Rechtsprechung KW 18 - 2022

 

1.Rechtsprechung

1.1.Einkommensteuer

Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 17.05.2018 VI R 66/15 - Aufgabe eines landwirtschaftlichen Betriebs - Verpächterwahlrecht bei Realteilung einer Mitunternehmerschaft - Die Entscheidung wurde nachträglich zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt; sie war seit dem 08.10.2018 als NV-Entscheidung abrufbar.
Ein landwirtschaftlicher (Eigentums-)Betrieb wird mit der Übertragung sämtlicher landwirtschaftlicher Nutzflächen aufgegeben (Bestätigung des Senatsurteils vom 16.11.2017 VI R 63/15, BFHE 260, 138).

Das Verpächterwahlrecht setzt auch bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft voraus, dass die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Wirtschaftsgüter mitverpachtet werden. Daran fehlt es, wenn eine Mitunternehmerschaft nach Aufgabe ihres land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs ihre wesentlichen Betriebsgrundlagen (Grundstücke) den Mitunternehmern jeweils zu Alleineigentum überträgt.

Die Grundsätze der Realteilung sind in einem solchen Fall nur anwendbar, wenn die bisherigen Mitunternehmer die ihnen zugeteilten Grundstücke einem eigenen Betriebsvermögen widmen.

Die bloße Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen führt als solche grundsätzlich nicht zu land- und forstwirtschaftlichem Betriebsvermögen des Verpächters.

BFH v. 17.05.2018, VI R 73/18

Hinweis
Eine Betriebsaufgabe i. S. v. § 16 Abs. 3 EStG liegt vor, wenn der Steuerpflichtige den Entschluss gefasst hat, seine betriebliche Tätigkeit einzustellen und seinen Betrieb als selbständigen Organismus des Wirtschaftslebens aufzulösen, und wenn er in Ausführung dieses Entschlusses alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs in einem einheitlichen Vorgang innerhalb kurzer Zeit an verschiedene Abnehmer veräußert oder in das Privatvermögen überführt.

Die Großeltern der Klägerinnen unterhielten einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Bis 1977 bewirtschafteten die Großeltern den Betrieb selbst. Anschließend verpachteten sie ihn parzelliert. Es fanden in der Folgezeit diverse Grundstücksübertragungen statt. Die verbliebenen landwirtschaftlichen Grundstücke wurden auf die beiden Söhne als Miteigentümer übertragen. Die Mieteigentümergemeinschaft wurde in der Folgezeit auseinandergesetzt. Streitig ist, ob es sich bei den in den Streitjahren von der Klägerin veräußerten und von dieser an ihren Ehemann übertragenen Grundstücken um landwirtschaftliches Betriebsvermögen handelte, oder der Betrieb schon von der Vorgängergeneration dadurch aufgegeben worden war, dass die Grundstücke - mit Ausnahme eines einzigen Grundstücks von weniger als 3.000 qm – „für Zwecke der Auseinandersetzung der Miteigentümergemeinschaft“ jeweils einem der damaligen Bruchteilseigentümer zu Alleineigentum übertragen worden waren.

Der BFH hat entschieden, dass das Verpächterwahlrecht auch bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft voraussetzt, dass die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Wirtschaftsgüter mitverpachtet werden. Daran fehlt es, wenn eine Mitunternehmerschaft nach Aufgabe ihres land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs ihre wesentlichen Betriebsgrundlagen (Grundstücke) den Mitunternehmern jeweils zu Alleineigentum überträgt.

Ein landwirtschaftlicher (Eigentums-)Betrieb wird mit der Übertragung sämtlicher landwirtschaftlicher Nutzflächen an Dritte aufgegeben. Denn der Grund und Boden ist für dessen Betriebsfortführung unerlässlich. Die bloße Verkleinerung eines Eigentumsbetriebs führt demgegenüber nicht zu einer Betriebsaufgabe. Das gilt auch dann, wenn die verbleibenden landwirtschaftlich genutzten Flächen eine ertragreiche Bewirtschaftung nicht mehr ermöglichen.

