Rechtsprechung KW 38-2016

1. Einkommensteuer

Gewinnermittlungswahlrecht; erneuter Wechsel der Gewinnermittlungsart nach wirksamer Ausübung des Wahlrechts für ein Wirtschaftsjahr


Maßgeblich für die Ausübung des Gewinnermittlungswahlrechts ist die tatsächliche Handhabung der Gewinnermittlung. Als Beweisanzeichen dafür, dass ein Einzelunternehmer die fertiggestellte Gewinnermittlung als endgültig ansieht, kann u.a. die Tatsache gewertet werden, dass er sie - z.B. durch die Übersendung an das FA - in den Rechtsverkehr begibt.

Nach wirksam ausgeübter Wahl ist ein wiederholter Wechsel der Gewinnermittlungsart für das gleiche Wirtschaftsjahr auch vor Eintritt der Bestandskraft nur bei Vorliegen eines besonderen Grundes zulässig. Dazu zählt nicht der bloße Irrtum über die steuerlichen Folgen dieser Wahl.

BFH  v. 02.06.2016, IV R 39/13

Hinweis:

Gemäß § 13a Abs. 2 S. 1 EStG ist auf Antrag des Steuerpflichtigen für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft i.S. des § 13a Abs. 1 EStG der Gewinn für vier aufeinander folgende Wirtschaftsjahre nicht nach Durchschnittssätzen (§ 13a Abs. 3 bis Abs. 6 EStG) zu ermitteln. Nach § 13a Abs. 2 S. 2 EStG ist der Gewinn für den gesamten Zeitraum von vier Wirtschaftsjahren nach den § 13a Abs. 3 – 6 EStG zu ermitteln, wenn der Gewinn eines dieser Wirtschaftsjahre durch den Steuerpflichtigen nicht nach § 4 Abs. 1 oder 3 EStG ermittelt wird.

Der Kläger ermittelte seinen Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft in den Wirtschaftsjahren bis 2006/2007 durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG. Für das Wirtschaftsjahr 2007/2008 reichte er beim FA eine Einnahmenüberschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG ein. Hierbei hatte der Kläger für ein Grundstück eine Teilwertabschreibung vorgenommen. Das FA vertrat die Auffassung, dass eine Teilwertabschreibung nicht in Betracht komme, weil der Kläger seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermittelt hat und daher die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG keine Anwendung findet. Daraufhin reichte der Kläger für das Wirtschaftsjahr 2007/2008 eine Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG ein und beantragte, die Bilanz der Besteuerung zugrunde zu legen.

Der BFH hat entschieden, dass der Kläger an seine wirksam getroffene Wahl zur Ermittlung des Gewinns zur Einnahmenüberschussrechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG gebunden ist.

Bei der Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 3 EStG kommt eine Teilwertabschreibung nicht in Betracht.

Ein Steuerpflichtiger, der sich bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 13a Abs. 1 EStG gegen die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen entscheidet, ist für vier Wirtschaftsjahre auf eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG bzw. § 4 Abs. 3 EStG festgelegt. Diese Bindung an die Gewinnermittlungsart bedeutet jedoch nicht, dass ein Steuerpflichtiger, der einen Antrag nach § 13a Abs. 2 EStG gestellt hat, für seinen Betrieb i.S. des § 13a Abs. 1 EStG nicht während des Zeitraums von vier Wirtschaftsjahren zwischen dem Betriebsvermögensvergleich und der Einnahmen-Überschussrechnung wechseln darf.

Maßgeblich für die Ausübung des Wahlrechts der Gewinnermittlungsart ist die tatsächliche Handhabung der Gewinnermittlung. An die Dokumentation zur Wahl der Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung sind keine hohen Anforderungen zu stellen. Beweisanzeichen dafür, dass der Einzelunternehmer die fertiggestellte Gewinnermittlung als endgültig ansieht, kann u.a. die Tatsache gewertet werden, dass er sie - z.B. durch die Übersendung an das FA - in den Rechtsverkehr begibt.

