Rechtsprechung KW 23-2017

1. Umsatzsteuer

Berichtigung des Vorsteuerabzugs infolge erfolgreicher Insolvenzanfechtung 

Zahlt ein Gläubiger des Insolvenzschuldners Beträge, die er vor Insolvenzeröffnung vom Insolvenzschuldner vereinnahmt hat, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens infolge einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung in die Insolvenzmasse zurück, hat der Insolvenzverwalter im Zeitpunkt der Rückzahlung den Vorsteuerabzug gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG zu berichtigen.

BFH  v. 29.03.2017, XI R 5/16

Hinweis:

Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, nach § 17 Abs. 1 S. 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Ebenfalls ist gem. § 17 Abs. 1 S. 2 UStG der Vorsteuerabzug bei dem Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt wurde, zu berichtigen. Dies gilt nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG sinngemäß, wenn das vereinbarte Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung, sonstige Leistung oder einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen.

Über das Vermögen des Y wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt.  Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens hatte Y Zahlungen an seine Gläubiger für an sein Unternehmen ausgeführte Lieferungen und sonstige Leistungen getätigt und den VoSt-Abzug geltend gemacht. Der Kläger (Insolvenzverwalter) focht diese Zahlungen an. Die Gläubiger leisteten daraufhin Rückzahlungen. Der Kläger korrigierte aufgrund der vereinnahmten Rückzahlungen unter der Steuernummer der Insolvenzmasse den VoSt-Abzug. Später machte der Kläger geltend, dass die VoSt-Berichtigungsansprüche Insolvenzforderungen seien, weil sie vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet worden seien.

Der BFH hat entschieden, dass der Insolvenzverwalter den VoSt-Abzug im Zeitpunkt der Rückzahlung gem. § 17 Abs. 1 S. 2 UStG i. V. m. § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 UStG zu berichtigen hat.

Die Abgrenzung zwischen Masseverbindlichkeiten und Insolvenzforderungen bestimmt sich nach ständiger Rechtsprechung danach, ob der den Umsatzsteueranspruch begründende Tatbestand nach den steuerrechtlichen Vorschriften bereits vor oder erst nach Insolvenzeröffnung vollständig verwirklicht und damit abgeschlossen ist; nicht maßgeblich ist der Zeitpunkt der Steuerentstehung nach § 13 UStG. Aufgrund der Rückgewähr der durch den Unternehmer geleisteten Zahlungen lebten gem. § 144 InsO die ursprünglichen Zahlungsansprüche seiner Gläubiger wieder auf. Die Ansprüche der Gläubiger sind Insolvenzforderungen i. S. d.  § 38 InsO und wegen der Insolvenz uneinbringlich i. S. d. § 17 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 UStG. Deshalb haben die Gläubiger ihre Umsatzsteuer zu berichtigen; ebenso ist zeitgleich auch die Vorsteuer für die vom Unternehmer bezogenen Leistungen gemäß § 17 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 17 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 UStG zu berichtigen. Wegen § 17 Abs. 1 S. 7 UStG ist die Berichtigung nicht in dem Besteuerungszeitraum der ursprünglichen Inanspruchnahme, sondern für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem das Ereignis für die Berichtigung eingetreten ist. Die Berichtigungsansprüche entstanden im Rahmen der Masseverwaltung und sind daher als Masseverbindlichkeit gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO gegenüber dem Kläger festzusetzen, unabhängig davon, ob die Leistungsbezüge mit dem ursprünglichen Vorsteuerabzug aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung resultierten.

2. Einkommensteuer

Beitrittsaufforderung an BMF: Entschädigung für Überspannung eines Grundstücks mit einer Stromleitung


Das BMF wird aufgefordert, dem Verfahren beizutreten, um zu der Frage Stellung zu nehmen, ob und unter welchen Voraussetzungen eine einmalige Entschädigung, die für die Überspannung eines zum Privatvermögen gehörenden Grundstücks mit einer Hochspannungsleitung gezahlt wird, zu den nach dem EStG steuerbaren Einkünften zählt.

BFH  v. 11.04.2017, IX R 31/16

Hinweis:

Nach § 22 Nr. 3 EStG gehören Einkünfte aus Leistungen zu den sonstigen Einkünften, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 – 6 EStG) noch zu den Einkünften i. S. d. Nr. 1, 1a, 2 oder 4 gehören.

Der Kläger ist Eigentümer eines bebauten und von den Ehegatten selbst bewohnten Grundstücks. Anlässlich der Planung einer Hochspannungsleitung, die genau über das Grundstück führen sollte, schloss der Kläger mit der D-GmbH eine Vereinbarung, wonach die D-GmbH „zum Zwecke von Bau, Betrieb und Unterhaltung elektrischer Leitungen nebst Zubehör einschließlich Steuer- und Telekommunikationskabel und aller dazu erforderlichen Vorkehrungen“ berechtigt war, das Grundstück des Klägers in Anspruch zu nehmen. Hierfür wurde dem Kläger, der sich zu der Bewilligung einer entsprechenden beschränkten persönlichen Dienstbarkeit im Grundbuch verpflichtete, eine einmalig zu zahlende Gesamtentschädigung in Höhe von 17.904 € gewährt. In der Einkommensteuererklärung des Klägers blieb die Entschädigung unberücksichtigt. Das FA erfuhr durch eine Kontrollmitteilung von dem Vorgang und berücksichtigte die Entschädigungszahlungen als sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 3 EStG.

Der BFH nimmt das Revisionsverfahren zum Anlass, sich grundlegend mit der Rechtsfrage zu befassen, ob, unter welchen Voraussetzungen und gegebenenfalls in welchem Umfang eine einmalige Entschädigung, die für die Überspannung eines zum Privatvermögen gehörenden Grundstücks mit einer Hochspannungsleitung gezahlt wird, nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes steuerbar ist, wenn der Grundstückseigentümer hierfür eine Grunddienstbarkeit bewilligen muss. Der Senat hält es für angezeigt, das BMF an diesem Revisionsverfahren zu beteiligen und zum Beitritt aufzufordern.

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