Rechtsprechung KW 29 - 2021

 

1.Rechtsprechung

1.1.Verfahrensrecht

Gemeinnützigkeit eines englischen Colleges
Ein englisches Universitäts-College kann in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht einer Stiftung nach deutschem Recht i. S. von § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG entsprechen.

Das Fehlen von Satzungsbestimmungen zur Vermögensbindung ist nach § 62 AO a. F. unschädlich, wenn das College einer Stiftungsaufsicht unterliegt, die in ihren wesentlichen Belangen der deutschen Stiftungsaufsicht vergleichbar ist.

Die Auslegung der Satzung eines englischen Colleges wird im Revisionsverfahren nur darauf überprüft, ob die vom FG vorgenommene Auslegung ohne Verfahrensverstoß zustande gekommen ist und gegen allgemeine Denkgesetze verstößt.

BFH v. 24.03.2021, V R 35/18

Hinweis
Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern (§ 52 Abs. 1 S. 1 AO). Die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung müssen so genau bestimmt sein, dass auf Grund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für Steuervergünstigungen gegeben sind (§ 60 Abs. 1 S. 1 AO).

Das College (Klägerin) wurde im 16. Jahrhundert mit königlicher Erlaubnis als „immerwährendes Kollegium des Studiums der Wissenschaften, der heiligen Theologie und der Philosophie wie der guten Künste“ errichtet. Als Eigentümerin eines Wohn- und Geschäftsgrundstücks erzielte es Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Deutschland, die das FA der Körperschaftsteuer unterwarf. Der dagegen erhobenen Klage gab das FG im ersten Rechtsgang und nach Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung der Sache durch den BFH auch im zweiten Rechtsgang statt.

Der BFH hat entschieden, dass ein englisches Universitäts-College einer Stiftung nach deutschem Recht entsprechen und wegen Gemeinnützigkeit von der Körperschaftsteuer befreit sein kann. Die erneute Revision des FA wies der BFH mit der Begründung zurück, dass das College seiner Organisation und Struktur nach in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht einer deutschen Stiftung vergleichbar sei und sowohl nach seiner Satzung als auch der tatsächlichen Geschäftsführung gemeinnützigen Zwecken (Förderung der Wissenschaft, der Forschung und der Religion) diene.

Dem formellen Verstoß gegen das Gemeinnützigkeitsrecht wegen fehlender Satzungsregelungen über die Verwendung des Vermögens im Falle der Auflösung des Colleges maß der BFH keine Bedeutung bei, weil sich die Klägerin mit Erfolg auf eine Ausnahmeregelung für staatlich beaufsichtigte Stiftungen berief und das FG festgestellt hatte, dass die Maßnahmen und Befugnisse der englischen Aufsichtsbehörde („Charity Commission“) in ihren wesentlichen Zügen mit der deutschen Stiftungsaufsicht nach jeweiligem Landesrecht vergleichbar seien. Ohne Erfolg rügte das FA, die Satzung aus dem 16. Jahrhundert enthalte keine nach dem deutschen Gemeinnützigkeitsrecht erforderlichen Bestimmungen, dass das College ausschließlich gemeinnützigen Zwecken dienen und keine sonstigen (eigennützigen) Ziele verfolgen dürfe. Das FG hatte die Satzung nachvollziehbar dahingehend gedeutet, dass die Aufzählung der vom College verfolgten gemeinnützigen Zwecke bei verständiger historischer Auslegung das Gebot der Ausschließlichkeit in sich selbst trage. Da sich die rechtliche Würdigung des FG auf ausländisches (englisches) Recht bezog, war der BFH daran gehindert, eine eigene Würdigung der Satzung vorzunehmen und insoweit eine andere Entscheidung zu treffen
 

1.2.Umsatzsteuer

Geschäftsveräußerung bei Erwerb eines vom Veräußerer zunächst gepachteten und teilweise untervermieteten Grundstücks
Eine (partielle) Geschäftsveräußerung i. S. des § 1 Abs. 1a UStG liegt vor, soweit der Erwerber das zunächst vom Veräußerer gepachtete - teilweise eigenbetrieblich genutzte und teilweise untervermietete - Grundstück nach dem Erwerb weiterhin teilweise vermietet.

