Rechtsprechung KW 11-2020

1.Rechtsprechung

1.1.Einkommensteuer

Zur Frage der Gewerblichkeit der Tätigkeit eines externen Datenschutzbeauftragten
Ein externer Datenschutzbeauftragter übt auch dann, wenn er zugleich als Rechtsanwalt tätig ist, keinen in § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG genannten Katalogberuf aus.
Da ein Datenschutzbeauftragter ohne eine akademische Ausbildung tätig werden kann, übt er auch keine dem Beruf des Rechtsanwalts ähnliche Tätigkeit i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG aus (Anschluss an BFH-Urteile vom 05.06.2003 - IV R 34/01, BFHE 202, 336, BStBl. II 2003, 761; vom 26.06.2003 - IV R 41/01, BFH/NV 2003, 1557).
Die Tätigkeit des externen Datenschutzbeauftragten ist auch nicht den sonstigen selbständigen Tätigkeiten i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zuzuordnen.
BFH v. 14.01.2020, VIII R 27/17
Hinweis:
Gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehört zu den freiberuflichen Tätigkeiten u. a. die selbständige Berufstätigkeit des Rechtsanwalts.
Im Streitfall war der Kläger als selbständiger Rechtsanwalt im Bereich des IT-Rechts tätig. Daneben arbeitete er für verschiedene größere Unternehmen als externer Datenschutzbeauftragter. Das Finanzamt sah diese Tätigkeit als gewerblich an. Es setzte Gewerbesteuer fest und forderte den Kläger als gewerblichen Unternehmer gem. § 141 AO auf, ab dem Folgejahr Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen. Der gegen diese Aufforderung aus dem Jahr 2012 gerichtete Einspruch des Klägers blieb ebenso wie die nachfolgende Klage vor dem Finanzgericht ohne Erfolg.
Der BFH hat entschieden, dass ein externer Datenschutzbeauftragter gewerblicher Unternehmer ist, auch wenn er zugleich als Rechtsanwalt tätig ist. Der externe Datenschutzbeauftragte ist daher gewerbesteuerpflichtig und - bei Überschreiten bestimmter Gewinngrenzen – auch buchführungspflichtig.
Der BFH hat die Vorentscheidung jetzt bestätigt. Als Datenschutzbeauftragter übe der Kläger keine dem Beruf des Rechtsanwaltes vorbehaltene Tätigkeit aus. Vielmehr werde er in einem eigenständigen, von seiner Anwaltstätigkeit abzugrenzenden Beruf tätig. Der Datenschutzbeauftragte berate in interdisziplinären Wissensgebieten. Hierfür müsse er zwar neben datenschutzrechtlichem Fachwissen auch Fachwissen in anderen Bereichen (z. B. der Informations- und Kommunikationstechnik und der Betriebswirtschaft) besitzen. Eine spezifische akademische Ausbildung müsse er aber – anders als der Rechtsanwalt - nicht nachweisen. Aus diesem Grunde sei der Kläger als Datenschutzbeauftragter auch nicht in einem dem Rechtsanwalt ähnlichen Beruf tätig. Schließlich sei – so der BFH – auch keine sonstige selbständige Arbeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG anzunehmen. Es fehle an der erforderlichen Vergleichbarkeit mit den dort genannten Regelbeispielen.

