Rechtsprechung KW 29 - 2022

 

1.Rechtsprechung

1.1.Verfahrensrecht

Rechtsweg für Schadenersatz nach der DSGVO
Für die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen Finanzbehörden wegen behaupteter Verstöße gegen die DSGVO ist der Finanzrechtsweg gegeben.

BFH v. 28.06.2022, II B 92/21

Hinweis
Nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter. Der Kläger machte mit seiner Klage beim FG unter Berufung auf die DSGVO verschiedene datenschutzrechtliche Ansprüche gegen das FA geltend, darunter einen Schadenersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO. Nach Anhörung beider Beteiligter hat das FG das Verfahren betreffend Schadenersatz abgetrennt, den Finanzrechtsweg für unzulässig erklärt und das Verfahren unter Zulassung der Beschwerde nach § 17a Abs. 1 GVG an das örtliche Landgericht verwiesen. Beide Beteiligte haben Beschwerde eingelegt, denen das FG nicht abgeholfen hat. Sie vertreten übereinstimmend die Auffassung, § 32i Abs. 2 AO erfasse auch Schadenersatzansprüche.

Der BFH hat entschieden, dass für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Finanzbehörden wegen behaupteter Verstöße gegen die DSVGO der Finanzrechtsweg gegeben ist.

Die nach § 17a Abs. 4 S. 4 GVG zulässigen Beschwerden sind begründet. Für die Klage gegen das FA, mit der Schadenersatzansprüche nach Art. 82 DSGVO geltend gemacht werden, ist der Finanzrechtsweg gegeben. Einfachgesetzlich ist der Finanzrechtsweg für den Schadenersatzanspruch aus Art. 82 DSGVO gem. § 33 Abs. 1 Nr. 4 FGO i. V. m. § 32i Abs. 2 S. 1 AO eröffnet. Auch aus verfassungsrechtlichen Gründen ergibt sich keine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für den streitigen Schadenersatzanspruch. Es handelt sich nicht um einen Amtshaftungsanspruch i. S. d. Art. 34 S. 1 GG. Eine Vorlage des Rechtsstreits an den EuGH nach Art. 267 AEUV ist nicht veranlasst. Es ist nicht im Ansatz erkennbar, warum Art. 82 DSGVO einer nationalen Regelung entgegenstehen könnte, die den Schadenersatzanspruch ebenso wie andere datenschutzrechtliche Ansprüche der Finanzgerichtsbarkeit zuweist. Ob umgekehrt unionsrechtliche Bedenken bestünden und deshalb ggf. eine Vorlage angezeigt wäre, wenn das nationale Recht die allgemeinen datenschutzrechtlichen Ansprüche einerseits und den Schadenersatzanspruch andererseits unterschiedlichen Gerichten zuwiese - so wie es der Auffassung des FG, aber auch des Hessischen LSG entspricht - muss nicht mehr entschieden werden.


AdV-Verfahren: Ernstliche Zweifel an der Höhe der Säumniszuschläge
Bei summarischer Prüfung bestehen ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen, soweit diese nach dem 31.12.2018 entstanden sind (Anschluss an BFH-Beschluss vom 31.08.2021 - VII B 69/21 (AdV), nicht veröffentlicht).

Aus unionsrechtlichen Grundsätzen (Äquivalenz-, Effizienz-, Verhältnismäßigkeits- und Neutralitätsprinzip) folgen keine weitergehenden Zweifel an der gesetzlichen Höhe der Säumniszuschläge.

BFH v. 23.05.2022, V B 4/22

Hinweis
Wird eine Steuer nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des abgerundeten rückständigen Steuerbetrags zu entrichten; abzurunden ist auf den nächsten durch 50 Euro teilbaren Betrag, § 240 Abs. 1 S. 1 AO.

Nach § 128 Abs. 3 i. V. m. § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2 FGO ist die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige Härte zur Folge hätte.