Ein nachträglicher Widerruf der wirksam getroffenen Wahl der Gewinnermittlungsart scheidet aus. Zwar steht das Wahlrecht zwischen der Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 1 EStG und § 4 Abs. 3 EStG nicht buchführungspflichtigen Steuerpflichtigen prinzipiell unbefristet zu. Formal wir es allein durch die Bestandskraft bzw. Feststellung begrenzt. Nach einem Wechsel der Gewinnermittlungsart bleibt der Steuerpflichtige allerdings grundsätzlich 3 Jahre an diese Wahl gebunden; nur bei Vorliegen wichtiger Gründe kann er vor Ablauf dieser Frist wieder zurückkehren. Ein solcher wirtschaftlicher Grund war jedoch im Streitfall nicht gegeben – insbesondere die Ermöglichung der Vornahme einer Teilwertabschreibung bei Gewinnermittlung gem. § 4 Abs. 1 EStG ist kein wirtschaftlicher Grund in diesem Sinne.

Entschädigungszahlung an Berufsfeuerwehrleute für rechtswidrig geleistete Mehrarbeit

Entschädigungszahlungen, die ein Feuerwehrbeamter für rechtswidrig geleistete Mehrarbeit erhält, sind steuerbare Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit.

BFH  v. 14.06.2016, IX R 2/16

Hinweis:

Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst. Nach § 2 Abs. 1 S. 1 und 2 LStDV sind Arbeitslohn alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen; es ist unerheblich, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form die Einnahmen gewährt werden.

Im Ausgangsverfahren hatte ein Feuerwehrmann in den Jahren 2002 bis 2007 über die zulässige Arbeitszeit von 48 Stunden wöchentlich hinaus Mehrarbeit geleistet. Die Stadt, in deren Dienst der Feuerwehrmann stand, leistete an diesen eine Ausgleichszahlung für die rechtswidrig erbrachte Mehrarbeit in Höhe von 14.537 €. Der Feuerwehrmann war der Auffassung, die Zahlung sei als Schadensersatz nicht der Besteuerung zu unterwerfen. Finanzamt und Finanzgericht gingen demgegenüber von einkommensteuerpflichtigen Einkünften aus.
 
Der BFH hat entschieden, dass Entschädigungszahlungen für rechtswidrig geleistete Mehrarbeit steuerpflichtig sind.
 
Zu den steuerbaren Einkünften zählen alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen. Wird die Zahlung als Gegenleistung für die Arbeitskraft des Arbeitnehmers geleistet, unterfällt sie der Besteuerung. Ob die Arbeitszeiten in rechtswidriger Weise überschritten werden, spielt keine Rolle. Ebenso ist unerheblich, ob der Ausgleich der Überstunden auch durch Freizeitausgleich anstelle von Arbeitslohn hätte erfolgen können. Denn die Zahlung wäre nicht geleistet worden, wenn die rechtswidrige Mehrarbeit nicht erbracht worden wäre. Sachgrund für die Zahlung war mithin nicht die einen Schadensersatzanspruch begründende Handlung des Arbeitgebers, sondern allein die Erbringung der Arbeitsleistung.

Steuerliche Behandlung der Bonusleistungen einer gesetzlichen Krankenkasse

Erstattet eine gesetzliche Krankenkasse dem Steuerpflichtigen im Rahmen eines Bonusprogramms gemäß § 65a SGB V von ihm getragene Kosten für Gesundheitsmaßnahmen, liegt hierin eine Leistung der Krankenkasse, die nicht mit den als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträgen des Steuerpflichtigen zu verrechnen ist (gegen BMF-Schreiben vom 19. August 2013, BStBl I 2013, 1087, Rz 72).