Arbeitshilfe des BMF zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück - Beitrittsaufforderung
Im Revisionsverfahren stellt sich die Frage, ob die vom BMF zur Verfügung gestellte "Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)" bei der Aufteilung eines vertraglich vereinbarten Kaufpreises auf Grund und Gebäude für Zwecke der AfA-Bemessung zugrunde gelegt werden kann. Der Senat hat das BMF zum Beitritt zu diesem Verfahren aufgefordert (§ 122 Abs. 2 Satz 3 FGO).
BFH v. 21.01.2020, XI R 26/19
Hinweis:
Während in der Realität und in der Betriebswirtschaftslehre eine Wohnung oder ein Haus nur ein Wirtschaftsgut mit einem einheitlichen Kaufpreis darstellt, wird es im Steuerrecht in zwei fiktive Wirtschaftsgüter aufgespalten, den Grund und Boden ohne Wertverlust und das Gebäude mit Wertverlust im Laufe der Zeit, so dass durch Aufteilung des Kaufpreises zwei fiktive Anschaffungskosten bestimmt werden müssen, als Grundlage für die den Wertverlust abbildende AfA beim Gebäude.
Die Klägerin, eine Grundstücksgemeinschaft, erwarb eine Eigentumswohnung. Es handelt sich um eine Einzimmerwohnung im zweiten Obergeschoss eines im Jahr 1973 fertiggestellten Mehrfamilienhauses, die vermietet wird. Der Kaufvertrag steht folgende Regelung: "Im Kaufpreis enthalten ist das Entgelt für den anteiligen Wert des Grundstücks, den die Beteiligten nach bestem Wissen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit EUR 20.000,00 beziffern." Die Anschaffungskosten beliefen sich einschließlich Nebenkosten auf 118.002 EUR. In ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr berücksichtigte die Klägerin eine AfA-Bemessungsgrundlage in Höhe von 96.547,47 EUR. Dabei legte sie die Kaufpreisaufteilung des notariellen Kaufvertrags zugrunde und berechnete einen Gebäudeanteil von 81,81 % (20 000/110 000). Hingegen ermittelte das FA auf der Grundlage der vom BMF im Internet bereitgestellten "Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)" einen Gebäudeanteil von 27,03 %.
Der BFH hat das BMF zum Beitritt zu dem Verfahren aufgefordert.
Der Senat nimmt das Revisionsverfahren zum Anlass, sich grundlegend mit der Frage zu befassen, welche Bedeutung der vom BMF zur Verfügung gestellten "Arbeitshilfe zur Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein bebautes Grundstück (Kaufpreisaufteilung)" bei der Aufteilung eines vertraglich vereinbarten Kaufpreises auf Grund und Gebäude nach den realen Verkehrswerten für Zwecke der AfA-Bemessung zukommt. Vor diesem Hintergrund hält es der Senat für angezeigt, das BMF an diesem Revisionsverfahren zu beteiligen und zum Beitritt aufzufordern.
 

1.2.Sonstiges

Dem Verkäufer vorbehaltene Nutzungen als grunderwerbsteuerrechtliche Gegenleistung
Verpflichtet sich der Käufer beim Kauf eines Grundstücks, dieses dem Verkäufer ohne angemessenes Entgelt zur Nutzung zu überlassen, liegt darin eine Gegenleistung für das Grundstück.
BFH v. 05.12.2019, II R 37/18
Hinweis:
Gem. § 8 Abs. 1 GrEStG bemisst sich die Grunderwerbsteuer grundsätzlich nach dem Wert der Gegenleistung. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gilt als Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.
Die Klägerin erwarb mit notariell Kaufvertrag ein Grundstück vom Verkäufer. Das als Kulturdenkmal erfasste, parkähnliche Gelände war mit acht Gebäuden bebaut. In § 2 des Kaufvertrags räumte die Klägerin dem Verkäufer das Recht ein, seine bisherige Nutzung der Gebäude 2 und 5 zunächst für 30 Jahre unentgeltlich fortzusetzen. Das FA setzte Grunderwerbsteuer fest und zog dabei einen nach § 138 BewG gesondert festgestellten Grundbesitzwert als Bemessungsgrundlage heran. Auf den Einspruch hin legte das FA der Besteuerung stattdessen den Kapitalwert der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen als Gegenleistung zugrunde.
Der BFH hat entschieden, dass eine Gegenleistung für das Grundstück vorliegt, wenn sich der Käufer beim Kauf eines Grundstücks verpflichtet, dieses dem Verkäufer ohne angemessenes Entgelt zur Nutzung zu überlassen.
Nutzungen sind gemäß § 100 BGB u. a. die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt. Sie gebühren nach § 446 S. 2 BGB von der Übergabe der Sache an dem Käufer. Wird die Norm vertraglich abbedungen, belässt der Grundstückskäufer also die Nutzungen dem Verkäufer. Über diesen Zeitpunkt hinaus, liegt darin ein geldwerter Vorteil, den der Käufer für den Erwerb der Sache hingibt. Dies rechtfertigt die Einbeziehung der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen in die Gegenleistung. Für die Bestimmung der Gegenleistung ist nicht maßgebend, was die Vertragschließenden als Gegenleistung für das Grundstück bezeichnen, sondern zu welchen Leistungen sie sich tatsächlich verpflichtet haben. Die Klägerin hatte für den Kauf des Grundstücks keinen Kaufpreis zu entrichten; stattdessen hatte der Verkäufer eine Zuzahlung in Höhe von 100.000 € zu leisten. Daneben hat die Klägerin dem Verkäufer das Recht eingeräumt, seine bisherige Nutzung der Gebäude 2 und 5 für 30 Jahre unentgeltlich fortzusetzen. "Unentgeltlich" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin vom Verkäufer kein gesondertes Entgelt für die Überlassung der Gebäude fordert. Der Wert der Nutzungen stellt vielmehr eine - grunderwerbsteuerrechtliche – Gegenleistung der Klägerin für den Erhalt des Grundstücks dar. Bemessungsgrundlage i. S. v, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist demgemäß der Wert der Nutzungen abzüglich der Zuzahlung des Verkäufers in Höhe von 100.000 €.
 
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