Rechtsprechung KW 08 - 2021

1.Rechtsprechung

1.1.Umsatzsteuer

Vorsteuerberichtigung bei Erfolglosigkeit
Entfällt bei einem Gegenstand, den der Unternehmer zunächst gemischt für steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze genutzt hatte, die Verwendung für die steuerpflichtigen Umsätze, während der Unternehmer die Verwendung für die steuerfreien Umsätze fortsetzt, kann dies zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG führen. Demgegenüber bewirkt der bloße Leerstand ohne Verwendungsabsicht keine Änderung der Verhältnisse.

BFH v. 27.10.2020, V R 20/20 (V R 61/17)

Hinweis:
Ändern sich bei einem Wirtschaftsgut, das nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet wird, innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist gemäß § 15a Abs. 1 UStG für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen. Bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile, bei Berechtigungen, für die die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten, und bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden tritt an die Stelle des Zeitraums von fünf Jahren ein Zeitraum von zehn Jahren.

Die Klägerin ist Organträgerin einer GmbH, die ein Alten– und Pflegeheim betreibt (umsatzsteuerfreie Tätigkeit). Im Jahr 2003 errichtete die GmbH in einem Anbau eine Cafeteria, die für Besucher durch einen Außeneingang und für Heimbewohner durch den Speisesaal des Pflegeheims zugänglich war. Die Klägerin ging zunächst davon aus, dass sie die Cafeteria ausschließlich für steuerpflichtige Umsätze nutze. Demgegenüber sah es das FA als unwahrscheinlich an, dass überhaupt keine Heimbewohner mit ihren Besuchern die Cafeteria aufsuchten und nutzten. Daraufhin kam es zu einer sog. tatsächlichen Verständigung, nach der eine steuerfreie Nutzung der Cafeteria zu 10 % angenommen wurde. Dies führte zu einer Berichtigung nach § 15a UStG für die Jahre ab 2003. Im Anschluss an eine Außenprüfung ging das FA davon aus, dass die GmbH in den Streitjahren in der Cafeteria keine Warenumsätze mehr ausgeführt habe (Gewerbeabmeldung im Februar 2013). Dies habe eine weiter gehende Berichtigung nach § 15a UStG zur Folge, da überhaupt keine Nutzung für Umsätze mit Recht auf Vorsteuerabzug vorliege.

Der BFH hat entschieden, dass der bloße Leerstand ohne Verwendungsabsicht keine Änderung der Verhältnisse darstellt.

Zur Vorsteuerberichtigung hat der EuGH in seinem Urteil v. 09.07.2020, C 374/19 „Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler“ entschieden, dass Art. 184, 185 und 187 MwStSystRL „einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, nach der ein Steuerpflichtiger, der das Recht erworben hat, die auf die Errichtung einer zur Nutzung sowohl für besteuerte als auch für steuerbefreite Umsätze bestimmten Cafeteria im Anbau eines von ihm umsatzsteuerfrei betriebenen Alten- und Pflegeheims entfallende Vorsteuer anteilig abzuziehen, zur Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs verpflichtet ist, wenn er jeglichen besteuerten Umsatz in den Räumlichkeiten dieser Cafeteria eingestellt hat, sofern er weiterhin steuerbefreite Umsätze in diesen Räumlichkeiten getätigt und diese somit nunmehr ausschließlich für diese Umsätze genutzt hat“. Entscheidend ist hierfür, dass „die Räumlichkeiten der genannten Cafeteria (...) nicht leer stehen, sondern nunmehr ausschließlich im Rahmen steuerbefreiter Umsätze genutzt werden“ (EuGH, Urteil v. 09.07.2020, C 374/19 „Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler“, Rz 30). Auf dieser Grundlage kommt es darauf an, ob die Räumlichkeiten der Cafeteria nunmehr „ausschließlich für die Zwecke der steuerbefreiten Umsätze der Klägerin des Ausgangsverfahrens verwendet wurden, was jedoch vom vorlegenden Gericht zu überprüfen ist“.

