Rechtsprechung KW 34-2018

1.1.Einkommensteuer

Anwendung der 1 %-Regelung in Fällen, in denen die hiernach ermittelte Nutzungsentnahme 50 % der Gesamtaufwendungen für das Kfz übersteigt
Auch wenn die Anwendung der 1 %-Regelung seit 2006 voraussetzt, dass das Kfz zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, ist es verfassungsrechtlich nicht geboten, die nach der 1 %-Regelung ermittelte Nutzungsentnahme auf 50 % der Gesamtaufwendungen für das Kfz zu begrenzen.
BFH v. 15.05.2018, X R 28/15
Hinweis:
Entnahmen des Steuerpflichtigen für sich, seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke sind gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG mit dem Teilwert anzusetzen. Nach der Sonderregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG ist für die private Nutzung eines zu mehr als 50 % betrieblich genutzten Kfz pro Kalendermonat 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zzgl. der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen. Liegen die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG nicht vor, namentlich, wenn das Kfz zu nicht mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, ist die Nutzungsentnahme nach den allgemeinen Regeln mit dem darauf entfallenden Aufwand zu bewerten, der ggf. zu schätzen ist. Der auf die Privatfahrten entfallende Aufwand kann angesetzt werden, wenn die Voraussetzungen der Fahrtenbuchmethode (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 EStG) erfüllt sind.
Der Kläger hielt im Streitjahr in seinem Betriebsvermögen einen gebraucht erworbenen PKW vom Typ BMW 530d mit einem Bruttolistenpreis i. H. v. 64.000 EUR, den er auch privat nutzte. Die Gesamtkosten des PKW im Streitjahr ermittelte der Kläger mit rd. 11.000 €. Ca. 50 % dieser Kosten setzte der Kläger für die private Nutzung des PKW an. Ein Fahrtenbuch wurde nicht geführt. Das FA berechnete den Wert der Nutzungsentnahme nach der 1 %-Regelung. Der Kläger machte im Einspruchs- und dem anschließenden Klageverfahren geltend, dass die Nutzungsentnahme mit maximal 50 % der Gesamtkosten zu begrenzen ist.
Der BFH hat entschieden, dass die nach der 1%-Regelung ermittelte Nutzungsentnahme nicht auf 50 % der Gesamtaufwendungen für das Kfz zu begrenzen ist.
Die Anknüpfung der 1 %-Regelung an den Listenpreis stellt eine typisierend-pauschalierende Regelung dar, die sich im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums bewegt. Die Bewertung des Nutzungsvorteils mittels der 1 %-Regelung ist mit dem Ansatz in Höhe von 1 % des Bruttolistenpreises je Monat eine grob typisierende Regelung, da sie stark divergierende Sachverhalte zusammenfasst. Hierzu zählen die Nutzung neuer oder gebrauchter bzw. teurer oder preiswerter Kfz, der unterschiedliche Umfang der betrieblichen bzw. privaten Nutzung, die unterschiedliche Nutzungsdauer von betrieblichen Kfz, die divergierenden Möglichkeiten der AfA und die unterschiedliche Höhe von Umsatzsteuersätzen. Jeder Steuerpflichtige kann der Anwendung der typisierenden Regelung durch den Nachweis des tatsächlichen Sachverhalts mittels eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs entgehen. Ebenso wenig ist die Höhe der Nutzungsentnahme aus verfassungsrechtlichen Gründen auf 50 % der Gesamtkosten zu begrenzen. Es ist gerade Ziel und Zweck der 1 %-Regelung, anders als sonst bei der Besteuerung der privaten Nutzungsentnahmen, nicht an den Aufwand des Steuerpflichtigen, sondern an seinen Vorteil anzuknüpfen.

