Rechtsprechung KW 05-2018

 

1.Rechtsprechung

1.1.Erbschaft-/Schenkungsteuer

Schenkungsteuer bei Zahlung eines überhöhten Entgelts durch eine GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person
Die Zahlung überhöhter vertraglicher Entgelte durch eine GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person ist keine gemischte freigebige Zuwendung der GmbH i. S. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an die nahestehende Person, wenn der Gesellschafter beim Abschluss der Vereinbarung zwischen der GmbH und der nahestehenden Person mitgewirkt hat. In einem solchen Fall beruht die Vorteilsgewährung auf dem Gesellschaftsverhältnis zwischen der GmbH und dem Gesellschafter.
Diese Rechtsgrundsätze gelten entsprechend, wenn mehrere Gesellschafter an der GmbH beteiligt sind, von denen zumindest einer bei der Vereinbarung zwischen der GmbH und der ihm nahestehenden Person mitgewirkt hat.
Ist ein Gesellschafter über eine Muttergesellschaft an der GmbH beteiligt, gelten die Rechtsgrundsätze entsprechend, wenn er an dem Vertragsabschluss zwischen der GmbH und der ihm nahestehenden Person mitgewirkt hat.
BFH  v. 13.09.2017, II R 54/15, II R 32/16 u.  II R 42/16
Hinweis:
Gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Eine freigebige Zuwendung setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt und die Zuwendung objektiv unentgeltlich ist, und in subjektiver Hinsicht den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit.
In den Streitfällen II R 54/15 und II R 32/16 hatten die Kläger Grundstücke an eine GmbH vermietet. Sie waren jeweils die Ehegatten der Gesellschafter der GmbH. Die Gesellschafter hatten die Verträge mit unterschrieben oder als Gesellschafter-Geschäftsführer abgeschlossen. Im Streitfall II R 42/16 veräußerte der Kläger Aktien an eine GmbH. Er war der Bruder des Gesellschafters, der den Kaufpreis bestimmt hatte. Die bei den GmbHs durchgeführten Außenprüfungen ergaben, dass Mietzins und Kaufpreis überhöht waren und insoweit ertragsteuerrechtlich verdeckte Gewinnausschüttungen der GmbHs an ihre Gesellschafter vorlagen. Die Finanzämter sahen die überhöhten Zahlungen zudem schenkungsteuerrechtlich als gemischte freigebige Zuwendungen der GmbHs an die nahestehenden Personen an und besteuerten diese nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG.
Die Zahlung überhöhter vertraglicher Entgelte durch eine GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person ist keine gemischte freigebige Zuwendung der GmbH i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an die nahestehende Person, wenn der Gesellschafter beim Abschluss der Vereinbarung zwischen der GmbH und der nahestehenden Person mitgewirkt hat. In einem solchen Fall beruht die Vorteilsgewährung auf dem Gesellschaftsverhältnis zwischen der GmbH und dem Gesellschafter. Für das Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihren Gesellschaftern hat der BFH bereits entschieden, dass es neben betrieblich veranlassten Rechtsbeziehungen lediglich offene und verdeckte Gewinnausschüttungen sowie Kapitalrückzahlungen gibt, aber keine freigebigen Zuwendungen. Die Zahlung überhöhter Entgelte an die dem Gesellschafter nahestehende Person kann auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhen, obwohl sie nicht an den Gesellschafter selbst erfolgt, sondern im abgekürzten Zahlungsweg aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung zwischen der GmbH und der dem Gesellschafter nahestehenden Person dieser zufließt. Soweit der BFH bisher eine gemischte freigebige Zuwendung der GmbH an die dem Gesellschafter nahestehende Person für möglich gehalten hat, wird an dieser Auffassung für Sachverhalte, in denen die überhöhten Entgelte an die nahestehende Person unter Mitwirkung des Gesellschafters und damit auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage geleistet wurden, nicht mehr festgehalten. Zahlt die GmbH unter Mitwirkung ihres Gesellschafters überhöhte Entgelte an eine diesem nahestehende Person auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage, ist sie mangels freigebiger Zuwendung auch nicht Schenkerin i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Denn sie leistet die Zahlung, die im abgekürzten Zahlungsweg an die nahestehende Person erfolgt, im Hinblick auf die gesellschaftsvertraglichen Rechte des Gesellschafters. Ist ein Gesellschafter über eine Muttergesellschaft an der GmbH beteiligt, gelten die Rechtsgrundsätze entsprechend, wenn er an dem Vertragsabschluss zwischen der GmbH und der ihm nahestehenden Person mitgewirkt hat.

