Rechtsprechung KW 31-2016

1. Verfahrensrecht

Korrektur aufgrund der neuen Erkenntnisse aus einem Benennungsverlangen


Weder ein Benennungsverlangen i.S. des § 160 AO noch die (fehlende) Antwort hierauf begründet die Tatbestandsvoraussetzungen einer selbständigen Änderungsvorschrift.

Nur wenn aufgrund des Benennungsverlangens nachträglich neue Tatsachen i.S. von § 173 AO bekannt werden, ist die Änderung einer bestandskräftigen Steuerfestsetzung nach dieser Vorschrift möglich.

BFH  v. 09.03.2016, X R 9/13

Hinweis:

Schulden und andere Lasten, Betriebsausgaben, Werbungskosten und andere Ausgaben sind steuerlich regelmäßig nicht zu berücksichtigen, wenn der Steuerpflichtige dem Verlangen der Finanzbehörde nicht nachkommt, die Gläubiger oder die Empfänger genau zu benennen. Das Recht der Finanzbehörde, den Sachverhalt zu ermitteln, bleibt unberührt (§ 160 Abs. 1 AO).

Der Steuerpflichtige erzielte gewerbliche Einkünfte aus dem An- und Verkauf von Schrott und Altmetall. Nach bestandskräftiger und endgültiger Veranlagung verlangte der Betriebsprüfer die Benennung der Zahlungsempfänger, bei denen der Steuerpflichtige den Schrott eingekauft hatte. Diesem Benennungsverlangen kam der Steuerpflichtige nicht nach. Der Prüfer schätzte deshalb 45 % dieses Wareneinkaufs als von steuerpflichtigen Unternehmen bezogen. Die auf diesen Teil des Wareneinkaufs entfallenden Kosten ließ er nicht zum Betriebsausgabenabzug zu.

Voraussetzung für die Änderungsmöglichkeit nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO ist eine nachträglich bekannt gewordene, nicht dagegen eine nachträglich entstandene Tatsache.

Eine erst nachträglich entstandene Tatsache ist das Benennungsverlangen des FA. Denn das FA hat die Benennung der Empfänger im Streitfall erst zu einem Zeitpunkt vom Kläger verlangt, als die Bescheide des Jahres 2006 bereits bestandskräftig gewesen sind.

Auch die Verweigerung der Auskunft auf ein solches Benennungsverlangen geschieht erst nach Erlass des zu ändernden Bescheides und kann für sich genommen schon deshalb keine nachträglich bekannt gewordene Tatsache i.S. des § 173 AO darstellen.

Als nachträglich bekannt gewordene Tatsache i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO kommt jedoch die nicht ordnungsgemäße Aufzeichnung des Wareneinkaufs und damit des Wareneingangs in Betracht.

Es wäre eine unzulässige Wiederaufrollung der Veranlagung in diesem Sinne, wenn Betriebsausgaben, die im Rahmen der Ermittlung und ggf. Schätzung zu berücksichtigen sind, nach § 160 Abs. 1 Satz 1 AO nicht berücksichtigt würden und so die Steuerfestsetzung über den Korrekturrahmen des § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO hinaus weiter zuungunsten des Steuerpflichtigen geändert würde.




2. Einkommensteuer

Rückzahlung von Arbeitslohn durch beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer


Zum Arbeitslohn gehören auch irrtümliche Überweisungen des Arbeitgebers. Die Rückzahlung von Arbeitslohn ist erst im Zeitpunkt des tatsächlichen Abflusses einkünftemindernd zu berücksichtigen (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).

Auch bei beherrschenden Gesellschaftern ist der Abfluss einer Arbeitslohnrückzahlung erst im Zeitpunkt der Leistung und nicht bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit der Rückforderung anzunehmen.

BFH v. 14.04.2016, VI R 13/14

Hinweis:

Die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.S. von § 19 Abs. 1 EStG ergeben sich gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG aus dem Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten. Nach § 2 Abs. 7 Satz 2 EStG i.V.m. § 25 EStG sind ihre Grundlagen für die Einkommensbesteuerung jeweils für ein Kalenderjahr (Veranlagungszeitraum) nach dem Zufluss und Abfluss von Gütern und nicht --wie bei den Gewinneinkünften i.S. des § 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG -nach der Veränderung des Vermögensbestandes zu ermitteln. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG sind Einnahmen und Ausgaben nach dem kalenderjahrbezogenen Zu- und Abflussprinzip zu erfassen, sofern nicht eine abweichende gesetzliche Ausnahmeregelung eingreift.