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der in den Abrechnungsbescheiden zur Umsatzsteuer Mai 2013 sowie 2014 bis 2017 vom 27.04.2021 ausgewiesenen entstandenen und nicht erlassenen Säumniszuschläge. Nachdem das FA im Jahr 2019 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Antragstellerin gestellt hatte, beantragte diese die Erteilung von Abrechnungsbescheiden für alle ab dem 01.01.2010 angefallenen Säumniszuschläge. Die Säumniszuschläge seien im Hinblick auf den darin enthaltenen Zinsanteil verfassungswidrig zu hoch. Die Säumniszuschläge seien auch insoweit zu erlassen, als sie Druckcharakter hätten. Gegen die am 27.04.2021 erlassenen Abrechnungsbescheide zur Umsatzsteuer Mai 2013 sowie 2014 bis 2017, in denen das FA die entstandenen und die noch zu verwirklichenden Säumniszuschläge auswies, legte die Antragstellerin Einspruch ein, der im Hinblick auf das beim BFH anhängige Revisionsverfahren VII R 55/20 ruht. Das FA lehnte die im Hinblick auf die Säumniszuschläge begehrte Aussetzung und Aufhebung der Vollziehung (AdV) ab. Hierauf beantragte die Antragstellerin beim FG die AdV der angefochtenen Abrechnungsbescheide.

Der BfH hat entschieden, dass ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen bestehen, soweit diese nach dem 31.12.2018 entstanden sind.

Ernstliche Zweifel i. S. v. § 69 Abs. 2 S. 2 FGO liegen bereits dann vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheides neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken. Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt. Zur Gewährung der AdV ist es nicht erforderlich, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe im Sinne einer Erfolgswahrscheinlichkeit überwiegen. Ernstliche Zweifel können auch verfassungsrechtliche Zweifel hinsichtlich einer dem angefochtenen Verwaltungsakt zugrunde liegenden Norm sein oder sich aus einem möglichen Verstoß des Steuergesetzes gegen eine unionsrechtliche Bestimmung ergeben. Von diesen Grundsätzen ausgehend ist die Beschwerde der Antragstellerin auf AdV sämtlicher entstandenen und nicht erlassenen Säumniszuschläge teilweise begründet. Es bestehen nur insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der nach dem 31.12.2018 verwirkten Säumniszuschläge, als das FG in seinem Beschluss v. 11.01.2022,12 V 1805/21 in seinem Tenor - anders als in seiner Begründung - die AdV auf die hälftigen nach dem 31.12.2018 entstandenen Säumniszuschläge beschränkt und zudem insoweit den Teilerlass nicht hinreichend berücksichtigt hat. Verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe der Säumniszuschläge ergeben sich insbesondere nicht im Hinblick auf den BFH, Beschluss v. 26.05.2021, VII B 13/21. Darin hat der VII. Senat des BFH zwar erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Höhe der Säumniszuschläge bereits für die Jahre ab 2012 geäußert. Dieser Beschluss ist jedoch durch den BVerfG, Beschluss v. 08.07.2021 jedenfalls bei summarischer Prüfung überholt, wonach die Vollverzinsung von Steueransprüchen nach § 233a AO trotz Verfassungswidrigkeit erst ab dem Verzinsungszeitraum 2019 unanwendbar ist. Aus unionsrechtlichen Grundsätzen (Äquivalenz-, Effizienz-, Verhältnismäßigkeits- und Neutralitätsprinzip) folgen keine weitergehenden Zweifel an der gesetzlichen Höhe der Säumniszuschläge.
 

1.2.Umsatzsteuer

Zur Umsatzbesteuerung der Wärmeabgabe aus einem Blockheizkraftwerk
Entstehen Selbstkosten i. S. von § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG für entgeltliche Lieferungen wie auch für unentgeltliche Wertgaben nach § 3 Abs. 1b UStG, sind diese entsprechend § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen.

Müssen aufgrund einer unentgeltlichen Abgabe von Wärme aus einem Blockheizkraftwerk die Selbstkosten auf den Strom und die Wärme aufgeteilt werden, hat die Aufteilung im Regelfall nicht nach der erzeugten Menge an elektrischer und thermischer Energie (in kWh), sondern nach tatsächlichen oder ggf. fiktiven Umsätzen (Marktwerten) zu erfolgen (entgegen Abschn. 2.5 Abs. 22 S. 6 UStAE).