1.1.Einkommensteuer

Teilweise betrieblich genutzte Doppelgarage; Widmung als Voraussetzung für die Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen
Hinsichtlich der Zuordnung zum Betriebsvermögen ist bei selbständigen Gebäudeteilen auf den Raum als Ganzes abzustellen.
Eine im Revisionsverfahren nachgereichte Vollmacht genehmigt sowohl die Revisionseinlegung als auch die Erhebung der Klage. Sie wirkt bis ins Einspruchsverfahren zurück.
BFH  v. 10.10.2017, X R 1/16
Hinweis:
Teile eines Gebäudes, die in verschiedenen Nutzungs- und Funktionszusammenhängen stehen, sind selbständige Wirtschaftsgüter. Die Aufteilung ist grundsätzlich nach dem Größenverhältnis der für den einen oder anderen Zweck eingesetzten Nutzflächen vorzunehmen.
Der Kläger erzielte gewerbliche Einkünfte als Einzelunternehmer. Seinen Gewinn ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich gem. § 4 Abs. 1, § 5 EStG. Im Streitjahr übertrug der Kläger seinen Miteigentumsanteil an dem von den Klägern selbst bewohnten Einfamilienhaus einschließlich Doppelgarage auf die Ehefrau. In der Doppelgarage, die dem Haupthaus angegliedert war, waren sowohl die im Betriebsvermögen des Einzelunternehmens aktivierten als auch die privaten PKW der Kläger geparkt. Im Rahmen einer 1987 durchgeführten Betriebsprüfung wurden 11% des Gesamtgrundstücks als eigenbetrieblich aktiviert. Nach Durchführung einer Außenprüfung erließ das FA einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2009. Das FA ging dabei von einer Zwangsentnahme des hälftigen Garagengrundstücks aus und ermittelte entsprechende Entnahmewerte.
Der BFH hat entschieden, dass die Garage nicht anteilig als Betriebsvermögen zu behandeln ist.
Nach den Grundsätzen, die für die bilanzsteuerrechtliche Aufteilung von Gebäuden mit unterschiedlichen Nutzungen gelten, hat die Doppelgarage im Streitfall nicht zum notwendigen Betriebsvermögen des Klägers gehört. Wird ein einzelner Raum eines Gebäudes für mehrere Zwecke genutzt, ist keine weitere Aufteilung vorzunehmen; vielmehr ist ein solcher Raum als Ganzes zu beurteilen. Diese Grundsätze gelten auch für die Beurteilung einer Garage. Sie ist bei Ein- oder Zweifamilienhäusern bilanzsteuerrechtlich kein selbständiges Wirtschaftsgut, sondern unselbständiger Teil des Gebäudes. Vorliegend hat die Doppelgarage nicht zum notwendigen Betriebsvermögen des Klägers gehört. Abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gehören zum notwendigen Betriebsvermögen, wenn sie überwiegend, d. h. zu mehr als 50 %, eigenbetrieblich genutzt werden. Nichts anderes gilt in Bezug auf die betriebliche Nutzung eines gemischt genutzten Raumes, will man im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls das Gepräge dieses Raumes beurteilen. Die so umschriebene Funktion als notwendiges Betriebsvermögen kann der Doppelgarage im vorliegenden Fall nicht zukommen. Höchstens die Hälfte dieser Doppelgarage ist durch das Unterstellen der jeweiligen Betriebs-PKW betrieblich genutzt worden. In mindestens gleichem Ausmaß ist die Doppelgarage privat genutzt worden. Eine endgültige Funktionszuweisung der Doppelgarage zum (notwendigen) Betriebsvermögen ist in einem solchen Fall gerade nicht möglich.
Aufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebs durch Übertragung sämtlicher landwirtschaftlicher Nutzflächen
Ein landwirtschaftlicher Betrieb wird mit der Übertragung sämtlicher landwirtschaftlicher Nutzflächen an Dritte aufgegeben (Anschluss an BFH-Urteil vom 16. Dezember 2009 IV R 7/07, BFHE 228, 59, BStBl II 2010, 431).
Landwirtschaftliche Nutzflächen von mehr als 3.000 qm stellen nicht allein im Hinblick auf ihre Größe landwirtschaftliche Teilbetriebe dar.
BFH  v. 16.11.2017, VI R 63/15
Hinweis:
Wird ein Betrieb, ein Teilbetrieb oder der Anteil eines Mitunternehmers an einem Betrieb unentgeltlich übertragen, so sind bei der Ermittlung des Gewinns des bisherigen Betriebsinhabers (Mitunternehmers) die Wirtschaftsgüter mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben, § 6 Abs. 3 S. 1 EStG. Der Rechtsnachfolger ist nach § 6 Abs. 3 S. 3 EStG an diese Werte gebunden. Eine Betriebsaufgabe i. S. v. § 16 Abs. 3 EStG liegt vor, wenn der Steuerpflichtige den Entschluss gefasst hat, seine betriebliche Tätigkeit einzustellen und seinen Betrieb als selbständigen Organismus des Wirtschaftslebens aufzulösen, und wenn er in Ausführung dieses Entschlusses alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs in einem einheitlichen Vorgang innerhalb kurzer Zeit an verschiedene Abnehmer veräußert oder in das Privatvermögen überführt.
Die Klägerin war Eigentümerin eines ruhenden (verpachteten) land- und forstwirtschaftlichen Betriebs mit einer Größe von ca. 20,7 ha. Den Gewinn ermittelte sie durch Einnahmenüberschussrechnung gem. §  4 Abs. 3 EStG für das landwirtschaftliche Normalwirtschaftsjahr, § 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG. Mit notariell beurkundetem Vertrag übertrug die Klägerin im Wege der vorweggenommenen Erbfolge sechs Flurstücke mit einer Größe von insgesamt ca. 10,45 ha auf ihre Tochter, drei Flurstücke mit einer Größe von insgesamt ca. 3,5 ha auf ihren Enkelsohn und drei Flurstücke mit einer Größe von ca. 6,8 ha auf ihre Enkeltochter. Im Rahmen einer durchgeführten Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, die Klägerin habe alle wesentlichen Betriebsgrundlagen ihres landwirtschaftlichen Betriebs unentgeltlich übertragen. Die Übertragung auf drei verschiedene Erwerber habe zu einer Betriebsaufgabe (Zerschlagung des Betriebs) geführt.
Der BFH hat entschieden, dass der landwirtschaftliche Betrieb aufgrund der Übertragung auf drei verschiedene Erwerber zerschlagen wurde und somit eine Betriebsaufgabe zu versteuern war.
Die Voraussetzungen für die Buchwertfortführung gem. § 6 Abs. 3 S. 1 EStG lagen nicht vor, da die Klägerin nur einen ruhenden Betrieb unterhielt, der nicht aus mehreren Teilbetrieben bestand. Ein Teilbetrieb ist ein mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter, organisch geschlossener Teil des Gesamtbetriebs, der für sich allein lebensfähig ist. Die auf die Erwerber übertragenen Grundstücke bildeten nach Ansicht des BFH auch deshalb keinen Teilbetrieb, weil sie jeweils 3.000 qm übersteigen und für einen selbständig existenzfähigen Betrieb ausreichenden Betriebsflächen aufwiesen. Zwar liegt ein landwirtschaftlicher Betrieb in der Regel nicht vor, wenn die bewirtschafteten Grundstücksflächen insgesamt nicht größer als 3.000 qm sind, sofern es sich nicht um Intensivnutzungen für Sonderkulturen handelt, z. B. für Gemüse-, Blumen- und Zierpflanzenanbau, Baumschulen oder Weinbau. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass landwirtschaftliche Nutzflächen von mehr als 3.000 qm allein im Hinblick auf ihre Größe jeweils Teilbetriebe darstellen. Der Betriebsaufgabegewinn eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ist nicht wie der laufende Gewinn auf die Kalenderjahre zu verteilen, in denen das Wirtschaftsjahr liegt, sondern gem. § 4a Abs. 2 Nr. 1 S. 2 EStG einheitlich in dem Kalenderjahr zu erfassen, in dem er entstanden ist.