BFH v. 24.03.2021, XI R 8/19

Hinweis
Nach § 1 Abs. 1a S. 1 UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. In diesem Fall tritt der erwerbende Unternehmer an die Stelle des Veräußerers (§ 1 Abs. 1a S. 3 UStG).

Der Kläger betrieb in den Streitjahren 2010 bis 2013 eine Fahrzeugaufbereitung und erbrachte Haus- und Gartenserviceleistungen. Er erwarb ein Grundstück, welches mit drei Lagerhallen und einem sog. Sozialgebäude bebaut ist. Das Grundstück hatte der Kläger rund zweieinhalb Jahre zuvor bereits gepachtet. Hier befand sich u. a. auch sein Betriebssitz. Der Kläger hatte das gepachtete Grundstück, soweit keine Nutzung durch ihn selbst erfolgte, untervermietet. Im Kaufvertrag verzichtete der Verkäufer gem. § 9 Abs. 1 UStG auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Bst. a UStG; es wurde festgehalten, dass der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schulde. Im Rahmen einer Außenprüfung wurde festgestellt, dass der Kläger das zunächst gepachtete und untervermietete Grundstück im Zeitpunkt des Erwerbs zu 65,9 % für steuerpflichtige Umsätze und zu 34,1 % für den Vorsteuerabzug ausschließende steuerfreie Vermietungsumsätze verwendet hat. Die auf den Grundstückskaufpreis vom Kläger als Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 5 S. 1 Hs. 1, § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG geschuldete Umsatzsteuer ist daher im Jahr 2010 nur anteilig als Vorsteuer abzuziehen. Im Einspruchsverfahren machte der Kläger erstmals geltend, dass es sich bei dem Erwerb des Grundstücks um eine nicht umsatzsteuerbare Geschäftsveräußerung i. S. d. § 1 Abs. 1a UStG handelt. Das gesamte Grundstück ist vor dem Erwerb an ihn, den Kläger, vermietet bzw. verpachtet gewesen. Er hat die Vermietungs- und Verpachtungstätigkeit des Verkäufers nach dem Grundstückserwerb fortgeführt. Für den Grundstückserwerb wird weder Umsatzsteuer geschuldet noch kommt ein Vorsteuerabzug in Betracht; eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs in den Folgejahren entfällt.

Der BFH hat entschieden, dass eine (partielle) Geschäftsveräußerung i. S. d. § 1 Abs. 1a UStG vorliegt, soweit der Erwerber das zunächst vom Veräußerer gepachtete – teilweise eigenbetrieblich genutzte und teilweise untervermietete – Grundstück nach dem Erwerb weiterhin teilweise vermietet.

Bei der steuerpflichtigen Lieferung des Grundstücks handelt es sich, soweit der Kläger die Vermietungstätigkeit des Verkäufers fortgeführt hat, um eine Geschäftsveräußerung i. S. d. § 1 Abs. 1a UStG. Übertragen werden muss ein Gesamt- oder „Teilvermögen“. Bei Letzterem handelt es sich um einen autonomen unionsrechtlichen Begriff, der eine einheitliche Auslegung finden muss, um eine unterschiedliche Anwendung der Mehrwertsteuerregelung in den Mitgliedstaaten zu verhindern. Der Teil des Grundstücks, das der Kläger bereits untervermietet hatte, bildet außerdem ein für die partielle Fortführung der Vermietungstätigkeit des Verkäufers ausreichendes Teilvermögen. Soweit der Kläger, ein Unternehmer i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 1 UStG, die Vermietungstätigkeit des Verkäufers nicht fortgeführt hat, sondern das Grundstück fortan eigenbetrieblich genutzt hat, ist für die Lieferung des Grundstücks im Jahr 2010 auf deren Steuerbefreiung i. S. d. § 4 Nr. 9 Bst. a UStG gem. § 9 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 S. 2 UStG verzichtet wurde eine Steuer entstanden, die dieser als Leistungsempfänger nach § 13b Abs. 5 S. 1 Hs. 1, § 13b Abs. 2 Nr. 3 UStG schuldet. Insoweit steht dem Kläger - was das Jahr 2010 betrifft - gem. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 S. 1 UStG der Vorsteuerabzug zu, da die eigenbetriebliche Tätigkeit umsatzsteuerpflichtig ist.
 