Der Kläger erzielte in den Streitjahren als Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Eine bei der GmbH durchgeführte Außenprüfung ergab, dass die GmbH die dem Kläger zustehenden Tantiemen und Urlaubsgeldansprüche in den Streitjahren irrtümlich abweichend vom Arbeitsvertrag berechnet und ausbezahlt hatte. Die GmbH forderte die überzahlten Beträge daraufhin vom Kläger zurück. Der Kläger brachte gegenüber dem FA vor, dass seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um die zu viel gezahlten Tantiemen und Urlaubsgelder zu kürzen seien.

Nach der Entscheidung des BFH sind die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nicht um die zu viel gezahlten Tantiemen und Urlaubsgelder zu kürzen.

Es entspricht der langjährigen Rechtsprechung, dass zum Arbeitslohn auch versehentliche Überweisungen des Arbeitgebers gehören, die er zurückfordern kann.

Die Rückzahlung der von der GmbH zurückgeforderten Tantiemen und Urlaubsgelder ist erst im VZ des tatsächlichen Abflusses einkünftemindernd zu berücksichtigen. Gem. § 11 Abs. 1 S. 1 EStG, § 11 Abs. 2 S. 1 EStG sind die von der GmbH zurückgeforderten Tantiemen und Urlaubsgelder im Streitjahr nicht als negativer Arbeitslohn oder Werbungskosten zu berücksichtigen, da die zurückgeforderten Bezüge dem Kläger nicht abgeflossen sind. Aufgrund der Stellung des Klägers als Alleingesellschafter und Geschäftsführer der GmbH kommt es in Bezug auf den Abfluss zu keiner abweichenden Beurteilung. Nach ständiger Rechtsprechung ist bei beherrschenden Gesellschaftern der Zufluss eines Vermögensvorteils zwar nicht erst im Zeitpunkt der Zahlung oder der Gutschrift auf dem Konto des Gesellschafters, sondern bereits im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung anzunehmen, sofern der Anspruch eindeutig, unbestritten und fällig ist und sich gegen eine zahlungsfähige Gesellschaft richtet. Die Rechtsprechung begründet dies damit, dass ein beherrschender Gesellschafter es regelmäßig in der Hand hat, sich geschuldete Beträge auszahlen zu lassen. Dieser Grundsatz gilt allerdings nicht für den umgekehrten Fall, dass eine Gesellschaft einen Anspruch gegen einen beherrschenden Gesellschafter hat, denn in einem solchen Fall liegt gerade keine die Zuflussfiktion rechtfertigende „Beherrschungssituation“ vor. Der beherrschende Gesellschafter beherrscht die Gesellschaft, die beherrschte Gesellschaft aber nicht den beherrschenden Gesellschafter.

Die von der GmbH an den Kläger versehentlich überhöht ausgezahlten Tantiemen und Urlaubsgelder waren nicht als vGA zu qualifizieren. Denn die GmbH als Arbeitgeberin des Klägers erbrachte diese Leistungen, um ihrer vermeintlichen arbeitsvertraglichen Verpflichtung zu genügen. Die überhöhten Zahlungen an den Kläger gründeten dagegen nicht im Gesellschaftsverhältnis. Unerheblich ist insoweit, dass die GmbH die Beträge unrichtig ermittelte und dementsprechend überhöhte Tantieme- und Urlaubsgeldzahlungen leistete. Anders wäre der Fall zu beurteilen gewesen, wenn es an einer klaren im Voraus getroffenen Vereinbarung gefehlt hätte. Dann wären die Zahlungen im Verhältnis zum beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer als vGA zu beurteilen gewesen.

Aufwendungen eines Arbeitnehmers für die Feier eines Dienstjubiläums

Ein Dienstjubiläum ist ein berufsbezogenes Ereignis.

