Bilanzsteuerrecht (KW 50-2016)

Abschreibungsbeginn bei Windkraftanlagen

Die Anschaffungskosten einer durch Kaufvertrag bzw. Werklieferungsvertrag erworbenen Windkraftanlage können erst ab dem Zeitpunkt des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums abgeschrieben werden. Das wirtschaftliche Eigentum an einer Windkraftanlage geht erst im Zeitpunkt des Gefahrübergangs auf den Erwerber/Besteller über.

BFH  v. 22.09.2016, IV R 1/14

Hinweis:
AfA ist vorzunehmen, sobald ein Wirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt ist, R 7.4 Abs. 1 S. 1 EStR. Jahr der Anschaffung ist nach § 9a EStDV das Jahr der Lieferung.

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer KG auf angepachteten Grundstücksflächen einen Windpark, der aus fünf Windkraftanlagen nebst Übergabestation (Umspannwerk) und der Zuwegung besteht. Die Klägerin beauftragte einen fremden Dritten mit der schlüsselfertigen Errichtung von fünf Windkraftanlagen. Der Besitz der Windkraftanlagen wurde im November 2004 erlangt und die Nutzungen aus den Anlagen durch die Klägerin gezogen. Allerdings erfolgte der Gefahrenübergang erst mit Abnahme der Anlagen im September 2005. Das FA versagt die AfA für 2004 mit der Begründung, dass eine Lieferung erst mit Abnahme im September 2005 erfolgt sei und erst ab diesem Zeitpunkt eine AfA zulässig sei.

Der BFH hat die Aufassung des Finanzamts bestätigt und für 2004 keine AfA zugelassen.

Geliefert ist ein Wirtschaftsgut, wenn der Erwerber zumindest die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Wirtschaftsgut in dem Sinne erlangt hat, dass er als dessen wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen ist. Wirtschaftliches Eigentum an einem Wirtschaftsgut erlangt der Erwerber regelmäßig erst in dem Zeitpunkt, in dem auf ihn nach dem Vertrag oder mangels vertraglicher Regelung nach den zivilrechtlichen Regelungen die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung übergeht.

Das wirtschaftliche Eigentum an einem Wirtschaftsgut, welches vor dessen Abnahme von dem zukünftigen Erwerber bereits genutzt werden kann, geht nicht etwa bereits im Zeitpunkt der Inbesitznahme und Nutzung über, weil das Wirtschaftsgut während der Nutzungsphase bereits einem Wertverzehr unterliegt. Die bloße Möglichkeit der Fruchtziehung aus dem Wirtschaftsgut ist für die Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums nicht ausreichend. Der Lieferant des Wirtschaftsguts trägt bis zu dessen Gefahrübergang auf den Erwerber weiterhin das Risiko des Wertverzehrs, sollte das Wirtschaftsgut nach der Nutzungsphase im Probebetrieb etwa auf Grund nicht behebbarer technischer Probleme oder wegen Untergangs des Wirtschaftsguts nicht abgenommen werden. 

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