1.3.Einkommensteuer

Kein Abzug von Kinderbetreuungskosten in Höhe steuerfrei gezahlter Arbeitgeberzuschüsse
Als Sonderausgaben abziehbare Kinderbetreuungskosten sind um steuerfreie Arbeitgeberzuschüsse zu kürzen.

Der Abzug von Sonderausgaben setzt Aufwendungen voraus, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet wird.

Der Steuerpflichtige wird durch Beiträge in dem Umfang nicht belastet, die der Arbeitgeber hierfür durch einen zweckgebundenen Zuschuss gewährt.

Die Anrechnung der steuerfreien Leistungen nach § 3 Nr. 33 EStG auf die Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG steht im Einklang mit dem Gesetzeszweck.

BFH v. 14.04.2021, III R 30/20

Hinweis
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 EStG sind als Sonderausgaben 2/3 der Aufwendungen, höchstens 4.000 € je Kind für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes i.S. d. § 32 Abs. 1 EStG, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, abziehbar.

Die verheirateten Kläger zahlten für die Betreuung ihrer minderjährigen Tochter einen Kindergartenbeitrag in Höhe von 926 €. Zugleich erhielt der Kläger von seinem Arbeitgeber einen steuerfreien Kindergartenzuschuss in Höhe von 600 €. Das Finanzamt kürzte die von den Klägern mit ihrer Einkommensteuererklärung in voller Höhe (926 €) geltend gemachten Sonderausgaben um den steuerfreien Arbeitgeberzuschuss. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Der BFH hat entschieden, dass die als Sonderausgaben abziehbaren Kindergartenbeiträge um die dazu geleisteten steuerfreien Arbeitgeberzuschüsse zu kürzen sind.

Nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 S. 1 EStG können Kinderbetreuungskosten und damit auch Kindergartenbeiträge unter bestimmten Voraussetzungen als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Sonderausgaben setzen nach der gesetzlichen Regelung aber Aufwendungen voraus. Der BFH vertrat die Ansicht, dass als Sonderausgaben daher nur solche Ausgaben berücksichtigt werden dürfen, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist. Gewährt der Arbeitgeber einen steuerfreien zweckgebundenen Arbeitgeberzuschuss zu den Kinderbetreuungskosten (§ 3 Nr. 33 EStG), werde die wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen in diesem Umfang gemindert. Damit würden auch unberechtigte Doppelbegünstigungen vermieden. Die Kürzung der Sonderausgaben um die steuerfreien Arbeitgeberleistungen erfolge gleichermaßen bei verheirateten als auch bei unverheirateten Elternteilen.


Private Veräußerungsgeschäfte - Keine Besteuerung des auf das häusliche Arbeitszimmer entfallenden Veräußerungsgewinns
Wird eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung innerhalb der zehnjährigen Haltefrist veräußert, ist der Veräußerungsgewinn auch insoweit gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG von der Besteuerung ausgenommen, als er auf ein zur Erzielung von Überschusseinkünften genutztes häusliches Arbeitszimmer entfällt (entgegen BMF-Schreiben vom 05.10.2000, BStBl. I 2000, 1383, Rz 21).