Aufwendungen für eine betriebsinterne Feier anlässlich eines Dienstjubiläums können (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst und damit als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen sein, wenn der Arbeitnehmer die Gäste nach abstrakten berufsbezogenen Kriterien einlädt.

BFH  v. 20.01.2016, VI R 24/15

Hinweis:

Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen, § 9 Abs. 1 S. 1 EStG. Nach ständiger Rechtsprechung liegen Werbungskosten vor, wenn zwischen den Aufwendungen und den steuerpflichtigen Einnahmen ein Veranlassungszusammenhang besteht.

Der Kläger – Finanzbeamter – wollte die Aufwendungen für eine Feier anlässlich seines 40-jährigen Dienstjubiläums als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit abziehen. Der Kläger hatte an einem Wochentag von 11 Uhr bis 13 Uhr zu einer Feier in den Sozialraum des Finanzamtes eingeladen. Die Einladung richtete er per E-Mail an alle Amtsangehörigen des Finanzamts sowie an die in dem Amtsgebäude ebenfalls tätigen Bediensteten des Finanzamts für Großbetriebsprüfung.

Der BFH ließt den Abzug der Aufwendungen für die Feier des Dienstjubiläums als Werbungskosten zu.

Für die Beurteilung, ob die Aufwendungen beruflich oder privat veranlasst sind, ist nach der Rechtsprechung des Senats in erster Linie auf den Anlass der Feier abzustellen. Ein Dienstjubiläum ist ein berufsbezogenes Ereignis. Denn der Beschäftigte wird im Rahmen eines Dienstjubiläums für seine langjährige, treue Pflichterfüllung gegenüber dem Dienstherrn geehrt.

Im Streitfall beruhen die streitigen Bewirtungsaufwendungen des Klägers nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf privaten, der Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnenden Umständen. Sie sind vielmehr ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich veranlasst.  Dies folgt zum einen aus dem dienstlichen (beruflichen) Anlass der Feier. Zum anderen daraus, dass der Kläger unterschiedslos alle Amtsangehörigen eingeladen hat.

Schließlich sind im Streitfall auch keine Umstände ersichtlich, die auf eine private Veranlassung der vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen schließen lassen: Die maßvollen Kosten (ca. 830 EUR bei 50 Gästen), Veranstaltungsort (Sozialraum des Finanzamts) und -zeit (Montag von 11 Uhr bis 13 Uhr und damit zumindest teilweise während der Dienstzeit) sowie die "Genehmigung" der Feier durch die Amtsleitung sprechen insoweit gegen einen privaten Charakter der Feier.

Wie das BFH- Urteil v. 08.03.1990, IV R 108/88 zeigt ist nicht jedes Dienstjubiläum „beruflich“ veranlasst. In dem Urteilsfall handelte es sich um eine gesellschaftliche Veranstaltung mit ca. 2050 geladenen Personen des öffentlichen Lebens, die vom Kläger – ebenfalls einer Person des öffentlichen Lebens – zur Erfüllung von Repräsentationspflichten, die die gehobene berufliche Position mit sich brachte, ausgerichtet wurde. Nach Ansicht des BFH waren die Aufwendungen hier nicht abzugsfähig, da es sich um Kosten der privaten Lebensführung handelte.

Berechnung nach § 33a EStG abziehbarer Unterhaltsleistungen bei Selbständigen

Bei Selbständigen und Gewerbetreibenden, deren Einkünfte naturgemäß stärkeren Schwankungen unterliegen, ist bei der Ermittlung des Nettoeinkommens regelmäßig ein Dreijahresdurchschnitt zu bilden (Bestätigung des Senatsurteils vom 28. März 2012 VI R 31/11, BFHE 237, 79, BStBl II 2012, 769).
Steuerzahlungen sind von dem hiernach zugrunde zu legenden unterhaltsrelevanten Einkommen grundsätzlich in dem Jahr abzuziehen, in dem sie gezahlt wurden (Bestätigung des Senatsurteils in BFHE 237, 79, BStBl II 2012, 769).

Führen Steuerzahlungen für mehrere Jahre jedoch zu nicht unerheblichen Verzerrungen des unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommens im Streitjahr, sind die im maßgeblichen Dreijahreszeitraum geleisteten durchschnittlichen Steuerzahlungen zu ermitteln und vom „Durchschnittseinkommen“ des Streitjahres abzuziehen.

