. Körperschaftsteuer

Verlustabzugsverbot bei schädlichem Beteiligungserwerb (Erwerbergruppe)

Auch bei einer sog. Nullfestsetzung liegt für eine Anfechtungsklage gegen einen Festsetzungsbescheid eine Beschwer (§ 40 Abs. 2 FGO) vor, soweit in diesem Bescheid über eine Besteuerungsgrundlage entschieden wird und insoweit über § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG eine inhaltliche Bindung für ein Verlustfeststellungsverfahren ausgelöst wird.
Eine Erwerbergruppe (§ 8c Abs. 1 Satz 3 KStG) im Hinblick auf einen schädlichen Beteiligungserwerb i.S. des § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG liegt nur dann vor, wenn mehrere Erwerber bei dem (auch mittelbaren) Erwerb von Anteilen an der Verlustgesellschaft zusammenwirken und sie auf der Grundlage einer im Erwerbszeitpunkt bestehenden Absprache im Anschluss an den Erwerb einen beherrschenden Einfluss in dieser Gesellschaft ausüben können. Die Möglichkeit des Beherrschens genügt nicht. Die Feststellungs- und Beweislast trägt die Finanzbehörde.

BFH  v. 22.11.2016, I R 30/15

Hinweis:

Werden innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 25 % des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Personen übertragen oder liegt ein vergleichbarer Sachverhalt vor (schädlicher Beteiligungserwerb), sind insoweit die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nicht mehr abziehbar (§ 8c Abs. 1 S. 1 KStG). Unabhängig von Satz 1 sind bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht genutzte Verluste vollständig nicht mehr abziehbar, wenn innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 50 % des gezeichneten Kapitals, der Mitgliedschaftsrechte, Beteiligungsrechte oder der Stimmrechte an einer Körperschaft an einen Erwerber oder diesem nahe stehende Personen übertragen werden oder ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt (§ 8c Abs. 1 S. 2 KStG). Als ein Erwerber im Sinne des Satzes 1 und 2 gilt auch eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen (§ 8c Abs. 1 S. 3 KStG).

An der Klägerin, einer beteiligungsverwaltenden GmbH, war u.a. die A GmbH (zu 53 %) beteiligt. Andere Gesellschafter waren u.a. (teilweise vermittelt durch Beteiligungsgesellschaften) vier Firmengruppen/Familienstämme (B, C, D, E) mit einer Beteiligung von jeweils 10,38 %. Im Streitjahr veräußerten die Gesellschafter der A GmbH ihre Anteile zu jeweils 33,33 % an B, C, und E, so dass diese Käufer mittelbar zugleich jeweils 17,67 % der Anteile an der Klägerin erwarben. Das FA war der Auffassung, bei den drei Erwerbern handele es sich um eine Gruppe von Erwerbern mit gleichgerichteten Interessen i. S. d. § 8c Abs. 1 S. 3 KStG mit der Folge, dass die bis zum Anteilseignerwechsel nicht genutzten Verluste gemäß § 8c Abs. 1 S. 2 KStG vollständig nicht mehr abziehbar seien.

Der BFH hat entschieden, dass die Verluste nicht gem. § 8c Abs. 1 S. 2 KStG untergehen, da es sich bei den drei Erwerbern nicht um eine Erwerbergruppe i. S. d. § 8c Abs. 1 S. 3 KStG handelt.

Von den drei Erwerbern kann unstreitig nicht eine Person tatbestandlich als "Erwerber" und die zwei anderen Erwerber als (dieser Person) nahe stehende Personen angesehen werden. Auch bilden B, C und E keine sog. Erwerbergruppe i. S. d. § 8c Abs. 1 S. 3 KStG, da es an "gleichgerichteten Interessen" fehlt. Auf welchen Umstand sich das jeweilige Interesse erstrecken muss, lässt der Wortlaut der Vorschrift offen. Absprachen, die sich auf den Anteilserwerb "als solchen" beziehen und allenfalls einen zeitlichen oder sachlichen Zusammenhang (z.B. mit Blick auf die Preisfindung, auf das Bewahren eines bisher vorliegenden Verhältnisses im Anteilsbesitz) der verschiedenen Erwerbsakte begründen, reichen allerdings nicht aus. Nach dem Regelungszweck sollen erwirtschaftete Verluste für das "neue wirtschaftliche Engagement" des Erwerbers (wenn eine bestimmte Erwerbsquote überschritten ist) teilweise oder vollständig unberücksichtigt bleiben. Von einem "neuen wirtschaftlichen Engagement" kann nur gesprochen werden, wenn die Erwerber nicht nur in der Situation des Erwerbs (als "erwerbsbezogene Zweckgemeinschaft"), sondern auch im zukünftigen Wirtschaften als "Gruppe" aufzutreten willens und in der Lage sind. Dazu reicht die bloße Möglichkeit eines Beherrschens - abweichend von BMF- Schreiben v. 04.07.2008, BStBl I 2008, 736, Rz. 27 - nicht aus.