BFH v. 15.03.2022, V R 34/20

Hinweis
Gem. § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG wird der Umsatz bei Lieferungen i. S. d. § 3 Abs. 1b UStG nach dem Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand oder für einen gleichartigen Gegenstand oder mangels eines Einkaufspreises nach den Selbstkosten, jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes bemessen. Unionsrechtlich beruht dies auf Art. 74 MwStSystRL. Bemessungsgrundlage ist danach der Einkaufspreis für den entnommenen oder einen gleichartigen Gegenstand, hilfsweise der Selbstkostenpreis.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 01.02.2001 wurde die AA Stromerzeugung GbR als sog. Innengesellschaft gegründet. Gesellschafter sind neben dem Kläger, seine Ehefrau sowie sein Sohn. Gegenstand des Unternehmens ist die Stromerzeugung aus Biomasse in einem Blockheizkraftwerk ohne Fremdbezug zur Verteilung. Die durch die Stromproduktion in dieser KWK-Anlage ebenfalls entstehende Abwärme wurde zum Teil auch u. a. zur Versorgung des privaten Wohnhauses, des vom Kläger und seiner Ehefrau betriebenen Hühnermaststalls und des Wärmenetzes der Gemeinde verwendet. Streitig ist, wie - mangels eines Einkaufspreises für Wärme - die Selbstkosten des Betreibers der Kraft-Wärme-Kopplungs­anlage (Biogasanlage) für die Bemessungsgrundlage der Entnahme von Wärme für den Eigenbedarf und die (kostenlose) Lieferung von Wärme an Dritte für die durch die Stromproduktion anfallende Abwärme zu ermitteln sind und ob die Ermittlung der Selbstkosten im Verhältnis der erzeugten Mengen an elektrischer und thermischer Energien in der einheitlichen Messgröße kWh (sog. energetische Aufteilungsmethode) oder nach dem Verhältnis der Marktpreise der produzierten Strom- und Wärmemenge (objektbezogener Umsatzschlüssel) erfolgt.

Der BFH hat entschieden, dass Selbstkosten i. S. v. § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG, die für entgeltliche Lieferungen und unentgeltliche Wertabgaben gem. § 3 Abs. 1 b UStG entstehen, gem. § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen sind.

Das FG hat gegen § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG verstoßen, indem es zu Unrecht den durchschnittlichen Fernwärmepreis anstelle anteiliger Selbstkosten als Bemessungsgrundlage für die unentgeltlichen Wertabgaben angesetzt und die Aufteilung der Selbstkosten nach der „energetischen Methode“ vorgenommen hat. Vorliegend ist die Entscheidung des FG, dass kein Einkaufspreis am Markt für einen gleichartigen Gegenstand ermittelt werden konnte, weil der Kläger nicht an das Fernwärmenetz angeschlossen war, sondern die von ihm produzierte Wärme lediglich an die Gemeinde abgab, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Danach scheidet der durchschnittliche Fernwärmepreis als Bemessungsgrundlage eines Einkaufspreises aus. Denn von einem Fernwärmeversorger produzierte und angebotene Wärme kann nur dann als „gleichartiger Gegenstand“ i. S. v. § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG angesehen werden, wenn sie für den Unternehmer zum Zeitpunkt des Umsatzes grundsätzlich ebenso erreichbar und einsetzbar ist wie die selbst erzeugte Wärme. Die Bemessungsgrundlage gem. § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG bestimmt sich deshalb im Streitfall nach den (anteiligen) Selbstkosten, wenn der Kläger einen Gegenstand (hier: die Biogasanlage) für unterschiedliche Zwecke (hier: die entgeltliche Stromlieferung und die unentgeltliche Zuwendung von Wärme) verwendete, ohne dass eine Anbindung an das Fernwärmenetz bestand. Maßgeblich sind somit die Selbstkosten für die Errichtung und den Betrieb der Biogasanlage. Entstehen Selbstkosten i. S. v. § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG für entgeltliche Lieferungen wie auch für unentgeltliche Wertgaben nach § 3 Abs. 1b UStG, sind diese entsprechend § 15 Abs. 4 UStG aufzuteilen.