Anmietung einer als Homeoffice genutzten Wohnung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber - Einkünfteerzielungsabsicht - Aufwendungen für die Badrenovierung
Bei einer Einliegerwohnung des Steuerpflichtigen, die er zweckfremd als Homeoffice an seinen Arbeitgeber für dessen betriebliche Zwecke vermietet, ist stets im Einzelfall festzustellen, ob er beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen (entgegen BMF-Schreiben vom 13. Dezember 2005 IV C 3-S 2253-112/05, BStBl. I 2006, 4).
BFH v. 17.04.2018, IX R 9/17
Hinweis:
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG erzielt, wer ein Grundstück, Gebäude oder Gebäudeteil gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen.
Die Kläger sind Eigentümer eines Gebäudes, das sie im Obergeschoss selbst bewohnen. Eine Einliegerwohnung mit Büro, Besprechungsraum, Küche und Bad/WC im Erdgeschoss vermieteten sie als Homeoffice des Klägers für 476 € monatlich an dessen Arbeitgeber. Der Mietvertrag war zeitlich an den Arbeitsvertrag des Klägers und an die Weisung des Arbeitgebers gebunden, die Tätigkeit in diesen Büroräumen zu betreiben. Die Kläger machten aus der Vermietung einen Werbungskostenüberschuss in Höhe von 29.900 € geltend. Enthalten waren hierin Aufwendungen i. H. v. 25.780 € für die behindertengerechte Renovierung des Badezimmers mit Dusche und Badewanne. Das Finanzamt ließ die Renovierungskosten nicht zum Abzug zu. Das FG hat der Klage teilweise stattgegeben.
Der BFH hat entschieden, dass bei Vermietung eines Homeoffice an den Arbeitgeber für betriebliche Zwecke, stets im Einzelfall festzustellen ist, ob der Steuerpflichtige beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen.
Der BFH hob das Urteil des FG auf und verwies die Sache an das FG zurück. Aufgrund der im Mietvertrag vereinbarten Nutzung handele es sich nicht um die Vermietung von Wohnraum, sondern (zweckentfremdet) um die Vermietung zu gewerblichen Zwecken, da die Räume dem Arbeitgeber zur ausschließlichen Erfüllung von dessen betrieblichen Zwecken überlassen wurden und der Kläger hinsichtlich der Nutzung dem Weisungsrecht seines Arbeitgebers unterlag. Zu berücksichtigen war dabei auch die Koppelung des Mietvertrages an das Bestehen des Dienstverhältnisses. Das FG muss nun noch feststellen, ob der Kläger einen Gesamtüberschuss erzielen konnte.
 