Mit Beschluss v. 29.03.2017, 2 BvL 6/11 hat das BVerfG entschieden, dass § 8c Abs. 1 S. 1 KStG mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist, soweit bei der unmittelbaren Übertragung innerhalb von fünf Jahren von mehr als 25 Prozent des gezeichneten Kapitals an einer Kapitalgesellschaft an einen Erwerber (schädlicher Beteiligungserwerb) insoweit die bis zum schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte (nicht genutzte Verluste) nicht mehr abziehbar sind. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, spätestens bis zum 31.12.2018 rückwirkend zum 01.01.2008 eine Neuregelung zu treffen. Sollte der Gesetzgeber seiner Verpflichtung nicht nachkommen, tritt am 01.01.2019 im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit rückwirkend auf den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens die Nichtigkeit von § 8c Abs. 1 S. 1 KStG ein.

3. Sonstiges

EuGH-Vorlage: Beihilfecharakter der Steuerbegünstigung nach § 6a GrEStG

Dem EuGH wird folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist Art. 107 Abs. 1 AEUV dahingehend auszulegen, dass eine nach dieser Vorschrift verbotene Beihilfe vorliegt, wenn nach der Regelung eines Mitgliedstaats Grunderwerbsteuer für einen steuerbaren Erwerb aufgrund einer Umwandlung (Verschmelzung) nicht erhoben wird, falls am Umwandlungsvorgang bestimmte Rechtsträger (herrschendes Unternehmen und eine abhängige Gesellschaft) beteiligt sind und die Beteiligung des herrschenden Unternehmens an der abhängigen Gesellschaft in Höhe von 100 % innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang besteht?

BFH  v. 30.05.2017, II R 62/14

Hinweis:

Für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2a oder Abs. 3 GrEStG steuerbaren Rechtsvorgänge wird die Grunderwerbsteuer nach § 6a Satz 1 GrEStG nicht erhoben, wenn der Rechtsvorgang auf einer Umwandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG (Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung) beruht. § 6a S. 3 GrEStG schränkt den Anwendungsbereich der Steuerbegünstigung auf Konzernsachverhalte ein. Danach gilt die Steuerbegünstigung nach § 6a S. 1 GrEStG nur, wenn an dem Umwandlungsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind. Abhängig ist eine Gesellschaft, an deren Kapital oder Gesellschaftsvermögen das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95 % ununterbrochen beteiligt ist (§ 6a S. 4 GrEStG). Begünstigt sind also Umwandlungsvorgänge mit folgenden Beteiligten: ein herrschendes Unternehmen und eine abhängige Gesellschaft, ein herrschendes Unternehmen und mehrere abhängige Gesellschaften, mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften.

Im Streitfall war die Klägerin seit mehr als fünf Jahren Alleingesellschafterin einer grundbesitzenden Tochtergesellschaft, die auf die Klägerin verschmolzen wurde. Das FA sah darin einen grunderwerbsteuerpflichtigen Erwerbsvorgang, für den die Steuerbefreiung nach § 6a GrEStG nicht zu gewähren sei. Voraussetzung ist, dass an dem Umwandlungsvorgang ein herrschendes Unternehmen und eine abhängige Gesellschaft beteiligt sind und die Beteiligung des herrschenden Unternehmens an der abhängigen Gesellschaft in Höhe von mindestens 95 % innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang besteht.

Der BFH hat dem EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens die Frage vorgelegt, ob die für die Grunderwerbsteuer geltende Steuervergünstigung bei Umstrukturierungen im Konzern nach § 6a GrEStG eine unionsrechtlich verbotene Beihilfe darstellt.

Der BFH legt § 6a GrEStG entsprechend dem Begünstigungszweck, Umstrukturierungen innerhalb von Konzernen zu erleichtern, weit aus. Das gilt zunächst für den Begriff des herrschenden Unternehmens im Sinne des § 6a S. 3 GrEStG. Der an der Umwandlung als herrschendes Unternehmen beteiligte Rechtsträger muss kein umsatzsteuerlicher Unternehmer sein. Außerdem ist § 6a S. 4 GrEStG dahin auszulegen, dass die Fristen nur insoweit maßgebend sind, als sie aufgrund der Umwandlung auch eingehalten werden können. So kann beispielsweise bei einer Verschmelzung einer abhängigen Gesellschaft auf das herrschende Unternehmen nur die Frist „vor“ der Verschmelzung eingehalten werden. Nach der Verschmelzung besteht die Beteiligung des herrschenden Unternehmens an der abhängigen Gesellschaft nicht mehr. Unter Anwendung des deutschen Rechts kommt der BFH daher zum Ergebnis, dass § 6a GrEStG im Streitfall grundsätzlich Anwendung findet. Fraglich ist aber, ob die Steuervergünstigung nach § 6a GrEStG eine unzulässige Beihilfe i.S. von Art. 107 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist. Verboten sind danach selektive Beihilfen für bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige. Der BFH sieht es als klärungsbedürftig an, ob § 6a GrEStG einen unzulässigen selektiven Vorteil dadurch verschafft, dass die Vorschrift nur für Umwandlungen, nicht aber auch für andere Umstrukturierungsmaßnahmen gilt, auf eine Beteiligungshöhe von mindestens 95 % abstellt und eine Mindesthaltedauer von fünf Jahren verlangt. Nach Auffassung des BFH ist allerdings die Regelung als Korrektur des grunderwerbsteuerrechtlichen Referenzsystems gerechtfertigt.
 

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