Nach diesen Maßstäben wurde der Betrieb durch die Teilauseinandersetzung aufgegeben. Mit der Aufgabe des Betriebs der Miteigentümergemeinschaft haben die landwirtschaftlichen Grundstücke ihre Eigenschaft als Betriebsvermögen verloren. Es gibt keine Rechtsgrundlage dafür, die Flurstücke auch nach Auflösung der Miteigentümergemeinschaft (weiterhin) als Betriebsvermögen zu behandeln. Das Verpächterwahlrecht setzt auch bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft voraus, dass die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Wirtschaftsgüter mitverpachtet werden. Daran fehlt es, wenn eine Mitunternehmerschaft nach Aufgabe ihres land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs ihre wesentlichen Betriebsgrundlagen (Grundstücke) den Mitunternehmern jeweils zu Alleineigentum überträgt. Die Grundsätze der Realteilung sind in einem solchen Fall nur anwendbar, wenn die bisherigen Mitunternehmer die ihnen zugeteilten Grundstücke einem eigenen Betriebsvermögen widmen. Die bloße Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen führt als solche grundsätzlich nicht zu land- und forstwirtschaftlichem Betriebsvermögen des Verpächters.
 

2.Verwaltungsanweisungen

2.1.Umsatzteuer

Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation
Das BMF hat zum Begriff des Wiederverkäufers bei der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation Stellung genommen und den UStAE angepasst.

BMF v. 02.05.2022

Die Bereitstellung von Internet- und/oder TV-Anschluss an einen Unternehmer stellt eine sonstige Leistung auf dem Gebiet der Telekommunikation dar. Der Leistungsort bestimmt sich nach § 3a Abs. 2 UStG. Der Leistungsempfänger ist gem. § 13b Abs. 2 Nr. 12 i. V. m. Abs. 5 S. 6 UStG Steuerschuldner, wenn er ein Unternehmer ist, dessen Haupttätigkeit in Bezug auf den Erwerb dieser Dienstleistung in deren Erbringung besteht und dessen eigener Verbrauch von untergeordneter Bedeutung ist (sog. Wiederverkäufer).

Der Begriff des Wiederverkäufers ist grundsätzlich eng auszulegen. Wohnungseigentümergemeinschaften und Vermieter, die Telekommunikationsdienstleistungen an die einzelnen Wohnungseigentümer bzw. Mieter weitergeben, werden jedoch regelmäßig nicht von dem Begriff des Wiederverkäufers umfasst.

Der UStAE wird in Abschnitt 4.12.1 Abs. 5 S. 3 wie folgt gefasst:
Als Nebenleistungen sind in der Regel die Lieferung von Wärme, die Versorgung mit Wasser, auch mit Warmwasser, die Überlassung von Waschmaschinen, die Flur- und Treppenreinigung, die Treppenbeleuchtung, die Lieferung von Strom sowie die Bereitstellung von Internet- und/oder TV-Anschluss durch den Vermieter anzusehen (vgl. BFH-Urteil v. 15.01.2009, V R 91/07, BStBl. 2009 II, 615, und EuGH-Urteile v. 11.06.2009, C-572/07, RLRE Tellmer Proberty, u. v.  27.09.2012, C-392-11, Field Fisher Waterhouse).

In Abschnitt 13b.7b UStAE werden nach Absatz 6 folgende Absätze 7 und 8 angefügt:
(7) Wohnungseigentümergemeinschaften sind für Telekommunikationsdienstleistungen als Leistungsempfänger nicht Steuerschuldner, wenn diese Leistungen als nach § 4 Nr. 13 UStG steuerfreie Leistungen der Wohnungseigentümergemeinschaften an die einzelnen Wohnungseigentümer weitergegeben werden. Dies gilt auch, wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft derartige Umsätze nach § 9 Abs. 1 UStG als steuerpflichtig behandelt.
(8) Vermieter sind für Telekommunikationsdienstleistungen als Leistungsempfänger nicht Steuerschuldner, wenn diese Leistungen als nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfreie Nebenleistungen der Vermieter an die einzelnen Mieter weitergegeben werden. Dies gilt auch, wenn der Vermieter derartige Umsätze nach § 9 Abs. 1 UStG als steuerpflichtig behandelt.
 