1.2.Erbschaft-/Schenkungsteuer

Steuerermäßigung bei Belastung mit Erbschaftsteuer - Zusammentreffen von Erwerben von Todes wegen und Vorerwerben - Berücksichtigung von persönlichen Steuerbefreiungen
Die nach § 35b S. 1 EStG begünstigten Einkünfte müssen aus der Veräußerung eines Vermögensgegenstandes herrühren, der sowohl von Todes wegen erworben worden ist als auch tatsächlich der Erbschaftsteuer unterlegen hat; der in Anspruch genommene persönliche Freibetrag (§ 16 ErbStG) ist anteilig abzuziehen.
Die auf die begünstigten Einkünfte anteilig entfallende Einkommensteuer ist nach dem Verhältnis der begünstigten Einkünfte zur Summe der Einkünfte (§ 2 Abs. 3 EStG) zu ermitteln.
Beim Zusammentreffen von Erwerben von Todes wegen und Vorerwerben ermittelt sich der Ermäßigungsprozentsatz des § 35b Satz 2 EStG durch Gegenüberstellung der anteiligen, auf die von Todes wegen erworbenen Vermögensteile entfallenden Erbschaftsteuer und des Betrags, der sich ergibt, wenn dem anteiligen steuerpflichtigen Erwerb (§ 10 Abs. 1 ErbStG) der anteilige Freibetrag nach § 16 ErbStG hinzugerechnet wird.
BFH v. 13.03.2018, IX R 23/17
Hinweis:
Sind bei der Ermittlung des Einkommens Einkünfte berücksichtigt worden, die im Veranlagungszeitraum oder in den vorangegangenen vier Veranlagungszeiträumen als Erwerb von Todes wegen der Erbschaftsteuer unterlegen haben, so wird gem. § 35b S. 1 EStG auf Antrag die um sonstige Steuerermäßigungen gekürzte tarifliche Einkommensteuer, die auf diese Einkünfte entfällt, um den in Satz 2 bestimmten Prozentsatz ermäßigt. Der Prozentsatz bestimmt sich nach dem Verhältnis, in dem die festgesetzte Erbschaftsteuer zu dem Betrag steht, der sich ergibt, wenn dem steuerpflichtigen Erwerb (§ 10 Abs. 1 ErbStG) die Freibeträge nach den §§ 16 und 17 und der steuerfreie Betrag nach § 5 ErbStG hinzugerechnet werden (§ 35b S. 2 EStG).
Der Kläger und sein Vater gründeten mit notariellem Vertrag vom November 2008 eine GmbH. Im Rahmen der Gründung brachte der Vater des Klägers sein Einzelunternehmen in die GmbH ein. Der Kläger war zu 49 % und sein Vater zu 51 % an der GmbH beteiligt. Aufgrund des persönlichen Freibetrags des Klägers fiel für ihn keine Schenkungsteuer an. Im Juli 2009 starb der Vater. Auf den Kläger wurde infolge eines Vermächtnisses ein weiterer GmbH-Anteil in Höhe von 26 % übertragen. Sein Bruder schlug das auf ihn entfallende Vermächtnis aus, so dass der Kläger als Ersatz-Vermächtnisnehmer auch den restlichen Geschäftsanteil von 25 % erhielt. Im Streitjahr veräußerte der Kläger seine Geschäftsanteile an der GmbH und erzielte einen Veräußerungsgewinn i. S. d. § 17 EStG i. H. v. 786.167 EUR.
Der BFH hat entschieden, dass bei der Ermittlung der begünstigte Einkünfte i. S. d. § 35b S. 1 EStG der Freibetrag gem. § 16 ErbStG (anteilig) abzuziehen ist.
Zur Berechnung der Steuerermäßigung müssen zunächst zwei Maßgrößen ermittelt werden, zum einen die anteilig auf die nach § 35b S. 1 EStG begünstigten Einkünfte entfallende Einkommensteuer und zum anderen der Ermäßigungsprozentsatz gem. § 35b S. 2 EStG. Der Betrag nach § 35b S. 1 EStG multipliziert mit dem Ermäßigungsprozentsatz ergibt den Betrag der Steuerermäßigung. Werden sowohl Anteile veräußert, die im Wege der Erbfolge erworben worden sind, als auch Anteile, die nicht im Wege der Erbfolge oder nicht in dem in § 35b EStG vorgesehenen zeitlichen Zusammenhang mit der Erbfolge erworben worden sind, muss der steuerpflichtige Veräußerungsgewinn aufgeteilt werden. Begünstigt ist der Veräußerungsgewinn nur insoweit, als er sich aus der Veräußerung der mit Erbschaftsteuer belasteten Anteile ergibt. Die nach § 35b S. 1 EStG begünstigten Einkünfte müssen bei ihrem Hinzuerwerb tatsächlich mit Erbschaftsteuer belastet worden sein. An einer Doppelbelastung fehlt es aber, soweit der hinzuerworbene Vermögensgegenstand z. B. im Anwendungsbereich des persönlichen Freibetrags nach § 16 ErbStG eine Belastung mit Erbschaftsteuer nicht ausgelöst hat. Insoweit besteht kein Grund für eine tarifliche Entlastung. Daraus ergibt sich, dass im Anwendungsbereich von § 35b S. 1 EStG der persönliche Freibetrag nach § 16 ErbStG in Abzug zu bringen ist. Sind in die Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer sowohl nach § 35b S. 1 EStG begünstigte, als auch nach § 35b S. 1 EStG nicht begünstigte "Einkünfte" eingegangen, ist der persönliche Freibetrag gem. § 16 ErbStG im Verhältnis der Einkünfte zueinander aufzuteilen und anteilig bei den jeweiligen Einkünften abzuziehen. Bei Ermittlung des Ermäßigungsprozentsatzes gem. § 35b S. 2 EStG ist der persönliche Freibetrag hingegen nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut hinzuzurechnen.
 

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