Rechtsprechung KW 24-2017

1. Verfahrensrecht

Zum Verhältnis einer gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zur Feststellung von dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünften sowie zum Merkmal der Tatsache i.S. von § 173 AO


Liegen die Voraussetzungen für eine gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (§ 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO) und für eine Feststellung der steuerfreien, dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte (§ 180 Abs. 5 Nr. 1 AO) vor, können beide Feststellungen miteinander verbunden werden. Eine Nachholung der Feststellung gemäß § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO ist auch während des finanzgerichtlichen Verfahrens möglich.

Die konkrete Höhe der in einer deutschen Betriebsstätte erzielten Einnahmen sowie der Umstand, dass keine Aufzeichnungen vorhanden sind, die eine direkte Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben einerseits zu der deutschen und anderseits zu der ausländischen Betriebsstätte ermöglichen, sind im Zusammenhang mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte Tatsachen i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO.

Verletzt das FA seine Aufklärungspflicht und der Steuerpflichtige die ihm obliegende Mitwirkungspflicht, steht der Änderung des Steuerbescheides gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO der Grundsatz von Treu und Glauben nur dann entgegen, wenn der Verstoß des FA die Pflichtverletzung des Steuerpflichtigen deutlich überwiegt.
BFH  v. 21.02.2017, VIII R 46/13

Hinweis:

Gem. § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO ist u.a. § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO entsprechend anzuwenden, soweit die nach einem DBA von der Bemessungsgrundlage ausgenommenen Einkünfte bei der Festsetzung der Steuern der beteiligten Personen von Bedeutung sind.

Die Klägerin - eine GbR -  unterhielt im Streitjahr ein „Ingenieurbüro für technische Übersetzungen“. Die Klägerin betrieb ihr Unternehmen in einer weiteren Betriebsstätte in Spanien. Den Gewinn aus ihrem (einheitlichen) Unternehmen ermittelte sie durch separate Betriebsstätten-Buchführungen. Den Gewinn aus der deutschen Betriebsstätte ermittelte sie durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG, den Gewinn der spanischen Betriebsstätte durch Bestandsvergleich nach spanischem Recht. Die Klägerin erklärte in den Feststellungserklärungen Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit i. S. d. § 18 EStG. Dabei gab sie die in der spanischen Betriebsstätte erzielten Einkünfte nicht in der hierfür vorgesehenen Anlage AUS ihrer Feststellungserklärungen an. Sie fügte ihren Gewinnermittlungen allerdings jährlich eine Bescheinigung ihrer Steuerberaterin bei, aus der sich jeweils ergab, dass die Klägerin die Einkünfte in der spanischen Betriebsstätte in Spanien besteuert habe und aus der deutschen Gewinnermittlung herausgerechnet habe. Das FA erließ einen gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Bescheid für das Streitjahr, in dem es sowohl die auf die deutsche als auch auf die spanische Betriebsstätte entfallenden Gewinnanteile berücksichtigte. Die Klägerin machte in ihrem Einspruch gegen den Gewinnfeststellungsbescheid u.a. die Freistellung der ausländischen Einkünfte geltend. Zudem war sie der Auffassung, dass der bestandskräftige Feststellungsbescheid nicht mehr geändert werden kann.