BFH  v. 01.06.2016, X R 17/15

Hinweis:

Im Urteilsfall hatten die Kläger Krankenversicherungsbeiträge als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 Bst. a EStG geltend gemacht. Ihre Krankenkasse bot zur Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens ein Bonusprogramm an. In der streitgegenständlichen Bonusvariante gewährte sie den Versicherten, die bestimmte kostenfreie Vorsorgemaßnahmen in Anspruch genommen hatten, einen Zuschuss von jährlich bis zu 150 € für Gesundheitsmaßnahmen, die von den Versicherten privat finanziert worden waren. Das FA sah in diesem Zuschuss eine Erstattung von Krankenversicherungsbeiträgen und verrechnete ihn mit den in diesem Jahr gezahlten Beiträgen. Dementsprechend ging das FA davon aus, dass auch die abziehbaren Sonderausgaben entsprechend zu mindern seien.

Der BFH hat entschieden, dass die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge nicht zu mindern sind, wenn eine gesetzliche Krankenkasse im Rahmen eines Bonusprogramms dem Krankenversicherten die von ihm getragenen Kosten für Gesundheitsmaßnahmen erstattet.
Die streitgegenständliche Bonuszahlung führt nicht dazu, dass sich an der Beitragslast der Versicherten zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes etwas ändert. Die Zahlung hat ihren eigentlichen Rechtsgrund in einer Leistung der Krankenkasse, nämlich der Erstattung der von den Versicherten getragenen gesundheitsbezogenen Aufwendungen. Die Bonuszahlung steht nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit den Beiträgen zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes, sondern stellt eine Erstattung der vom Steuerpflichtigen getragenen gesundheitsbezogenen Aufwendungen dar. Dem steht aus Sicht des BFH auch nicht entgegen, dass die Krankenkasse die Bonuszahlung als erstatteten Beitrag angesehen und elektronisch im Wege des Kontrollmeldeverfahrens übermittelt hatte. Dem kommt nach der Entscheidung des BFH keine Bindungswirkung zu.
Mit diesem Urteil, das sich lediglich auf die Bonusvariante in Form einer Kostenerstattung bezieht, widerspricht der BFH ausdrücklich der Auffassung der Finanzverwaltung (vgl. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 19. August 2013, BStBl I 2013, 1087), die in allen Krankenkassenleistungen aufgrund eines Bonusprogramms eine Beitragserstattung gesehen hat.

Abzugsverbot der Mietaufwendungen für einen durch ein Sideboard vom Wohnbereich abgetrennten Arbeitsbereich

Kein häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG ist ein büromäßig eingerichteter Arbeitsbereich, der durch einen Raumteiler vom Wohnbereich abgetrennt ist (Anknüpfung an den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 27. Juli 2015 GrS 1/14, BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265).

BFH  v. 22.03.2016, VIII R 10/12

Hinweis:

Ein häusliches Arbeitszimmer i.S. des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG ist ein Raum, der seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, verwaltungstechnischer oder -organisatorischer Arbeiten dient. Die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind grds. gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar. Nur wenn kein anderer Arbeitsplatz für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit zur Verfügung steht (oder das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet ist ein Abzug in Höhe von bis zu 1.250 € bzw. im zuletzt genannten Fall in tatsächlicher Höhe möglich.

In der Wohnung des Klägers befand sich neben weiteren Zimmern ein Raum, der sowohl zu Wohnzwecken als auch als Büro genutzt wurde und in dem der Arbeitsbereich durch ein Sideboard vom Wohnbereich abgetrennt war. Der Kläger machte die Aufwendungen für den gemischt genutzten Raum sowie die anteilig auf Flächen in Küche, Diele und Bad entfallenden Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend.

Der BFH hat entschieden, dass weder die Aufwendungen für den gemischt genutzten Raum noch die anteiligen Aufwendungen für Küche, Diele und Bad als Betriebsausgaben abzugsfähig sind.

