Rechtsprechung KW 50-2018

1.Rechtsprechung

1.1.Umsatzsteuer

Änderung der Rechtsprechung zum steuerbaren Leistungsaustausch bei platzierungsabhängigen Preisgeldern
Die Teilnahme an einem Wettbewerb (Pferderennen) ist nicht steuerbar, wenn dem Eigentümer der Pferde als Gegenleistung lediglich ein platzierungsabhängiges Preisgeld gezahlt wird (anders noch BFH-Urteil vom 9. März 1972 V R 32/69, BFHE 105, 196, BStBl. II 1972, 556).
BFH v. 02.08.2018, V R 21/16
 
Hinweis:
Der Umsatzsteuer unterliegen u. a. sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 UStG).
Der Streitfall betraf eine GmbH, deren Zweck u. a. im Kauf und Verkauf sowie der Ausbildung von Pferden bestand. Sie erklärte Umsätze aus Verkaufserlösen und Preisgeldern und machte Vorsteuern aus dem Kauf von Pferden, eines LKW nebst Anhänger sowie eines PKW geltend. Das Finanzamt versagte den Abzug der geltend gemachten Vorsteuerbeträge.
Der BFH hat entschieden, dass die Teilnahme an einem Wettbewerb (Pferderennen) nicht steuerbar ist, wenn dem Eigentümer der Pferde als Gegenleistung lediglich ein platzierungsabhängiges Preisgeld gezahlt wird.
Im Urteil Baštová v. 10.11.2016, C-432/15 hat der EuGH entschieden, dass die Teilnahme an einem Wettbewerb (Pferderennen) keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung ist, wenn für die Teilnahme weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird und nur Teilnehmer mit einer erfolgreichen Platzierung ein Preisgeld erhalten; die Ungewissheit einer Zahlung sei geeignet, den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der dem Leistungsempfänger erbrachten Dienstleistung und der ggf. erhaltenen Zahlung aufzuheben. Der BFH hat sich der Rechtsprechung des EuGH angeschlossen, wonach die Teilnahme an einem Wettbewerb (Pferderennen) grundsätzlich keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung darstellt. Etwas Anderes gilt lediglich, wenn für die Teilnahme ein Antrittsgeld oder eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird.
 
Aufspaltung einer unternehmerischen Tätigkeit zur mehrfachen Inanspruchnahme des § 19 UStG
Werden von mehreren Gesellschaften gegenüber nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfängern inhaltsgleiche Buchführungsleistungen deshalb nacheinander erbracht, um mehrfach die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen zu können, liegt eine zweckwidrige Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung vor, die zu ihrer Versagung führt.
BFH v. 11.07.2018, XI R 26/17
 
Hinweis:
Nach § 19 Abs. 1 UStG wird Umsatzsteuer von Unternehmern, deren (in S. 2 u. Abs. 3 definierter) Gesamtumsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird, nicht erhoben.
Die Klägerin ist eine als Steuerberatungsgesellschaft tätige GmbH. Die Klägerin war zeitweise an insgesamt sechs GmbH & Co. KGs jeweils als Kommanditistin beteiligt. Die KGs boten ihren Kunden überwiegend die Verbuchung laufender Geschäftsvorfälle an.
Dabei handelte es sich um Leistungen, welche bis zur Gründung der KGs inhaltsgleich von der Klägerin direkt an diese Kunden erbracht worden waren. Die Klägerin meldete keine Umsatzsteuer für die von den KGs ausgeführten Leistungen an und erklärte bezüglich der Überlassung von Personal und Sachmitteln an die KGs auch keine unentgeltlichen Wertabgaben. Aufgrund einer bei der Klägerin sowie den KGs durchgeführten Außenprüfung vertrat das FA die Auffassung, dass die entsprechenden Umsätze der KGs der Klägerin zuzurechnen seien, da die Gestaltung, nach der Buchführungs- und Lohnabrechnungsleistungen auf die KGs ausgelagert und aufgrund Unterschreitung der Kleinunternehmergrenze nicht der Umsatz- und Gewerbesteuer unterworfen wurden, missbräuchlich sei.
Der BFH hat entschieden, dass in der inhaltsgleichen Erbringung der Buchführungsleistungen durch die verschiedenden KGs eine zweckwidrige Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung vorliege, die zu ihrer Versagung führe.
Eine Regelung, die eine Ausnahme von den allgemeinen Regelungen der MwStSystRL darstellt, darf nur insoweit angewandt werden, als dies zur Erreichung ihres Ziels erforderlich ist. Auch wenn § 19 UStG vom allgemeinen Unternehmerbegriff des § 2 UStG ausgeht und es keine typischen Kleinunternehmer gibt, da die Beurteilung ausschließlich von der Umsatzhöhe und nicht von einer bestimmten Rechtsform oder Tätigkeit abhängt, liegt der Regelung doch das Bild einer "kleinen" unternehmerischen Einheit zu Grunde, die sowohl auf Seiten des Unternehmens als auch der Verwaltung keinen Verwaltungsaufwand rechtfertigt. Mit der planmäßigen Aufspaltung und künstlichen Verlagerung von Umsätzen auf die KGs mit dem Ziel, so die Kleinunternehmergrenze jeweils nicht zu überschreiten, wird der Vereinfachungszweck des § 19 UStG verfehlt und die Kleinunternehmerregelung missbräuchlich in Anspruch genommen. Eine durch Aufspaltung erzielte mehrfache Inanspruchnahme der Kleinunternehmervergünstigung stellt eine Verletzung des Neutralitätsprinzips dar.
 