Der BFH hat entschieden, dass die nachträgliche Feststellung der Progressionseinkünfte rechtemäßig ist.
Die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Bst. a AO ist von der Feststellung der steuerfreien, dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte nach § 180 Abs. 5 Nr. 1 AO zu unterscheiden. Es handelt sich um jeweils eigenständige Verwaltungsakte (Regelungen). Liegen die Voraussetzungen beider Verfahren vor, können die Feststellungen miteinander verbunden werden. Die konkrete Höhe der in einer deutschen Betriebsstätte erzielten Einnahmen sowie der Umstand, dass keine Aufzeichnungen vorhanden sind, die eine direkte Zuordnung von Einnahmen und Ausgaben einerseits zu der deutschen und anderseits zu der ausländischen Betriebsstätte ermöglichen, sind im Zusammenhang mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte Tatsachen i. S. d. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Verletzt das FA seine Aufklärungspflicht und der Steuerpflichtige die ihm obliegende Mitwirkungspflicht, steht der Änderung des Steuerbescheides gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO der Grundsatz von Treu und Glauben nur dann entgegen, wenn der Verstoß des FA die Pflichtverletzung des Steuerpflichtigen deutlich überwiegt. Vorliegend war die Klägerin nicht nur verpflichtet, die in Spanien und Deutschland erzielten Einkünfte (auf der Grundlage entsprechender Aufzeichnungen) zutreffend auf die Betriebsstätten aufzuteilen und in ihrer Feststellungserklärung zutreffende Angaben zur Höhe der gesondert und einheitlich festzustellenden Besteuerungsgrundlagen (vgl. § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO) zu machen. Sie war weiterhin verpflichtet, die in Deutschland nicht steuerpflichtigen Einkünfte aus der spanischen Betriebsstätte in der Anlage AUS zu erklären, was für die Klägerin aufgrund der Hinweise in der Anleitung zur Anlage AUS auch hinreichend erkennbar war. Daher war die Würdigung des FG nach Ansicht des BFH zutreffend, dass die Verletzung der Aufklärungspflicht des FA nicht die Pflichtverletzungen der Klägerin deutlich überwog.


2. Umsatzsteuer

Umsatzsteuerfreiheit von Eingliederungsleistungen


Die Beschränkung der Umsatzsteuerfreiheit für Eingliederungsleistungen gemäß § 4 Nr. 16 Buchst. h UStG auf die Leistungen von Unternehmern, mit denen eine Vereinbarung nach § 75 SGB XII besteht, ist unionsrechtskonform.
BFH  v. 09.03.2017, V R 39/16

Hinweis:

Nach § 4 Nr. 16 Bst. h UStG sind die Leistungen der Einrichtungen steuerfrei, mit denen eine Vereinbarung nach § 75 SGB XII besteht.
Die Klägerin war als Erzieherin und selbständige Betreuerin für einen gemeinnützigen Verein tätig, dessen Vorsitzende sie war. Zwischen dem Verein und dem Landkreis bestand ein Vertrag nach § 75 f. SGB XII. Die Klägerin unterstützte mit ihren für den Verein erbrachten Leistungen seelisch kranke Menschen in ihren Wohnungen bei der Erweiterung psychosozialer und kommunikativer Kompetenzen. Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging das FA davon aus, dass die Klägerin steuerpflichtige Leistungen erbracht habe und erließ entsprechende Umsatzsteuerjahresbescheide.

Der BFH hat entschieden, dass die Leistungen der Klägerin umsatzsteuerpflichtig sind.
Da es nach den Feststellungen des FG an Vereinbarungen i. S. v. § 75 Abs. 3 SGB XII fehlte, kommt eine Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 16 UStG nicht in Betracht. Die Klägerin kann sich für die Steuerfreiheit ihrer Leistungen auch nicht auf das Unionsrecht berufen. Die MwStSystRL legt die Voraussetzungen und Modalitäten der Anerkennung nicht fest. Vielmehr ist es Sache des innerstaatlichen Rechts jedes Mitgliedstaats, die Regeln aufzustellen, nach denen Einrichtungen die erforderliche Anerkennung gewährt werden kann. Die Mitgliedstaaten verfügen insoweit über ein Ermessen.


3. Einkommensteuer

Zur Qualifizierung der Tätigkeit einer Personengesellschaft, die auf technische Übersetzungen spezialisiert ist

Eine Personengesellschaft, die ihren Kunden im Rahmen einheitlicher Aufträge nicht nur Übersetzungen in Sprachen liefert, die ihre Gesellschafter beherrschen, sondern - durch Zukauf von Fremdübersetzungen - regelmäßig und in nicht unerheblichem Umfang auch in anderen Sprachen, ist gewerblich tätig.
BFH  v. 21.02.2017, VIII R 45/13

Hinweis:

Unter Gewerbebetrieb ist ein gewerbliches Unternehmen i. S. d. EStG zu verstehen (§ 2 Abs. 1 S. 2 GewStG). Nach § 15 Abs. 2 EStG ist Gewerbebetrieb eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.