BFH v. 01.03.2021, IX R 27/19

Hinweis
Nach § 22 Nr. 2 EStG zählen zu den sonstigen Einkünften (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 EStG) auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i. S. d. § 23 EStG. Dazu gehören gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken und Rechten, die den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke unterliegen (z. B. Erbbaurecht, Mineralgewinnungsrecht), bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Ausgenommen sind Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken (1. Alt.) oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken (2. Alt.) genutzt wurden (§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG).

Die Klägerin erzielte im Streitjahr als Lehrerin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit; bei der Ermittlung dieser Einkünfte machte sie - wie auch in früheren Veranlagungszeiträumen - Aufwendungen für ein in ihrer Eigentumswohnung liegendes häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten geltend, die vom FA jeweils mit dem Höchstbetrag in Höhe von 1.250 € anerkannt worden sind. Die Klägerin hatte die Eigentumswohnung mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 29.06.2012 erworben und sodann mit Vertrag vom 11.07.2017 veräußert. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte die Klägerin einen aus dieser Veräußerung resultierenden, anteilig auf die Grundfläche des häuslichen Arbeitszimmers entfallenden Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften. Das FA folgte der Berechnung im Wesentlichen und berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid für 2017 2018 Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften. Der Einspruch der Klägerin wurde als unbegründet zurückgewiesen. Streitig ist, ob ein Gewinn aus der Veräußerung einer Eigentumswohnung als sonstige Einkünfte i. S. d. § 22 Nr. 2 i. V. m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zu berücksichtigen ist, soweit er auf den Bereich des häuslichen Arbeitszimmers entfällt. Der BFH hat entscheiden, dass der auf das häusliche Arbeitszimmer entfallenden Veräußerungsgewinn nicht zu besteuern ist.

Das Tatbestandsmerkmal „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ setzt in beiden Alternativen des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG voraus, dass eine Immobilie zum Bewohnen geeignet ist und vom Steuerpflichtigen bewohnt wird. Ein Gebäude wird auch dann zu eigenen Wohnzwecken i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG genutzt, wenn es der Steuerpflichtige nur zeitweilig bewohnt, sofern es ihm in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht. Eine „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG liegt auch hinsichtlich eines in der - im Übrigen selbst bewohnten - Eigentumswohnung befindlichen häuslichen Arbeitszimmers vor. Weder der Wortlaut des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG noch die Gesetzesbegründung und der Gesetzeszweck bieten einen Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber ein häusliches Arbeitszimmer von der Begünstigung ausnehmen wollte. Das Tatbestandsmerkmal „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ umschreibt - nach seinem Grund­verständnis - einen durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, die Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises gekennzeichneten Lebenssachverhalt. Diese Eigenschaften sind in gewisser Weise auch mit der Betätigung in einem häuslichen Arbeitszimmer verknüpft und sprechen deshalb dafür, dass dieses - zumindest zeitweise - zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Eine private Mitbenutzung des Arbeitszimmers ist nicht überprüfbar und daher nicht vollständig auszuschließen. Entsprechend versteht die Rechtsprechung den Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers dahin, dass ein solches bereits dann vorliegt, wenn der jeweilige Raum nahezu ausschließlich für betriebliche oder berufliche Zwecke genutzt wird. Für ein in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebundenes Arbeitszimmer verbleibt somit schon nach dem Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers regelmäßig eine jedenfalls geringfügige Nutzung zu eigenen Wohnzwecken. Im Ergebnis zutreffend hat das FG auch die Nichtsteuerbarkeit des Veräußerungsgeschäfts gem. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG bejaht. Denn die Klägerin hat die Eigentumswohnung einschließlich des Arbeitszimmers im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nach den dargestellten Grundsätzen ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt.

Damit gelangt die Freistellungsregelung zur Anwendung. Anders als das FG meint, bedarf es vor diesem Hintergrund keiner Entscheidung, ob das häusliche Arbeitszimmer ein Wirtschaftsgut i. S. d. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG ist.
 