BFH  v. 28.04.2016, VI R 21/15

Erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen für den Unterhalt einer dem Steuerpflichtigen oder seinem Ehegatten gegenüber gesetzlich unterhaltsberechtigten Person, so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass die Aufwendungen bis zu 8.652 € (im Streitfall: 8.004 €) im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG). Unterhaltsaufwendungen dürfen im Allgemeinen einen bestimmten Prozentsatz des verfügbaren Nettoeinkommens nicht übersteigen („Opfergrenze“). Dieser beträgt je volle 500 € des Nettoeinkommens 1 %, höchstens 50 %. Für den Ehegatten und jedes Kind ist eine Kürzung um je 5 Prozentpunkte, höchstens 25 Prozentpunkte vorzunehmen.

Im Streitfall erzielte der Kläger Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit und gewährte seinen beiden volljährigen Söhnen, die auswärtig studierten, Unterhalt in Höhe von jeweils 8.004 €. Diese Aufwendungen machte er in seiner Einkommensteuererklärung agB gem. § 33a Abs. 1 EStG geltend.

Das Finanzamt berücksichtigte die Unterhaltsleistungen im Hinblick auf diese Opfergrenze nicht. Der Kläger habe zwar im Streitjahr --nach einem Dreijahresmittel berechnet-- ein Jahreseinkommen in Höhe von etwa 480.000 € erzielt. Dem stünden im Streitjahr jedoch Einkommensteuernachzahlungen für die Jahre 2010 bis 2012 in Höhe von ca. 564.000 € gegenüber.

Mit Urteil v. 28.04. 2016, VI R 21/15 hat der BFH entschieden, dass Unterhaltsleistungen auch bei einer Steuernachzahlung für einen mehrjährigen Zeitraum als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind.

Zwar sind auch nach der Rechtsprechung des BFH Steuerzahlungen bei der Berechnung des maßgeblichen Nettoeinkommens grundsätzlich in dem Jahr zu berücksichtigen, in dem sie gezahlt wurden. Steuerzahlungen für mehrere Jahre dürfen jedoch nicht zu erheblichen Verzerrungen des unterhaltsrechtlich maßgeblichen Einkommens im Jahr der Unterhaltsleistung führen, wie der BFH in seinem neuen Urteil betont. Daher sind die im maßgeblichen Dreijahreszeitraum geleisteten durchschnittlichen Steuerzahlungen zu ermitteln und vom "Durchschnittseinkommen" des Streitjahres abzuziehen. Somit war das für den maßgeblichen Dreijahreszeitraum (2010 bis 2012) ermittelte Durchschnittseinkommen des Klägers in Höhe von ca. 480.000 € nur um eine durchschnittliche Steuerzahlung in Höhe von ca. 188.000 € zu vermindern. Dem Kläger waren danach auch unter Berücksichtigung der Unterhaltsleistungen an die beiden Söhne angemessene Mittel zur Bestreitung des eigenen Lebensbedarfs verblieben.

Behandlung von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens bei Strukturwandel zur Liebhaberei und Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung

Der Strukturwandel zur Liebhaberei stellt keine gewinnrealisierende Betriebsaufgabe dar. Die weiterhin in dem - nun nicht mehr einkommensteuerrelevanten - Betrieb genutzten Wirtschaftsgüter bleiben Betriebsvermögen. Wertänderungen dieses Betriebsvermögens, die während der Zeit der Liebhaberei eintreten, sind einkommensteuerrechtlich allerdings irrelevant.

Ermittelt der Steuerpflichtige seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung, ist er nicht verpflichtet, im Zeitpunkt des Strukturwandels zur Liebhaberei zum Betriebsvermögensvergleich überzugehen und einen daraus resultierenden Übergangsgewinn zu ermitteln und zu versteuern.