Doppelte Haushaltsführung – Hauptwohnung am Beschäftigungsort
Eine doppelte Haushaltsführung liegt nicht vor, wenn die Hauptwohnung, d. h. der „eigene Hausstand“ i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG, ebenfalls am Beschäftigungsort belegen ist.
Die Hauptwohnung ist i. S. von § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG am Beschäftigungsort belegen, wenn der Steuerpflichtige von dieser seine Arbeitsstätte in zumutbarer Weise täglich erreichen kann. Die Entscheidung darüber obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das FG.
BFH  v. 16.11.2017 - VI R 31/16
Hinweis:
Nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 1 EStG sind notwendige Mehraufwendungen, die einem Arbeitnehmer wegen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen, Werbungskosten, und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die doppelte Haushaltsführung beibehalten wird. Eine doppelte Haushaltsführung liegt nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 S. 2 EStG).
Der Kläger wohnte im Streitjahr mit seiner Ehefrau und den beiden Kindern der Ehefrau in B. Ab März des Streitjahrs bewohnte der Kläger zudem eine Wohnung in A. Von dieser suchte er unter der Woche seine in der Nähe gelegene Arbeitsstätte auf. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Kläger Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte sowie - vergeblich - Mehraufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung in Höhe von insgesamt 15.750 € geltend. Das FA vertrat die Auffassung, dass eine steuerlich anzuerkennende doppelte Haushaltsführung nicht vorliege, da der Kläger von seiner Hauptwohnung seine Arbeitsstätte in zumutbarer Weise täglich aufsuchen könne.
Der BFH hat entschieden, dass keine doppelte Haushaltsführung vorliegt, da die Hauptwohnung ebenfalls am Beschäftigungsort belegen war.
Das FG hat festgestellt, dass der einfache Arbeitsweg des Klägers von B zu seiner regelmäßigen Arbeitsstätte in A 36 km betrug. Es hat die Fahrzeit für diese Wegstrecke mit dem PKW einschließlich eines Zeitzuschlags aufgrund von Staulagen zu den Hauptverkehrszeiten "im Bereich von einer Stunde" geschätzt. Die Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln hat das FG mit durchschnittlich 1:05 bis 1:11 Stunden festgestellt. Bei dieser Sachlage ist die tatsächliche Würdigung des FG, der Kläger habe seine regelmäßige Arbeitsstätte in A von seiner Wohnung in B aus in zumutbarer Weise täglich aufsuchen können, zumindest möglich und damit revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Tarifermäßigung für außerordentliche Einkünfte - Zusammenballung der Einkünfte - Unfallbedingte Entschädigungsleistungen als Ersatz für entgangenes Gehalt - Auswirkungen von Vorschuss- und Abschlagszahlungen auf die Tarifermäßigung - Prozessvergleich als neue Rechtsgrundlage
Die Zahlung eines zu verrechnenden Vorschusses auf die in demselben Veranlagungszeitraum vereinnahmte Entschädigung ist eine die Abwicklung betreffende Zahlungsmodalität und für die Zusammenballung der außerordentlichen Einkünfte i. S. des § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG unschädlich.
Bei einem zeitlichen Abstand zweier selbständiger Entschädigungszahlungen von sechs Jahren fehlt der für die Beurteilung der Einheitlichkeit einer Entschädigungsleistung erforderliche zeitliche Zusammenhang.
BFH  v. 11.10.2017, IX R 11/17
Hinweis:
Sind in dem zu versteuernden Einkommen außerordentliche Einkünfte enthalten, so ist nach § 34 Abs. 1 EStG die darauf entfallende Einkommensteuer nach einem ermäßigten Steuersatz zu bemessen. Nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG kommen als außerordentliche Einkünfte u. a. Entschädigungen in Betracht, die gem. § 24 Nr. 1 Bst. a EStG als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt werden.