1.2.Körperschaftsteuer

Keine einschränkende Auslegung des § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG
Die zum Zeitpunkt des Erlasses eines Feststellungsbescheids über das steuerliche Einlagekonto fehlende Steuerbescheinigung über die Ausschüttung aus einer Kapitalrücklage führt nach § 27 Abs. 5 Satz 2 KStG zu einer Verwendungsfestschreibung auf Null EUR; die Norm ist keiner einschränkenden Auslegung zugänglich.
Gegen die vom Gesetzgeber gewählte Ausgestaltung des § 27 Abs. 5 Sätze 1 bis 3 KStG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (Bestätigung des Senatsurteils vom 11. Februar 2015 I R 3/14, BFHE 249, 448, BStBl. II 2015, 816).
BFH v. 11.07.2018, I R 30/16

Hinweis:
Klägerin ist eine GmbH, die im Streitjahr eine Ausschüttung aus der Kapitalrücklage zahlte, ohne eine Bescheinigung nach § 27 Abs. 3 S. 1 KStG zu erstellen. Aus den Bilanzerläuterungen war ersichtlich, dass eine Ausschüttung erfolgt sein musste. Das FA vertrat die Auffassung, dass das steuerliche Einlagekonto unverändert festzustellen und Kapitalertragsteuer auf die Ausschüttung zu erheben sei.
Erbringt eine Kapitalgesellschaft für eigene Rechnung Leistungen, die nach § 27 Abs. 1 S. 3 KStG als Abgang auf dem steuerlichen Einlagekonto zu berücksichtigen sind, so ist sie verpflichtet, ihren Anteilseignern die Einlagenrückgewähr nach amtlich vorgeschriebenem Muster zu bescheinigen (§ 27 Abs. 3 S. 1 KStG). Ist für eine Leistung bis zum Tag der Bekanntgabe der erstmaligen Feststellung im Sinne des § 27 Abs. 2 KStG zum Schluss des Wirtschaftsjahrs der Leistung eine Steuerbescheinigung im Sinne des § 27 Abs. 3 KStG nicht erteilt worden, gilt der Betrag der Einlagenrückgewähr als mit 0 € bescheinigt (§ 27 Abs. 5 S. 2 KStG).
Der BFH hat entschieden, dass die Norm des § 27 Abs. 5 S. 2 KStG keiner einschränkenden Auslegung zugänglich ist und auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.
Im Streitfall hat die zum Zeitpunkt des Erlasses des Feststellungsbescheids über das steuerliche Einlagekonto fehlende Steuerbescheinigung über die Ausschüttung aus der Kapitalrücklage nach § 27 Abs. 5 S. 2 KStG zu einer Verwendungsfestschreibung auf Null € geführt. Die Norm ist keiner einschränkenden Auslegung zugänglich. Eine spätere Änderung der zunächst erteilten oder nach § 27 Abs. 5 S. 2 KStG fingierten Bescheinigung nach § 129 AO kommt nicht in Betracht, weil § 27 Abs. 5 S. 2 u. 3 KStG sowohl tatbestandlich als auch mit Rücksicht auf ihre Rechtsfolgen eindeutig gefasst sind. Gegen die vom Gesetzgeber gewählte Ausgestaltung des § 27 Abs. 5 S. 1 - 3 KStG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Neueste Einträge