Hat ein solcher Steuerpflichtiger in dem Zeitraum, in dem er noch mit Einkunftserzielungsabsicht handelte, die Anschaffungskosten für ein Wirtschaftsgut des Umlaufvermögens als Betriebsausgaben abgesetzt, so stellt auch nach Wegfall der Einkunftserzielungsabsicht die Verwirklichung eines Realisationsakts in Bezug auf dieses Wirtschaftsgut (Veräußerung oder Entnahme des Wirtschaftsguts, Veräußerung oder Aufgabe des Liebhabereibetriebs) dem Grunde nach einen Steuertatbestand dar. Der Höhe nach ist derjenige Betrag als nachträgliche Betriebseinnahme anzusetzen und zu versteuern, der für das einzelne Wirtschaftsgut des Umlaufvermögens im Zeitpunkt des Strukturwandels zur Liebhaberei in eine Übergangsbilanz einzustellen gewesen wäre.

BFH  v. 11.05.2016, X R 61/14

Hinweis:

Dient ein Betrieb von einem bestimmten Zeitpunkt an nicht mehr der Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Einkommensteuergesetzes und liegt deshalb ein Übergang zur Liebhaberei vor, so ist auf diesen Zeitpunkt unabhängig von der Gewinnermittlungsart für jedes Wirtschaftsgut des Anlagevermögens der Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert und dem Wert, der nach § 4 Abs. 1 oder nach § 5 des Einkommensteuergesetzes anzusetzen wäre, gesondert und bei mehreren Beteiligten einheitlich festzustellen, Anlage V zu § 180 Abs. 2 AO.

Der Kläger betrieb nebenberuflich einen Einzelhandel mit Spielwaren. Seinen Gewinn ermittelte er durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Von der Gründung des Betriebs im Jahr 1994 bis zum Streitjahr 2001 erwirtschaftete der Kläger fast ausschließlich Verluste. Zwischen den Beteiligten besteht Einvernehmen, dass die in den Veranlagungszeiträumen bis einschließlich 2000 erwirtschafteten Verluste der Besteuerung zugrunde zu legen sind, danach aber die Einkunftserzielungsabsicht entfallen ist. Streitig ist allein noch, ob der Kläger verpflichtet war, im Zeitpunkt des Strukturwandels zur Liebhaberei von der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung zum Betriebsvermögensvergleich überzugehen und einen entsprechenden Übergangsgewinn zu versteuern.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH handelt es sich beim Übergang („Strukturwandel“) von einem einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbsbetrieb zu einem Liebhabereibetrieb nicht um eine gewinnrealisierende Betriebsaufgabe. Tragend hierfür ist nach der angeführten Rechtsprechung insbesondere, dass der betriebliche Organismus bestehen bleibt und insbesondere die Verknüpfung der Wirtschaftsgüter mit dem Betrieb nicht gelöst wird. Allerdings sind Wertänderungen des Betriebsvermögens, die während der Zeit der Liebhaberei eintreten, einkommensteuerrechtlich irrelevant.

Aus dem Grundsatz, dass sich aus einer bestimmten betrieblichen Betätigung unabhängig von der Gewinnermittlungsart auf die Dauer gesehen derselbe Totalgewinn ergeben muss, folgt allerdings, dass die Verwirklichung eines Realisationsakts in Bezug auf diejenigen Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens, die im Zeitpunkt des Strukturwandels bereits vorhanden waren und deren Anschaffungskosten der Steuerpflichtige in Fällen der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung steuerwirksam als Betriebsausgaben abgezogen hatte, dem Grunde nach einen Steuertatbestand darstellt. Der Höhe nach ist derjenige Betrag zu versteuern, der für das jeweilige Wirtschaftsgut in eine zum Zeitpunkt des Strukturwandels zur Liebhaberei aufgestellte Übergangsbilanz einzustellen gewesen wäre.

Allerdings sind Wertänderungen des Betriebsvermögens, die während der Zeit der Liebhaberei eintreten, einkommensteuerrechtlich irrelevant. Diese Beurteilung führt zu einer Festschreibung des im Zeitpunkt des Strukturwandels vorhandenen Betriebsvermögens. Die in diesem Zeitpunkt existenten stillen Reserven, die noch der Auflösung harren, sind erst dann als nachträgliche betriebliche Einkünfte zu versteuern, wenn sie durch Veräußerung oder Entnahme des betreffenden Wirtschaftsguts oder durch Veräußerung oder Aufgabe des Liebhabereibetriebs realisiert werden. 

Neueste Einträge