Es „dienen die im früheren Stadium getätigten Umsätze [dann] (...) nicht mehr der Erbringung besteuerter Leistungen und unterliegen damit dem Mechanismus der Berichtigung der Abzüge“ (EuGH, Urteil v. 09.07.2020, C 374/19 „Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler“, Rz. 32). Das FG muss nun klären, ob eine Nichtverwendung oder eine steuerfreie Nutzung vorliegt.
 

1.2.Einkommensteuer

Kindergeldrechtliche Berücksichtigung eines Kindes, das wegen einer Erkrankung keine Berufsausbildung beginnen kann
Ein Kind unter 25 Jahren, das wegen einer Erkrankung keine Berufsausbildung beginnen kann, ist nur dann als ausbildungsplatzsuchendes Kind nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Bst. c EStG zu berücksichtigen, wenn das Ende der Erkrankung absehbar ist. Ist dieses nicht absehbar, reicht der Wille des Kindes, sich nach dem Ende der Erkrankung um einen Ausbildungsplatz zu bemühen, nicht aus. In solchen Fällen ist zu prüfen, ob eine Berücksichtigung als behindertes Kind nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 EStG möglich ist.

BFH v. 12.11.2020, III R 49/18

Hinweis:
Kindergeld wird nach § 62 Abs. 1 S. 1, § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i. V. m. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Bst. c EStG für ein Kind gewährt, das das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und das eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann.

Der Kläger ist der Vater eines Sohnes, der sich wegen langjährigen Drogenkonsums in Therapie befand. Der Sohn hatte die Schule abgebrochen. Im Juli 2017 beantragte der Vater Kindergeld für seinen Sohn nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Bst. c EStG, weil dieser einen Ausbildungsplatz suche und seine Ausbildungswilligkeit auch bekundet habe. Aus ärztlichen Bescheinigungen ging allerdings hervor, dass noch in den Monaten Juni und Juli 2017 das Ende der Erkrankung nicht absehbar war. Die Familienkasse lehnte die Gewährung von Kindergeld für die Zeit bis Mai 2017 ab. Dagegen sprach das FG dem Kläger das Kindergeld für den Zeitraum September 2016 bis Mai 2017 zu, weil es die allgemeine Ausbildungswilligkeit des Sohnes genügen ließ.

Der BFH hat entschieden, dass ein Kind kindergeldrechtlich nicht als Kind, das einen Ausbildungsplatz sucht, zu berücksichtigen ist, wenn es erkrankt ist und das Ende der Erkrankung nicht absehbar ist.

Der BFH hob das Urteil des FG auf. Er war der Ansicht, bei einem erkrankten Kind komme eine Berücksichtigung als Kind, das einen Ausbildungsplatz sucht, nur dann in Betracht, wenn das Ende der Erkrankung absehbar sei. Dies sei in dem Zeitraum, für den das Kindergeld streitig war, nicht der Fall gewesen. Dies folge aus den ärztlichen Bescheinigungen. Entgegen der Rechtsansicht des FG reiche die allgemein gehaltene Aussage des Kindes, nach dem Ende der Erkrankung eine Ausbildung aufnehmen zu wollen, nicht aus. Das Kindergeld für den streitigen Zeitraum ist damit allerdings nicht endgültig verloren. Der BFH verwies die Streitsache an das FG zurück, damit dieses prüft, ob der Sohn als behindertes Kind (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 EStG) berücksichtigt werden kann.


Nachsteuer i. S. des § 34a Abs. 4 S. 2 EStG als Bestandteil der Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag
Die Nachsteuer erhöht die festzusetzende Einkommensteuer und damit die Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 11.08.2008, BStBl. I 2008, 838, Rz 27).

BFH v. 10.11.2020, IX R 34/18

Hinweis:
Nach § 1 Abs. 2 SolZG finden auf die Festsetzung des Solidaritätszuschlags die Vorschriften des EStG entsprechende Anwendung. Der Solidaritätszuschlag bemisst sich nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 SolZG, soweit eine Veranlagung zur Einkommensteuer vorzunehmen ist, nach der nach Abs. 2 berechneten Einkommensteuer. Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer ist Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag die Einkommensteuer, die abweichend von § 2 Abs. 6 EStG unter Berücksichtigung von Freibeträgen nach § 32 Abs. 6 EStG in allen Fällen des § 32 EStG festzusetzen wäre (§ 3 Abs. 2 SolZG).