Der Kläger ist schwerbehindert (Grad der Behinderung von 80) und bezog im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er wurde als Fahrradfahrer bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt. Seine Behinderung ist die Folge der erlittenen Verletzungen. Im Jahr 2006 wurden durch die Versicherung des Schädigers Zahlungen i. H. v. 15.000 € und 10.000 € an den Kläger geleistet. Der wegen Schadenersatz geführte Rechtsstreit des Klägers mit der Versicherung des Schädigers dauerte bis zum Jahr 2012. Am 09.07.2012 schlossen der Kläger und die Versicherung einen Vergleich, wonach die Versicherung an den Kläger ab dem 01.09.2008 regelmäßige monatliche Zahlungen zu leisten habe. Die Parteien waren sich einig, dass die Versicherung berechtigt sein sollte, im Wege der Verrechnung eine Überzahlung für den Zeitraum bis zum 31.08.2008 i. H. v. 5.500 € sowie eine am 01.02.2012 geleistete weitere Zahlung i. H. v. 10.000 € von den auszuzahlenden Beträgen in Abzug zu bringen. Das FA unterwarf nur einen Teil der Entschädigungszahlungen der ermäßigten Besteuerung. Es setzte den Vorschuss i. H. v. 10.000 €, die Zahlung i. H. v. 5.500 € aus 2006 sowie die im Vergleich vereinbarte Zahlung an und kürzte die zugeflossenen Entschädigungen in 2012 um „laufende Entschädigungszahlungen“.
Der BFH hat entschieden, dass die Zahlung eines zu verrechnenden Vorschusses auf die in demselben Veranlagungszeitraum vereinnahmte Entschädiung eine die Abwicklung betreffende Zahlungsmodalität darstellt und für die Zusammenballung der außerordentlichen Einkünfte i. S. d. § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 EStG unschädlich ist.
Die auf der Rechtsgrundlage des gerichtlichen Vergleichs vereinnahmten Entschädigungszahlungen wurden für den Verdienstausfall des Klägers und damit als Ersatz für entgangene Einnahmen i. S. d. § 24 Nr. 1 Bst. a EStG geleistet. Dies gilt auch für den bereits am 01.02.2012 zur Existenzsicherung des Klägers gezahlten Vorschuss in Höhe von 10.000 €, da der Vergleich ausdrücklich dessen Anrechnung entsprechend seiner Zweckbestimmung auf die für den Verdienstausfall auszuzahlende Entschädigungsleistung vorsieht und damit den Vorschuss bei der Berechnung des Auszahlungsbetrags berücksichtigt. Wenn der Kläger diesen Vorschuss nicht erhalten hätte, hätte die Versicherung auf der Grundlage des Vergleichs als Ausgleich für den Erwerbsschaden am 06.11.2012 eine entsprechend höhere Entschädigung ausgezahlt. Im Streitfall liegt darüber hinaus hinsichtlich der Entschädigungszahlungen im Jahr 2006 einerseits und den Entschädigungszahlungen im Streitjahr andererseits keine einheitliche Gesamtentschädigung vor, deren ratenweise Auszahlung in verschiedenen Veranlagungszeiträumen einer tarifbegünstigten Besteuerung entgegenstünde. Es handelt sich vielmehr um zwei selbständig zu beurteilende Entschädigungen. Im Übrigen fehlt bei einem zeitlichen Abstand zweier selbständiger Entschädigungszahlungen von sechs Jahren auch der für die Beurteilung der Einheitlichkeit einer Entschädigungsleistung erforderliche zeitliche Zusammenhang. Die nach dem Vergleich vom 09.07.2012 zu verrechnende Überzahlung i. H. v. 5.500 € ist mangels Zuflusses i. S. d. § 11 Abs. 1 EStG nicht im Streitjahr zu berücksichtigen.

1.2.Sonstiges

Mittelbare Anteilsvereinigung bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft („RETT-Blocker“)
Bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist, ist als Anteil i. S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG - wie bei einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft - die Beteiligung am Gesellschaftskapital und nicht die sachenrechtliche Beteiligung am Gesamthandsvermögen maßgebend.
