Erbschaft-/Schenkungssteuer

1.1 NWB

Erbschaftsteuerreform 2016 – Überblick über die gesetzlichen Neuregelungen aus Sicht der Praxis


Bäuml, NWB 47/2016, S. 3.516

Anmerkung:

Der Bundesrat hat am 14.10.2016 der Neuregelung des Erbschaftsteuergesetzes zugestimmt. Die Neuregelungen gelten für Erwerber nach dem 30.06.2016 und bezüglich der Anpassung des § 203 BewG bereits ab dem 01.01.2016.

Im Unterschied zum bisherigen Recht ist das Verwaltungsvermögen grundsätzlich nicht mehr sachlich steuerbefreit i.S. §§ 13a, 13b, 13c bzw. 28a ErbStG. Regel- und Optionsverschonung beziehen sich nur noch auf begünstigtes Vermögen. Ausnahmen hiervon sind ein bis zu 30%iger Vorwegabschlag auf Unternehmenswerte für Familienunternehmen, der eine anteilige Mitbegünstigung von Verwaltungsvermögen ermöglicht, sowie eine 10%-Schmutzgrenze, die es erlaubt, Verwaltungsvermögen im Umfang von 10% des begünstigungsfähigen Betriebsvermögensanteils ebenfalls zu begünstigen.

Der Kapitalisierungsfaktor in § 203 Abs. 1 BewG wurde rückwirkend auf den 01.01.2016 mit 13,75 festgeschrieben. Damit steigen rückwirkend die Verwaltungsvermögensquoten von Übertragungen vom 01.01.2016 bis 30.06.2016.

Für Erwerbe über 26 Mio. € kommt es beim Abschmelzmodell gem. § 13c ErbStG zur vollständigen Abschmelzung der Verschonung bei 89,75 Mio. € begünstigten Vermögens. Alternativ kann eine Verschonungsbedarfsprüfung gem. § 28a ErbStG gewählt werden. Bei der Verschonungsbedarfsprüfung ist bereits zum Erwerbszeitpunkt vorhandenes Privatvermögen des Erwerbs einzubeziehen.




1.2 DStR

Auswirkungen der Hünnebeck-Entscheidung auf fakultative Regelungen des deutschen (Erbschaft-)Steuerrechts


Sarburg, Mengwasser, DStR 48/2016, S. 2.777

Anmerkung:

Nach der bisherigen Regelung des § 2 Absatz 3 ErbStG wird auf Antrag des Erwerbersein Vermögensanfall, zu dem der beschränkten Steuerpflicht nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG unterliegendes Inlandsvermögen im Sinne des § 121 BewG gehört, insgesamt als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes, der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer (§ 9) seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat hat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist. Als Folge erhält der Erwerber den ihm nach § 16 Abs. 1 ErbStG zustehenden Freibetrag je nach Zugehörigkeit zu einer der Steuerklassen des § 15 ErbStG. Stellt er den Antrag nicht, erhält er nach § 16 Abs. 2 ErbStG in der geltenden Fassung nur einen Freibetrag von 2.000 Euro.

Nach den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs vom 4. September 2014 in der Rechtssache C-211/13 (Kommission/Deutschland) und vom 8. Juni 2016 in der Rechtssache C- 479/14 (Hünnebeck) sind die Art. 63 AEUV und 65 AEUV dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach bei Schenkungen unter Gebietsfremden die Steuer unter Anwendung eines niedrigeren Steuerfreibetrags berechnet wird, wenn der Erwerber keinen spezifischen Antrag nach § 2 Abs. 3 ErbStG stellt. Diese Artikel stehen auch und auf jeden Fall einer nationalen Regelung wie der des § 2 Abs. 3 ErbStG entgegen, wonach die Steuer auf Antrag eines solchen Erwerbers unter Anwendung des höheren Freibetrags berechnet wird, der für Schenkungen unter Beteiligung zumindest eines Gebietsansässigen gilt. Die Vorschrift ist nicht mit der Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar, da nicht mit der Kapitalverkehrsfreiheit vereinbar ist, da bei Ausübung der Option die Bereicherung der Steuer unter der Berücksichtigung eines Zeitraums von insgesamt 20 Jahren vorgenommen wird, § 2 Abs. 3 S. 2 ErbStG. Nach der Vorschrift sollen alle Schenkungen, die der Empfänger in den letzten zehn Jahren vor und zehn Jahre nach der Schenkung von derselben Person zugewendet bekommen hat, zusammengerechnet werden. Im Gegensatz dazu werden bei der Berechnung der Schenkungsteuer unter Beteiligung (mindestens) eines in Deutschland Ansässigen nur Schenkungen der letzten zehn Jahre berücksichtigt. 

Im Anschluss an die Entscheidung des EuGH hat das FG Düsseldorf (Urteil vom 13.07.2016 - 4 K 488/14 Erb) der Klägerin auch ohne Anwendung von § 2 Abs. 3 ErbStG die Freibeträge für unbeschränkt Steuerpflichtige zugesprochen. Eine Revision zum BFH wurde nicht zugelassen, da die entscheidungserheblichen Rechtsfragen vom EuGH  entschieden worden sind.

In dem Gesetzentwurf zum Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz ist eine Änderung des ErbStG beabsichtigt. Im Fall der beschränkten Steuerpflicht soll der Erwerber grundsätzlich den Freibetrag erhalten, der ihm bei unbeschränkter Steuerpflicht nach § 16 Absatz 1 ErbStG zustehen würde. Der beschränkten Steuerpflicht unterliegt jedoch nur der Vermögensanfall, der in Inlandsvermögen im Sinne des § 121 BewG besteht. Könnte ein Erwerber den höheren persönlichen Freibetrag nach § 16 Absatz 1 ErbStG uneingeschränkt auch bei nur beschränkter Steuerpflicht in Anspruch nehmen, wäre er besser gestellt als ein vergleichbarer Erwerber, dessen Erwerb nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt.
 

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