Nur ein durch Wände und Türen abgeschlossener Raum kann ein zum Abzug von Betriebsausgaben berechtigendes häusliches Arbeitszimmer sein, denn ein solcher Raum ist die kleinste Einheit, über die sich eine nachprüfbare Aussage für die nahezu ausschließlich berufliche Nutzung treffen lässt. Kein häusliches Arbeitszimmer ist anknüpfend an diese raumbezogene Betrachtungsweise ein Arbeitsbereich, der durch einen Raumteiler vom Wohnbereich abgetrennt ist. Im Streitfall erfüllt der durch das Sideboard abgetrennte Arbeitsbereich im gemischt genutzten Raum im Obergeschoss der Wohnung danach nicht die Voraussetzungen für ein zum Abzug von Betriebsausgaben berechtigendes häusliches Arbeitszimmer.

Da die Küche, Diele und das Bad  durch den Kläger nicht in nennenswertem Umfang betrieblich genutzt worden sind, kommt auch insoweit kein Abzug in Betracht.

Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für beruflich genutzte und in die häusliche Sphäre eingebundene Räume

Die nicht nur untergeordnete private Mitbenutzung eines in die häusliche Sphäre eingebundenen Raums schließt den Abzug von Betriebsausgaben für diesen Raum auch dann aus, wenn es sich um einen nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers entsprechend eingerichteten Raum handelt (Anschluss an den Beschluss des Großen Senats des BFH vom 27. Juli 2015 GrS 1/14, BFHE 251, 408, BStBl II 2016, 265).

BFH  v. 22.03.2016, VIII R 24/12

Hinweis:

Gemäß § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 1 EStG sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig. Das gilt nicht, wenn die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers mehr als 50 % der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit beträgt oder wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 2 EStG). In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3 EStG).

Der Kläger machte den Abzug der Kosten für einen beruflich genutzten und in die häusliche Sphäre eingebundenen Raum geltend. Der betreffende 37 qm große Raum befand sich im Untergeschoss der von der Klägerin angemieteten Wohnung. Im Untergeschoss waren ansonsten noch eine Diele, eine Wohnküche, ein Gäste-WC und ein weiteres Arbeitszimmer vorhanden. Der Raum war mit einem Schreibtisch, einem Flipchart, einem langen Tisch mit sechs Stühlen, einem Regal und einem Kachelofen mit umlaufender Bank ausgestattet. Von hier aus konnte man einen Balkon betreten. Im Obergeschoss der Wohnung befanden sich ein Bad und ein Wohn- sowie ein Schlafzimmer.

Entspricht ein Raum nach seinem äußeren Bild nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers, gilt der für die Abzugsbeschränkung in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG maßgebliche Grund der nicht auszuschließenden privaten Mitbenutzung nicht, wenn sich bereits aus der Ausstattung des Raums und/oder wegen seiner Zugänglichkeit durch dritte Personen eine private Mitbenutzung ausschließen lässt (BFH, Beschluss v. 27.07.2015 - GrS 1/14, Rz 65; zitierte Bsp. hier: Notarztpraxis, häusliches Tonstudio sowie Warenlager).

Der BFH ließ es letztendlich dahinstehen, ob der Raum ein häusliches Arbeitszimmer i.S. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG darstellt. Ist der Raum ein häusliches Arbeitszimmer gemäß § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG, scheitert der Betriebsausgabenabzug an der Voraussetzung, dass der Raum nahezu ausschließlich betrieblich genutzt werden muss. Dies gilt auch dann, wenn wie im Fall der Klägerin der Raum den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen Tätigkeit bildet. Handelt es sich wegen der Prägung des Raums durch den „Behandlungstisch“ (und nicht durch den auch im Zimmer vorhandenen Schreibtisch) um ein nicht unter die gesetzliche Abzugsbeschränkung fallendes Zimmer - wie das FG angenommen hat - , steht die nicht untergeordnete private Mitbenutzung des Raums durch die Kläger in den Streitjahren dem Betriebsausgabenabzug ebenfalls entgegen.