Die Klägerin, eine GbR, unterhielt in den Streitjahren ein „Ingenieurbüro für technische Übersetzungen“. Die Klägerin war insbesondere im Bereich Maschinenbau tätig und erstellte im Auftrag ihrer Kunden technische Handbücher, Bedienungsanleitungen u.ä. mit Übersetzungen in verschiedene Sprachen. Zunächst hatte die Klägerin ihren Kunden lediglich Übersetzungen in den Sprachen angeboten, die ihre Gesellschafter vollständig selbst anfertigen konnten (Deutsch, Englisch, Spanisch und Französisch). Später gaben die Kunden im Rahmen einheitlicher Aufträge auch Übersetzungen in andere Sprachen in Auftrag. Hierfür schaltete die Klägerin Fremdübersetzer ein und nutzte - weil sie Textteile wiederverwenden konnte - ein sog. Translation Memory System, d.h. ein System zur rechnergestützten Übersetzung und Speicherung von Texten. Der Anteil der Fremdleistungen an den Umsatzerlösen der Klägerin lag nach den Feststellungen des FG zwischen 26 % und 56 %. Die Klägerin sah die von ihr erzielten Einkünfte als solche aus freiberuflicher Tätigkeit gem. § 18 EStG an und gab dementsprechend keine Gewerbesteuererklärungen ab. Nach einer Betriebsprüfung erließ das FA aufgrund des nicht unbeträchtlichen Anteils an Fremdleistungen Gewerbesteuermessbescheide.

Der BFH hat entschieden, dass die Personengesellschaft gewerblich tätig ist.

Eine Personengesellschaft entfaltet nur dann eine Tätigkeit, die die Ausübung eines freien Berufs i. S. v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG darstellt, wenn sämtliche Gesellschafter als Mitunternehmer die Merkmale eines freien Berufs (Katalogberuf oder „ähnlicher Beruf“) erfüllen, denn die tatbestandlichen Voraussetzungen der Freiberuflichkeit können nicht von der Personengesellschaft selbst, sondern nur von den Mitunternehmern erfüllt werden. Beherrscht der Übersetzer die beauftragten Sprachen - wie hier die Gesellschafter der Klägerin - nicht selbst, kann er - weil er die Übersetzungsleistung weder selbst erbringen noch insoweit leitend und eigenverantwortlich tätig sein kann- nicht freiberuflich i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG tätig sein. Es liegt eine gewerbliche Tätigkeit (§ 15 Abs. 2 EStG) vor, und zwar auch dann, wenn der Übersetzer eine bzw. einen Teil der beauftragten Sprachen beherrscht. Dass sich das Berufsbild des (Fach-)Übersetzers im Laufe der letzten Jahre u.a. durch den Einsatz technischer Hilfsmittel wie z.B. eines TMS verändert hat und neben der eigentlichen Übersetzungsarbeit regelmäßig weitere redaktionelle und (ingenieur-)technische Leistungen erbracht werden, ändert daran nichts. Das insoweit bestehende Defizit im Bereich eigener Sprachkompetenz kann grundsätzlich weder durch den Einsatz eines TMS noch durch die sorgfältige Auswahl und die Unterstützung der eingesetzten Fremdübersetzer ausgeglichen werden, da die Richtigkeit der jeweiligen Übersetzung nicht überprüft werden kann.