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte der Kläger gewerbliche Einkünfte aus seiner Beteiligung an der KG, bei der der Kläger der alleinige Kommanditist ist. Der Kläger hatte hinsichtlich seines nicht entnommenen Gewinns in der Vergangenheit die Steuerbegünstigung des § 34a Abs. 1 EStG in Anspruch genommen („Thesaurierungsbesteuerung“). Im Streitjahr ergab sich ein Entnahmenüberhang. Das FA wandte auf den Nachversteuerungsbetrag gem. § 34a Abs. 4 S. 2 EStG einen Einkommensteuersatz in Höhe von 25 % an. Diesen Betrag bezog es in die Bemessungsgrundlage des Solidaritätszuschlags mit ein. Streitig ist, ob die Einkommensteuer auf den Nachversteuerungsbetrag i. S. des § 34a Abs. 4 EStG in die Bemessungsgrundlage des Solidaritätszuschlags einzubeziehen ist.

Der BFH hat entschieden, dass die Nachsteuer die festzusetzende Einkommensteuer und damit die Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag erhöht.

Die Einkommensteuer auf den Nachversteuerungsbetrag (Nachsteuer) ist Teil der festzusetzenden Einkommensteuer nach § 2 Abs. 6 EStG und damit Bestandteil der Bemessungsgrundlage für den Solidaritätszuschlag. Die Ausgangsgröße für die Berechnung der festzusetzenden Einkommensteuer ist nach § 2 Abs. 6 EStG die tarifliche Einkommensteuer. Die tarifliche Einkommensteuer ist die Steuer, die sich bei Anwendung des Einkommensteuertarifs (§ 32a EStG) auf das zu versteuernde Einkommen i. S. d. § 2 Abs. 5 S. 1 Hs. 1 EStG ergibt, wobei für Teile des Einkommens die in § 32a Abs. 1 EStG erwähnten Sondertarifvorschriften der §§ 32b, 32d, 34, 34a, 34b und 34c EStG Anwendung finden. Die besondere Tarifvorschrift des § 34a EStG ist daher im Rahmen der Festsetzung des Solidaritätszuschlags anwendbar.


Zur Frage des Rückflusses von Werbungskosten bei einvernehmlicher Beilegung des Rechtsstreits um die Haftung eines Kreditinstituts im Zusammenhang mit der Vermittlung von sog. Schrottimmobilien
Erklärt die finanzierende Bank, einen Teil des ausstehenden Darlehens, welches der Steuerpflichtige zur Finanzierung der Anschaffungskosten einer der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dienenden Eigentumswohnung aufgenommen hat, nicht mehr zurückzufordern, liegt keine Erstattung von Schuldzinsen und damit kein Rückfluss von Werbungskosten vor, wenn nicht festgestellt werden kann, dass die Bank mit dem „Verzicht“ auf die weitere Geltendmachung der Forderung behauptete Schadensersatzansprüche des Steuerpflichtigen im Wege der Aufrechnung abgegolten hat.

Ein derartiger „Verzicht“, den die Bank im Rahmen einer Vergleichsvereinbarung zur einvernehmlichen Beendigung eines Zivilrechtsstreits ausspricht, führt auf Seiten des Steuerpflichtigen auch nicht zu sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 3 EStG.

BFH v. 10.11.2020, IX R 32/19

Hinweis:
Einkünfte aus Leistungen gehören nach § 22 Nr. 3 S. 1 EStG zu den sonstigen Einkünften, soweit sie weder zu anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 - 6 EStG) noch zu den Einkünften i. S. der § 22 Nrn. 1, 1a, 2 oder 4 EStG gehören, z. B. Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen und aus der Vermietung beweglicher Gegenstände.