1.4.Sonstiges

Grunderwerbsteuer bei treuhänderischem Erwerb
Erwirbt ein Treuhänder von einem Dritten für den Treugeber ein Grundstück (Erwerbstreuhand), ist sowohl der Grundstückserwerb durch den Treuhänder als auch der Erwerb der Verwertungsbefugnis durch den Treugeber grunderwerbsteuerpflichtig.

Für Grund und Umfang von Steuerbefreiungen sind grundsätzlich beide Erwerbsvorgänge getrennt zu betrachten. Die Festsetzung von Grunderwerbsteuer und die abweichende Festsetzung der Grunderwerbsteuer aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO begründen zwei selbständige Verfahren.

Hat das FA im Rahmen einer die Festsetzung betreffenden Einspruchsentscheidung erstmals über einen Billigkeitsantrag entschieden, stellt eine unmittelbar erhobene Klage insoweit eine Sprungklage dar. Stimmt das FA dieser nicht zu, gilt sie als Einspruch. Das Verfahren ist formlos an das FA abzugeben.

BFH v. 23.03.2021, II R 22/19

Hinweis
Nach § 1 Abs. 2 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.

Die A GbR war Eigentümerin eines Grundstücks. An der A GbR waren X zu 94 % und Y zu 6 % beteiligt. An der Klägerin, ebenfalls einer GbR, sind X zu 94 % und Z zu 6 % beteiligt. Die Klägerin erteilte Z den Auftrag, das Grundstück im eigenen Namen als Treuhänder und im Innenverhältnis auf Rechnung der Klägerin zu erwerben. Das FA setzte gegenüber Z Grunderwerbsteuer fest. Ferner setzte des FA unter Berufung auf § 1 Abs. 2 GrEStG gegenüber der Klägerin Grunderwerbsteuer fest. Mit ihrem Einspruch begehrte die Klägerin unter Hinweis auf § 6 Abs. 3 GrEStG die Freistellung auch des Anteils von 94 % und beantragte hilfsweise während des Einspruchsverfahrens die abweichende Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO. Das FA wies den Einspruch zurück und lehnte innerhalb der Einspruchsentscheidung den Billigkeitsantrag ab. Der BFH hat entscheiden, dass auch der Erwerb der Verwertungsbefugnis durch den Treugeber grunderwerbsteuerpflichtig ist. Für Grund und Umfang von Steuerbefreiungen sind beide Erwerbsvorgänge getrennt zu betrachten.

Die Festsetzung der Grunderwerbsteuer ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Nach dem Grundstückserwerb durch Z von der A GbR, dessen Steuerpflicht nicht im Streit steht, hat die Klägerin im unmittelbaren Anschluss von Z die Verwertungsbefugnis an dem Grundstück erworben. Dieser Vorgang ist nach § 1 Abs. 2 GrEStG i. V. m. § 5 Abs. 2 GrEStG mit einem Anteil von 94 % steuerpflichtig. Durch einen Geschäftsbesorgungsvertrag i. S. v. § 675 BGB, der sich auf den Erwerb eines Grundstücks durch den Verpflichteten im eigenen Namen richtet, erlangt der Geschäftsherr die Rechtsmacht, von dem Beauftragten die Auflassung des Grundstücks (§ 925 BGB) zu verlangen (§ 667 BGB i. V. mit § 675 BGB) oder es bei entsprechender Ausgestaltung des Vertrags durch andere Maßnahmen der Substanz nach auf eigene Rechnung zu verwerten. Diese Rechtsmacht begründet eine Verwertungsbefugnis i. S. v. § 1 Abs. 2 GrEStG. Für den unentgeltlichen Auftragserwerb gilt dasselbe. Eine Treuhandvereinbarung in Gestalt der sog. Erwerbstreuhand ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag in diesem Sinne. Erwirbt der Geschäftsbesorger oder Beauftragte im eigenen Namen das Grundstück, unterliegen sowohl dieser Erwerbsvorgang als auch gem. § 1 Abs. 2 GrEStG die damit dem Geschäftsherrn oder Auftraggeber verschaffte Rechtsmacht der Grunderwerbsteuer.

Neueste Einträge