2. Sonstiges

Einheitlicher Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht


Die Verpflichtung des Erwerbers, das im Zeitpunkt des Erwerbs noch unbebaute Grundstück alsbald nach den gestalterischen Vorgaben der Veräußererseite zu bebauen, reicht für sich allein nicht aus um anzunehmen, dass der Erwerber das Grundstück im bebauten Zustand erwirbt. Hinzukommen muss, dass das vom Erwerber mit der Bebauung beauftragte Bauunternehmen in diesem Zeitpunkt zur Veräußererseite gehörte.

BFH  v. 06.07.2016, II R 5/15

Hinweis:

Der Gegenstand des Erwerbsvorgangs, nach dem sich gemäß § 8 Abs. 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG die als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzende Gegenleistung richtet, wird zunächst durch das den Steuertatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG erfüllende zivilrechtliche Verpflichtungsgeschäft bestimmt. Ergibt sich jedoch aus weiteren Vereinbarungen, die mit diesem Rechtsgeschäft in einem rechtlichen oder zumindest objektiv sachlichen Zusammenhang stehen, dass der Erwerber das beim Abschluss des Kaufvertrags unbebaute Grundstück in bebautem Zustand erhält, bezieht sich der grunderwerbsteuerrechtliche Erwerbsvorgang auf diesen einheitlichen Erwerbsgegenstand (sog. einheitliches Vertragswerk).

 
Die Kläger kauften im Mai 2009 ein Grundstück. Entsprechend den Vorgaben der Verkäuferin mussten sie zuvor einen Bauvorschlag erstellen lassen, der neben dem Bebauungsplan auch den Anforderungen eines Gestaltungshandbuchs entsprach. Im Kaufvertrag verpflichteten sich die Kläger, unverzüglich mit dem Bau des Gebäudes zu beginnen und dieses innerhalb von 24 Monaten fertigzustellen. Eine Verpflichtung, ein bestimmtes Unternehmen mit der Errichtung des Gebäudes zu beauftragen, enthielt der Kaufvertrag nicht. Am 22.06.2009 schlossen die Kläger mit der von ihnen ausgewählten Baufirma einen Bauerrichtungsvertrag zu einem Festpreis von rund 300.000 € ab. Der Vertrag war von der Baufirma bereits am 30.04.2009 ausgefertigt und unterschrieben worden. Das FA bezog die Bauerrichtungskosten anteilig in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer mit ein.
 
Der BFH hat entschieden, dass es sich vorliegend um kein einheitliches Vertragswerk handelte.
 
Die zivilrechtliche Verpflichtung des Erwerbers, das im Zeitpunkt des Erwerbs noch unbebaute Grundstück alsbald nach den gestalterischen Vorgaben der Veräußererseite zu bebauen, reicht für sich allein nicht aus, um einen Erwerb des Grundstücks im bebauten Zustand anzunehmen.
 
Hinzukommen muss, dass das vom Erwerber mit der Bebauung beauftragte Bauunternehmen in diesem Zeitpunkt zur Veräußererseite gehört. Anhaltspunkte hierfür können z.B. ein gemeinsamer Vermarktungsprospekt oder ein gemeinsamer Internetauftritt des Grundstücksveräußerers und des Bauunternehmens sein. Eine Abrede zwischen Grundstücksveräußerer und Bauunternehmen kann auch anzunehmen sein, wenn der Grundstücksveräußerer dem Erwerber Bauunternehmen benennt, die bereits Interesse an der Bebauung des zu veräußernden Grundstücks oder bei einem größeren Baugebiet der zu veräußernden Grundstücke bekundet haben und/oder den baurechtlichen Vorschriften entsprechende Haustypen für das Grundstück anbieten können. Nicht ausreichend ist insoweit der allgemeine Hinweis auf in der näheren Umgebung tätige Bauunternehmer, die noch nicht mit der möglichen Bebauung der zur Veräußerung bestimmten Grundstücke befasst waren. 

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