Der Kläger erwarb im Jahr 1995 eine Eigentumswohnung. Der Kaufpreis und die Anschaffungsnebenkosten wurden mittels zweier Darlehen der X-Bank voll finanziert. Die Eigentumswohnung wird seit dem Erwerb zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutzt. Im Jahr 2010 machte der Kläger Schadensersatzansprüche wegen einer Aufklärungspflichtverletzung aus dem Gesichtspunkt des konkreten Wissensvorsprungs einredeweise gegenüber der X-Bank geltend. Zudem widerrief der Kläger die der X-Bank erteilte Einzugsermächtigung und stellte die Zahlung der vereinbarten Darlehensraten ein. Daraufhin kündigte die X-Bank die beiden Darlehen fristlos und stellte den gesamten Darlehensbetrag einschließlich rückständiger Zinsen und Kosten zur sofortigen Rückzahlung fällig. Auf Antrag der X-Bank wurde im Jahr 2011 die Zwangsversteigerung der Eigentumswohnung angeordnet. Der Kläger erhob Vollstreckungsgegenklage und machte geltend, die Bank habe sich ihre Darlehensansprüche im Zusammenhang mit einer „drückervermittelten Schrottimmobilienfinanzierung“ durch arglistige Täuschung verschafft. Der Kaufpreis für die 46,83 qm große Wohnung habe 145.206 € betragen, die nach einem späteren Wertgutachten lediglich 68.100 € wert gewesen sei. Im Rahmen eines im Dezember 2012 geschlossenen Vergleichs leistete der Kläger eine Einmalzahlung von 88.000 € und die Bank verpflichtete sich, die Darlehen gegen den Kläger nicht weiter geltend zu machen. Das FA erhöhte die Einnahmen des Klägers aus Vermietung und Verpachtung, weil ihm durch den Vergleich seine Bankschulden zum Teil erlassen worden seien. Die „Erlasssumme“ sei im Streitjahr 2012 teilweise als Rückzahlung von Schuldenzinsen zu behandeln und erhöhe daher die Vermietungseinkünfte des Klägers.

Der BFH hat entschieden, dass kein Rückfluss von Werbungskosten und auch keine sonstigen Einkünfte gem. § 22 Nr. 3 EStG vorliegen.

Es fehlt bereits an einer konkreten Leistung des Klägers: Das FG der ersten Instanz hat nicht festgestellt, dass der Teilverzicht der Bank als Gegenleistung für die Rücknahme der Zivilklage oder den Verzicht auf die Geltendmachung weitergehender Ansprüche durch den Kläger erfolgt ist. Vielmehr hat es - in vertretbarer Weise - geschlussfolgert, der Vergleich sei „zur Beendigung der sowohl für den Kläger als auch für die Bank belastenden Prozesssituation“ geschlossen worden. Ein konkretes Tun, Dulden oder Unterlassen des Klägers, das Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann, ist damit nicht verbunden. Die Rückabwicklung des Erwerbs einer Schrottimmobilie führt damit nicht zu steuerlichen Nachteilen, wenn die Bank aufgrund eines Vergleichs auf Teile der noch ausstehenden Darlehensforderung verzichtet.


Aufrechnung eines Rechtsanwalts mit Honoraransprüchen gegen den Anspruch des Mandanten auf Herausgabe von Fremdgeld in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung
Ein Rechtsanwalt, der nach der Vereinnahmung von Fremdgeld mit Honoraransprüchen gegen den Herausgabeanspruch des Mandanten aufrechnet, löst die für einen durchlaufenden Posten gemäß § 4 Abs. 3 S. 2 EStG notwendige Verklammerung von Einnahme und Ausgabe zu einem einheitlichen Vorgang endgültig auf.

Mit dem Wegfall der Verklammerung und damit der Voraussetzungen eines durchlaufenden Postens ist das Fremdgeld als Betriebseinnahme in die Ermittlung des Gewinns für den Betrieb einzubeziehen.

BFH v. 29.09.2020, VIII R 14/17

Hinweis:
Steuerpflichtige, die nicht auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen und die auch keine Bücher führen und keine Abschlüsse machen, können gem. § 4 Abs. 3 S. 1 EStG als Gewinn den Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen. Gem. § 4 Abs. 3 S. 2 EStG scheiden aus der Gewinnermittlung im Wege der Einnahmen-Überschuss-Rechnung solche Betriebseinnahmen und -ausgaben aus, die im Namen und für Rechnung eines anderen vereinnahmt und verausgabt werden (durchlaufende Posten).