AfA-Befugnis des Nichteigentümer-Ehegatten bei betrieblicher Nutzung des Ehegattengrundstücks; Aufwandszurechnung bei Darlehenszahlungen von einem Gemeinschaftskonto (Oder-Konto)

Die steuerliche Berücksichtigung der Aufwendungen für AfA eines vom Nichteigentümer-Ehegatten betrieblich genutzten Gebäudeteils setzt voraus, dass dieser die Anschaffungskosten getragen hat.
Zahlungen von einem gemeinsamen Konto der Ehegatten gelten unabhängig davon, aus wessen Mitteln das Guthaben auf dem Konto stammt, jeweils für Rechnung desjenigen geleistet, der den Betrag schuldet, sofern keine besonderen Vereinbarungen getroffen wurden.

BFH  v. 21.02.2017, VIII R 10/14

Hinweis:

Errichtet der Betriebsinhaber mit eigenen Mitteln ein Gebäude auf einem auch dem Nichtunternehmer-Ehegatten gehörenden Grundstück, wird der Nichtunternehmer-Ehegatte - sofern keine abweichenden Vereinbarungen zwischen den Eheleuten getroffen werden - sowohl zivilrechtlicher als auch wirtschaftlicher Eigentümer des auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Gebäudeteils. Die Wirtschaftsgüter sind beim Nichtunternehmer-Ehegatten grundsätzlich Privatvermögen. Die vom Betriebsinhaber getragenen Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung des Gebäudes, die auf den Miteigentumsanteil des Nichtunternehmer-Ehegatten entfallen, sind als eigener Aufwand nach den allgemeinen ertragsteuerlichen Regelungen als Betriebsausgaben abzuziehen. Sie sind - bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1, § 5 EStG - in einem Aufwandsverteilungsposten in der Bilanz abzubilden.
Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit und die Klägerin geringfügige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Kläger erwerben gemeinschaftlich ein bebautes Grundstück. Zur Finanzierung des Objekts schloss die Klägerin einen Darlehensvertrag mit der Sparkasse ab. Die Zins- und Tilgungsleistungen für das Darlehen erfolgten von einem gemeinsamen Bankkonto, das als Oder-Konto (Gemeinschaftskonto mit Einzelverfügungsbefugnis) geführt wurde. Zahlungen auf dieses Konto erfolgten im Wesentlichen aus den Einnahmen des Klägers aus seiner selbständigen Arbeit. Nach Erwerb des Grundstücks teilten die Kläger das Anwesen in Wohnungseigentum auf. Das Erdgeschoss stand danach im Alleineigentum der Klägerin. Diese vermietete die Räumlichkeiten zur betrieblichen Nutzung an den Kläger. Das FA erkannt das Mietverhältnis nicht an. Im Klageverfahren ließen die Kläger ihre Einwendungen gegen die steuerliche Nichtanerkennung des Mietvertrags fallen. Stattdessen machte der Kläger die auf das Darlehen der Klägerin gezahlten Schuldzinsen, die Gebäudeabschreibung und weitere laufende Erhaltungsaufwendungen, soweit sie auf die von ihm betrieblich genutzten Räume entfielen, als Betriebsausgaben geltend.

Der BFH hat entschieden, dass die Aufwendungen für das Erdgeschoss nicht beim Kläger als Betriebsausgaben berücksichtigt werden können.
Aus dem Grundsatz der persönlichen Leistungsfähigkeit ergibt sich, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen i. S. d. § 4 Abs. 4 EStG persönlich tragen muss. Die Ermittlung der Einkünfte i. S. d. § 2 Abs. 1 u. 2 EStG ist subjektbezogen. Steuersubjekt ist der einzelne Steuerpflichtige. Dies gilt auch im Falle der Zusammenveranlagung. Das Darlehen zur Finanzierung der Anschaffung des Gebäudes wurde allein von der Klägerin aufgenommen. Die Zahlungen zur Tilgung dieses Darlehens wurden von einem gemeinsamen Oder-Konto der Eheleute geleistet. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH werden Zahlungen von einem gemeinsamen Konto der Ehegatten jeweils für Rechnung desjenigen geleistet, der den Betrag schuldet, sofern keine besonderen Vereinbarungen getroffen wurden. Gleichgültig ist, aus wessen Mitteln das Guthaben auf dem Konto stammt. Danach handelt es sich bei den Zahlungen von dem gemeinsamen Oder-Konto der Kläger um Aufwendungen der Klägerin für die Anschaffung des in ihrem Eigentum stehenden Gebäudeteils. Die Zahlungen wurden für ihre Rechnung geleistet, da sie allein die Rückzahlung des Darlehens schuldete.