Müssen aufgrund einer unentgeltlichen Abgabe von Wärme aus einem Blockheizkraftwerk die Selbstkosten auf den Strom und die Wärme aufgeteilt werden, hat die Aufteilung im Regelfall nicht nach der erzeugten Menge an elektrischer und thermischer Energie (in kWh), sondern nach tatsächlichen oder ggf. fiktiven Umsätzen (Marktwerten) zu erfolgen (entgegen Abschn. 2.5 Abs. 22 S. 6 UStAE).
 

1.3.Einkommensteuer

Einwurf von Grundstücken des Privat- und Betriebsvermögens in ein Umlegungsverfahren
Die Betriebsvermögenseigenschaft eines in das Umlegungsverfahren eingeworfenen Grundstücks setzt sich nur insoweit an dem zugeteilten Grundstück fort, als dieses in Erfüllung des Sollanspruchs gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 BauGB zugeteilt wird (s. BFH-Urteil vom 23.09.2009 - IV R 70/06, BFHE 226, 517, BStBl. II 2010, 270).

Werden Grundstücke des Privat- und des Betriebsvermögens in das Umlegungsverfahren eingeworfen, sind die zugeteilten Surrogationsgrundstücke, wenn diese den eingeworfenen Grundstücken nicht individuell zugeordnet werden können, entsprechend dem Flächen- oder Wertverhältnis dem Privat- und Betriebsvermögen zuzuordnen. Insoweit wird der Einheitlichkeitsgrundsatz ausnahmsweise durchbrochen (Fortentwicklung des BFH-Urteils in BFHE 226, 517, BStBl. II 2010, 270).

BFH v. 12.04.2022, VI R 22/20

Hinweis
Nach ständiger Rechtsprechung wird ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nicht durch die Einstellung der Eigenbewirtschaftung aufgegeben. Wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen erhalten bleiben, sodass die Möglichkeit besteht, den Betrieb selbst oder durch die Erben wiederaufzunehmen, hängt die Annahme einer Betriebsaufgabe, insbesondere in Verpachtungsfällen, letztlich von den Absichten des Steuerpflichtigen ab.

Die Beteiligten streiten um die Besteuerung teils außerhalb und teils innerhalb der Spekulationsfrist vorgenommener Grundstücksveräußerungen nach einem Umlegungsverfahren. Streitig ist, ob die aus einer baurechtlichen Umlegung ehemaligen Ackerlands einschließlich einer Barabfindung erhaltenen und später teilweise veräußerten Baugrundstücke noch zum Betriebsvermögen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs gehören und, sofern dies nicht der Fall sein sollte, wie die Grundstücksveräußerungen zu besteuern sind, wenn die veräußerten Baugrundstücke durch eine Baulandumlegung aus früheren Ackerflächen, die teilweise innerhalb und teilweise außerhalb der Spekulationsfrist entnommen wurden, und aus einer Barabfindung hervorgegangen sind.

Der BFH hat entschieden, dass sich die Betriebsvermögenseigenschaft eines in das Umlegungsverfahren eingeworfenen Grundstücks nur insoweit an dem zugeteilten Grundstück fortsetzt, als dieses in Erfüllung des Sollanspruchs gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 BauGB zugeteilt wird.
Die Flurstücke gehörten nach den den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) ursprünglich zum (notwendigen) Betriebsvermögen des von V und M zunächst selbst bewirtschafteten land- und forstwirtschaftlichen Eigentumsbetriebs. V und M haben diesen Betrieb zu ihren Lebzeiten nicht aufgegeben. Mit der unentgeltlichen Übertragung der im Eigentum der M verbliebenen landwirtschaftlichen Flächen auf A, B und C als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts hat M ihren ruhenden Verpachtungsbetrieb gemäß § 6 Abs. 3 EStG im Ganzen auf die A, B, C GbR übertragen. Die landwirtschaftlichen Grundstücke haben mit der Übertragung ihre Eigenschaft als Betriebsvermögen damit nicht verloren. Mit dem Einwurf des nach den vorstehenden Ausführungen zum Betriebsvermögen der Klägerin gehörenden Flurstücks und weiterer privater Flurstücke wurden diese Grundstücke anteilig veräußert.