Ein Anteilserwerb kann bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft zu einer mittelbaren Anteilsvereinigung i. S. von § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG beitragen oder führen, wenn dem Erwerber nach dem Anteilserwerb mindestens 95 % der Beteiligung am Gesellschaftskapital der Personengesellschaft zuzurechnen sind.
BFH  v. 27.09.2017, II R 41/15
Hinweis:
Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, unterliegt nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG der Steuer - soweit eine Besteuerung nach Abs. 2a der Vorschrift nicht in Betracht kommt - ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers vereinigt werden würden. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG unterliegt der Steuer auch die unmittelbare oder mittelbare Vereinigung von mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft i. S. d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG vorausgegangen ist.
Die Klägerin – eine Limited britischen Rechts – erwarb im Streitjahr alle Aktien an der A-AG. Die A-AG war mittelbar über weitere Kapitalgesellschaften zu rd. 100% an der E-AG beteiligt. Die E-AG hielt eine große Anzahl von Beteiligungen von mindestens 95 % an Kapital- und Personengesellschaften, zu deren Vermögen ebenfalls inländische Grundstücke gehörten. Kurz vor dem Aktienerwerb durch die Klägerin wurde die Beteiligungskette um die C-KG verlängert. Die C-KG hielt mittelbar 5,09 % der Anteile an der E-AG. Komplementärin der C-KG war die C-GmbH mit einer Beteiligung von 0 %. An der C-GmbH war ein außenstehender Dritter zu 5,1 % beteiligt. Durch die Zwischenschaltung der C-KG sollte der Anfall von Grunderwerbsteuer vermieden werden (sog. RETT-Blocker).
Der BFH hat entschieden, dass trotz Zwischenschaltung des (vermeintlichen) RETT-Blockers eine Anteilsvereinigung gem. § 1 Abs. 3 GrEStG vorliegt.
Bei einer zwischengeschalteten Personengesellschaft, die unmittelbar oder mittelbar an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist, ist als Anteil i. S. v. § 1 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 GrEStG - wie bei einer zwischengeschalteten Kapitalgesellschaft - die Beteiligung am Gesellschaftskapital und nicht die sachenrechtliche Beteiligung am Gesamthandsvermögen maßgebend. Die Beteiligung am Gesellschaftskapital der Personengesellschaft vermittelt, soweit sie mindestens 95 % beträgt, die rechtliche Möglichkeit für den beteiligten Gesellschafter, den Willen in der Personengesellschaft in grunderwerbsteuerrechtlich erheblicher Weise durchzusetzen. Diese Möglichkeit hat der Gesellschafter auch in Bezug auf nachgeordnete Gesellschaften, an denen die Personengesellschaft wiederum zu mindestens 95 % beteiligt ist. Die Beteiligung an diesen Gesellschaften ist unmittelbar der Personengesellschaft und mittelbar deren Gesellschafter zuzurechnen. Für die Zurechnung zum qualifiziert beteiligten Gesellschafter ist unerheblich, dass an der zwischengeschalteten Personengesellschaft weitere Gesellschafter mit einem Kapitalanteil von weniger als 5 % oder kapitalmäßig überhaupt nicht beteiligt sind. Zwischenzeitlich erfolgte eine Gesetzesänderung durch Einführung des § 1 Abs. 3a GrEStG. Mit dieser Regelung sollen insbesondere Erwerbsvorgänge mit RETT-Blocker-Strukturen der Besteuerung unterworfen werden. Die neue Regelung stellt deshalb auf die unmittelbare oder/und mittelbare Beteiligung am Kapital oder am Vermögen einer Gesellschaft ab. Damit gilt nicht die sachenrechtliche Beteiligung. Vielmehr sollen alle Beteiligungen am Kapital oder am Vermögen einer Gesellschaft rechtsformneutral anteilig zu berücksichtigen sein. Damit hat der BFH die Einführung der steuerverschärfenden Änderung in § 1 Abs. 3a GrEStG zur Grunderwerbsteuerbarkeit bei sog. Real Estate Transfer Tax-Blocker-Strukturen zum Teil vorweggenommen.
 

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