Der Kläger war als Rechtsanwalt in einer Einzelkanzlei selbständig tätig. Seinen Gewinn aus der anwaltlichen Tätigkeit ermittelte er im Wege der Einnahmen-Überschuss-Rechnung gem. § 4 Abs. 3 EStG. Er verfügte über zwei Bankkonten, über die er private Zahlungen und Zahlungen der Kanzlei abwickelte. Ein Fremdgeldkonto führte der Kläger nicht. Der Kläger rechnete Fremdgeld, das er für eine Mandantin vereinnahmte, mit rückständigen Honorarforderungen auf. Streitig ist die Behandlung der Aufrechnung eines Rechtsanwalts mit Honoraransprüchen gegen den Anspruch des Mandanten auf Herausgabe von Fremdgeld in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung.

Der BFH hat entschieden, dass das Fremdgeld mit der Aufrechnung als Betriebseinnahme anzusetzen ist.

Indem der Kläger die Aufrechnung mit eigenen Honorarforderungen gegen den Herausgabeanspruch des Mandanten erklärt hat, hat er die Verklammerung des Fremdgelds mit einer künftigen Verausgabung an den Zahlungsberechtigten (den Mandanten) endgültig gelöst.

Mit der Auflösung der Verklammerung wurde die rechtliche Behandlung des vom Kläger in fremdem Namen und für fremde Rechnung vereinnahmten Geldbetrags als durchlaufender Posten unzutreffend.

Betriebseinnahmen, die wegen Wegfalls der Voraussetzungen nicht mehr nach § 4 Abs. 3 S. 2 EStG aus der Ermittlung des Gewinns „ausscheiden“, sind bei der Ermittlung des Betriebsergebnisses (des Gewinns) wieder zu berücksichtigen. Die durchgehend bestehende rechtliche Verpflichtung des Klägers, den Betrag an den Mandanten zahlen zu müssen, steht dem nicht entgegen. Der Kläger hat unwirksam mit nicht bestehenden Honorarforderungen gegen den Herausgabeanspruch des Mandanten aufgerechnet. Entgegen seiner Auffassung hat die fortbestehende zivilrechtliche Herausgabepflicht allein nicht zur Folge, dass für das Fremdgeld die Verklammerung zwischen Einnahme und Ausgabe fortbestanden hat. Unerheblich ist ferner, dass die aus dem Wegfall der Verklammerung folgende Betriebseinnahme mit einer Rückzahlungsverpflichtung belastet ist.
 

1.3.Sonstiges

Wegfall gewerbesteuerlicher Fehlbeträge bei Abspaltung
Scheidet infolge einer Abspaltung eine Kapitalgesellschaft als Mitunternehmerin aus einer Mitunternehmerschaft aus, gehen die vortragsfähigen Gewerbeverluste der Mitunternehmerschaft insoweit unter, als diese der Kapitalgesellschaft zugerechnet werden.

§ 19 UmwStG und § 10a S. 10 Hs. 1 GewStG gelten nicht für Fehlbeträge einer Mitunternehmerschaft.

§ 8c Abs. 1 S. 5 KStG findet keine Anwendung auf die Übertragung von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft.

BFH v. 12.11.2020, IV R 29/18

Hinweis:
Gem. § 10a S. 6 GewStG ist die Höhe der vortragsfähigen Fehlbeträge gesondert festzustellen. Vortragsfähige Fehlbeträge sind gem. § 10a S. 7 GewStG die nach der Kürzung des maßgebenden Gewerbeertrags gem. § 10a S. 1 u. 2 GewStG zum Schluss des Erhebungszeitraums verbleibenden Fehlbeträge.