Da die in das Umlegungsverfahren eingebrachten Flurstücke nach den vorstehenden Ausführungen sowohl zum Privatvermögen von A, B und C als auch zum Betriebsvermögen der Klägerin gehörten, ist für die weitere Behandlung sowohl des anteilig veräußerten Flurstücks als auch der im Umlegungsverfahren erhaltenen Surrogationsgrundstücke das insoweit bestehende Flächen- bzw. Wertverhältnis relevant.


Tilgung eines Darlehens i. S. des § 92a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG
Weder reine Zinszahlungen noch Sparleistungen sind als „Tilgung eines Darlehens“ i. S. des § 92a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG anzusehen.

BFH v. 16.02.2022, X R 20/20

Hinweis
Nach § 92a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG kann der Zulageberechtigte das in einem Altersvorsorgevertrag gebildete und geförderte Kapital unter bestimmten Voraussetzungen bis zum Beginn der Auszahlungsphase unmittelbar für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung oder zur Tilgung eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens verwenden, wenn das dafür entnommene Kapital mindestens 3.000 € beträgt.

Die Beteiligten streiten um die Auslegung des Tatbestandsmerkmals der „Tilgung eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens“ des § 92a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG. Das FG der ersten Instanz vertrat die Auffassung, dass der Begriff der Tilgung sowohl die planmäßige wie auch die außerplanmäßige Rückzahlung von Schulden bezeichne die sich aus einem Tilgungs- und einem Zinsanteil zusammensetzten. Mangels gesetzlicher Definition beschränke sich die Tilgung eines Darlehens i. S. d. § 92a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG nicht auf die Zurückführung der eigentlichen Darlehensschuld.

Der BFH hat entschieden, dass weder reine Zinszahlungen noch Sparleistungen als Tilgung eines Darlehens i. S. d. § 92a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG anzusetzen sind.

Jedenfalls bei reinen Zinszahlungen handelt es sich nicht um eine Tilgung i. S. d. § 92a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG. Die Tilgung eines Darlehens verlangt bereits von ihrem Wortsinn und allgemeinen Sprachgebrauch ein zumindest teilweises Erlöschen des Rückzahlungsanspruchs des Gläubigers. Der Senat kann dem FG auch zivilrechtlich nicht darin folgen, dass dort auch eine reine Zinszahlung als Tilgung nicht nur einer Zinsschuld, sondern auch als Tilgung der Darlehensschuld angesehen wird. Keine der vom FG angeführten zivilrechtlichen Regelungen „Tilgung der gesamten fälligen Schuld“ (§ 497 Abs. 3 S. 1 BGB), „Tilgung sämtlicher Schulden“ (§ 366 Abs. 1 BGB) umfasst reine Zinszahlungen ohne gleichzeitige Tilgung der diese auslösenden Darlehensschuld. Soweit § 367 Abs. 1 BGB den Begriff „Tilgung der ganzen Schuld“ erwähnt und in diesem Zusammenhang von „Hauptleistung, Zinsen und Kosten“ spricht, geht daraus jedenfalls eindeutig hervor, dass allein eine „Tilgung der Zinsschuld“ nicht zugleich als „Tilgung der Hauptschuld“ (d. h. hier: des Darlehens) anzusehen ist. Vor allem können Zinszahlungen einkommensteuerrechtlich nicht unter den Begriff der „Tilgung eines Darlehens“ subsumiert werden. Dass Sparleistungen insbesondere auf einen Bausparvertrag nicht als „Tilgung eines Darlehens“ i. S. d. § 92a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG angesehen werden können, hat der Senat bereits entschieden.

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