Pauschale Einkommensteuer auf Geschenke unterliegt Abzugsverbot

Die Übernahme der pauschalen Einkommensteuer nach § 37b EStG für ein Geschenk unterliegt als weiteres Geschenk dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG, soweit bereits der Wert des Geschenks selbst oder zusammen mit der übernommenen pauschalen Einkommensteuer den Betrag von 35 € übersteigt.
BFH  v. 30.03.2017, IV R 13/14

Hinweis:

Bei der Gewinnermittlung sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind, als Betriebsausgaben abzuziehen (§ 4 Abs. 4 EStG). Handelt es sich jedoch um Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dürfen sie den Gewinn nicht mindern (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 S. 1 EStG). Letzteres gilt nicht, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 € nicht übersteigen (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 S. 2 EStG).

Die Klägerin – eine KG – hatte Freikarten vergeben. Im Rahmen einer Außenprüfung gelangte die Prüferin zum Ergebnis, dass ein Teil der Aufwendungen gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG nicht abzugsfähig ist. Bei einer Lohnsteuer-Außenprüfung stellt die Prüferin fest, dass die Klägerin Sachzuwendungen an Nichtarbeitnehmer nach § 37b EStG pauschal versteuert hat; hinsichtlich der Freikarten ist jedoch eine Pauschalierung unterblieben. Die Klägerin entrichtete daraufhin pauschale Einkommensteuer zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer i. H. v. 26.760 €. In dem Gewinnfeststellungsbescheid des Streitjahres ließ das FA die entrichtete pauschale Einkommensteuer nicht zum Betriebsausgabenabzug zu.

Der BFH hat entschieden, dass die pauschale Einkommensteuer als weiteres Geschenk dem Abzugsverbot gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 EStG unterliegt, soweit bereits der Wert des Geschenks selbst oder zusammen mit der übernommenen pauschalen Einkommensteuer den Betrag von 35 € übersteigt.

Mit der Ausübung des Wahlrechts nach § 37b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG hat die Klägerin eine Zuwendung an einen Dritten vorgenommen. Denn sie hat den Empfängern der Freikarten einen (weiteren) vermögenswerten Vorteil verschafft. Dieser liegt in der Befreiung von der auf die Freikarten entfallenden Einkommensteuerschuld. Denn Geschenk - im Streitfall die Freikarte - und Steuer sind derart miteinander verbunden, dass sie zusammen betrachtet werden müssen. Die pauschale Einkommensteuer des § 37b EStG ist - entgegen einer im Schrifttum häufig vertretenen Auffassung - keine Unternehmenssteuer eigener Art, die originär beim Zuwendenden entsteht und deshalb stets als Betriebsausgabe abziehbar ist. So geht § 37b EStG bereits nach seinem Wortlaut von einer „Steuerübernahme“ aus (§ 37b Abs. 3 S. 3 EStG). Auch § 40 Abs. 3 S. 1 EStG, auf den § 37b Abs. 3 S. 2 EStG verweist, spricht - sinngemäß angewandt - ebenfalls davon, dass der Zuwendende die pauschale Einkommensteuer „zu übernehmen“ habe. „Übernehmen“ bedeutet, dass die Steuerschuld des Zuwendenden (§ 37b Abs. 3 S. 2 i. V. m. § 40 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 EStG) nicht von Anfang an zu den in seiner Person entstandenen Pflichten gehört.
 
 
 
 
 
 
 

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