2.2.Bilanzsteuerrecht

Bewertung von Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG und von Rückstellungen für Zuwendungen anlässlich eines Dienstjubiläums
Das BMF hat ein Schreiben zum maßgebenden Finanzierungsendalter bei der Bewertung von Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG und von Rückstellungen für Zuwendungen anlässlich eines Dienstjubiläums veröffentlicht.

BMF v. 02.05.2022

Der BFH hat mit Urteil v. 20.11.2019, XI R 42/18 entschieden, dass bei verschiedenen gegenüber einem Arbeitnehmer im Rahmen von Entgeltumwandlungen erteilten Pensionszusagen mit jeweils unterschiedlichen Pensionsaltern nach Wahl des Berechtigten hinsichtlich des jeweiligen Finanzierungsendalters auf den in den einzelnen Zusagen festgelegten Leistungszeitpunkten abzustellen ist.

Die Grundsätze des BFH-Urteils sind in allen noch offenen Fällen unter Berücksichtigung der folgenden Änderungen anzuwenden:

Bewertung von Pensionsrückstellungen nach § 6a EStG, zweites Wahlrecht gem. R 6a Abs. 11 S. 3 ff. EStR 2012:
Nach R 6a Abs. 11 S. 10 EStR gilt die gegenüber einem Pensionsberechtigten getroffene Wahl des bei der Ermittlung des Teilwertes zu berücksichtigenden Pensionsalters einheitlich für die gesamte Pensionsverpflichtung einschließlich eventueller Entgeltumwandlungen. Diese Regelung ist nicht weiter anzuwenden. Das zweite Wahlrecht kann für unterschiedliche Pensionszusagen des Berechtigten unabhängig voneinander ausgeübt werden. Wurde bei der Teilwertermittlung einer Versorgungsverpflichtung das Pensionsalter unter Bezugnahme auf R 6a Abs. 11 S. 10 EStR in Übereinstimmung mit einer weiteren gegenüber dem Berechtigten erteilten Zusage angesetzt, kann das zweite Wahlrecht nach R 6a Abs. 11 S. 3 EStR spätestens in der Bilanz des nach dem 29.06.2023 endenden Wirtschaftsjahres einmalig neu ausgeübt oder eine frühere Ausübung dieses Wahlrechtes zurückgenommen werden; R 6a Abs. 11 S. 15 EStR ist zu beachten.

Rückstellungen für Zuwendungen anlässlich eines Dienstjubiläums (sog. Jubiläumsrückstellungen):
Bei der Bewertung von Rückstellungen für Zuwendungen anlässlich eines Dienstjubiläums (Jubiläumsrückstellungen) ist nach Rn. 8 S. 2 des BMF, Schreiben v. 08.12.2008 - IV C 6 – S 2137/07/10002 in den Fällen, in denen für den Begünstigten neben den Jubiläumsleistungen auch eine Pensionszusage besteht, dasselbe Alter zu berücksichtigen, das nach R 6a Abs. 11 EStR bei der Bewertung der Pensionsrückstellung angesetzt wird. Diese Regelung ist nicht weiter anzuwenden. Für die Bestimmung des Zeitpunktes, zu dem der Begünstigte wegen des Eintritts in den Ruhestand aus dem Unternehmen ausscheidet, ist ausschließlich das dienstvertragliche Pensionsalter, spätestens die jeweilige Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung zugrunde zu legen (BMF v. 08.12.2008 - IV C 6 – S 2137/07/10002, Rn. 8 S. 1).v

Neueste Einträge