Die A-GmbH spaltete gem. § 123 Abs. 2 Nr. 1 UmwG einen Teil ihres Vermögens ab und übertrug ihn gegen Gewährung neuer Gesellschaftsanteile auf die C-GmbH. Alleingesellschafterin beider Gesellschaften war die D mit Sitz in Schweden. Zu den übertragenen Vermögenswerten gehörten u. a. der Kommanditanteil an der Klägerin und die Geschäftsanteile an der Komplementär-GmbH. Der Betrieb der Klägerin wurde unverändert fortgeführt. Die Feststellung eines vortragsfähigen Fehlbetrags für das Streitjahr lehnte das FA mit der Begründung ab, dass der nicht verbrauchte vortragsfähige Gewerbeverlust im vollen Umfang auf einen ausgeschiedenen Gesellschafter entfalle und deshalb untergegangen sei.

Der BFH hat entschieden, dass das Ausscheiden einer Kapitalgesellschaft aus einer Mitunternehmerschaft im Rahmen einer Abspaltung zum Untergang der vortragsfähigen Gewerbeverluste der Mitunternehmerschaft führt.

Zu Recht hat das FG entschieden, dass für die Klägerin kein vortragsfähiger Fehlbetrag (Gewerbeverlust) mehr festzustellen ist. Denn der auf den 31.12.2013 gesondert festgestellte Fehlbetrag i. S. des § 10a GewStG entfiel in vollem Umfang auf die A GmbH und ist infolge ihres Ausscheidens aus der Gesellschaft untergegangen. Abweichendes ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass der Kommanditanteil an der Klägerin im Wege einer Abspaltung von der A GmbH auf die C GmbH übertragen wurde. § 19 UmwStG und § 10a S. 10 Hs. 1 GewStG gelten nicht für Fehlbeträge einer Mitunternehmerschaft. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich ein für sie festzustellender vortragsfähiger Fehlbetrag auf den 31.12.2014 auch weder aus § 10a S. 10 Hs. 1 GewStG i. V. m. § 8c Abs. 1 S. 5 KStG noch aus § 10a S. 10 Hs. 2 GewStG i. V. m. § 8c Abs. 1 S. 5 KStG noch aus einer analogen Anwendung des § 8c Abs. 1 S. 5 KStG auf die Übertragung von Kommanditanteilen. § 8c Abs. 1 S. 5 KStG findet keine Anwendung auf die Übertragung von Anteilen an einer Mitunternehmerschaft.
 

2.Verwaltungsanweisungen

2.1.Bilanzsteuerrecht

Nutzungsdauer von Computern und Software
Das BMF hat ein Schreiben zur Nutzungsdauer von Computerhardware und Software zur Dateneingabe und -verarbeitung bekannt gegeben.

BMF v. 26.02.2021

Hinweis:
Nach dem BMF v. 18.11.2005, BStBl. 2005 I, 1025 zur bilanzsteuerlichen Beurteilung von Aufwendungen zur Einführung eines betriebswirtschaftlichen Softwaresystems (ERP-Software) beträgt die Nutzungsdauer für das ERP-Softwaresystem fünf Jahre. Nach der amtlichen AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter beträgt die Nutzungsdauer für Workstations, Personalcomputer, Notebooks und andere Peripheriegeräte (Drucker, Scanner, Bildschirme, u. ä.) drei Jahre (BMF v. 15.12.2000, BStBl. 2000 I, 1532, Tz. 6.14.3.2).

Die Nutzungsdauer von Computern und Software wurde durch das BMF angepasst. Für die nach § 7 Abs. 1 EStG anzusetzende Nutzungsdauer kann für die in Rz. 2 ff. aufgeführten materiellen Wirtschaftsgüter „Computerhardware“ sowie die in Rz. 5 näher bezeichneten immateriellen Wirtschaftsgüter „Betriebs- und Anwendersoftware“ eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde gelegt werden.

Das BMF-Schreiben findet erstmals Anwendung in Gewinnermittlungen für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2020 enden. In Gewinnermittlungen nach dem 31.12.2020 können die Grundsätze dieses Schreibens auch auf entsprechende Wirtschaftsgüter angewandt werden, die in früheren Wirtschaftsjahren angeschafft oder hergestellt wurden und bei denen eine andere als die einjährige Nutzungsdauer zugrunde gelegt wurde. Für Wirtschaftsgüter des Privatvermögens, die zur Einkünfteerzielung verwendet werden, gilt dies ab dem Veranlagungszeitraum 2021 entsprechend.
 

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