Rechtsprechung KW 16 - 2022

 

1.Rechtsprechung

1.1.Erbschaft-/Schenkungsteuer

Kosten für ein Grabdenkmal als Nachlassverbindlichkeiten
Zu den Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal i. S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 S. 1 ErbStG können auch Aufwendungen für eine Zweitgrabstätte gehören, wenn die erste Grabstätte nur als vorübergehende Ruhestätte des Verstorbenen bestimmt war.

Die Angemessenheit eines Grabdenkmals richtet sich neben dem Umfang des Nachlasses nach der Lebensstellung des Erblassers. Entscheidend ist, was nach den in den Kreisen des Erblassers herrschenden Auffassungen und Gebräuchen zu einer würdigen Bestattung gehört.

BFH v. 01.09.2021, II R 8/20

Hinweis
Bei einem Erwerb von Todes wegen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gilt als Bereicherung der Betrag, der sich ergibt, wenn von dem nach § 12 ErbStG zu ermittelnden Wert des gesamten Vermögensanfalls, soweit er der Besteuerung nach dem ErbStG unterliegt, die nach § 10 Abs. 3 bis 9 ErbStG abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden (§ 10 Abs. 1 S. 2 ErbStG). Die vom Erblasser herrührenden Schulden sind nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig.

Im Streitfall hatte der Erbe, nachdem sein verstorbener Bruder in einem herkömmlichen Grab bestattet worden war, ein aufwendiges Mausoleum als zweite Grabstätte in Auftrag gegeben und die Kosten hierfür in seiner Erbschaftsteuererklärung geltend gemacht. Das Finanzamt und das Finanzgericht lehnten den Abzug ab.

Der BFH hat entschieden, dass der Erbe durch Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal seine Erbschaftsteuer mindern kann. Es spielt keine Rolle, wenn es sich dabei um ein Zweitgrab handelt. Voraussetzung ist aber, dass der Erblasser dort seine letzte Ruhe findet.

Nach Auffassung des BFH sind zwar grundsätzlich nur die Kosten für ein zeitlich zuerst errichtetes Grabdenkmal bei der Erbschaftsteuer abzugsfähig. Es kann aber auch Fälle geben, in denen aus verschiedenen Gründen der Verstorbene zunächst nur provisorisch in einer ersten Grabstätte und dann im Anschluss dauerhaft in einem Zweitgrab bestattet wird. Für das zweite Grabdenkmal sind Kosten in angemessener Höhe abzugsfähig. Was angemessen ist, bestimmt sich im Einzelfall danach, wie der Erblasser gelebt hat und wieviel er hinterlassen hat. Außerdem ist zu berücksichtigen, welche Bräuche und religiösen Vorgaben in seinen Kreisen für eine würdige Bestattung üblich sind. In der Praxis sollte der Erbe diesbezüglich frühzeitig Nachweise sammeln und dem Finanzamt vorlegen. Überschreiten die Kosten im Einzelfall die Angemessenheit, sind sie entsprechend zu kürzen und nur die angemessenen zu berücksichtigen.
 

1.2.Umsatzsteuer

Unentgeltlichkeit der Wärmeabgabe
Liefert ein Unternehmer mit einer von ihm hergestellten Biogasanlage vorsteuerabzugsberechtigt Strom gegen Entgelt, während er die mit der Anlage erzeugte Wärme unentgeltlich auf andere Personen überträgt, handelt es sich bei der Wärmelieferung um eine Zuwendung i. S. von § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 3 und S. 2 UStG.

BFH v. 25.11.2021, V R 45/20

Hinweis
Einer Lieferung gegen Entgelt wird gem. § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 3 UStG jede andere unentgeltliche Zuwendung eines Gegenstands, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens, gleichgestellt.

Auf eine Entnahme für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, kommt es hierfür anders als bei § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1 UStG nicht an. Voraussetzung ist aber nach Satz 2 dieser Vorschrift, dass der Gegenstand oder seine Bestandteile zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.

Die Klägerin, eine KG, errichtete eine Biogasanlage, die sie im Jahr 2006 in Betrieb nahm. Den mit der Anlage erzeugten Strom lieferte sie gegen Entgelt und machte aus den Errichtungskosten den Vorsteuerabzug geltend. Das FA folgte den Umsatzsteuerjahreserklärungen der Klägerin, die Steuerfestsetzungen unter Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 AO gleichstanden. Mit zwei im März 2006 und Oktober 2008 abgeschlossenen Verträgen verpflichtete sich die Klägerin zur unentgeltlichen Lieferung von Wärme an zwei GbRs. In den Jahren 2009 und 2010 erweiterte die Klägerin ihre Anlage und machte auch insoweit den Vorsteuerabzug geltend. Im Anschluss an eine Außenprüfung ging das FA für die Streitjahre davon aus, dass die unentgeltlichen Wärmelieferungen zu einer unentgeltlichen Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 3 UStG geführt haben. Diese sei nach den Selbstkosten zu bemessen. Eine erst im Zusammenhang mit der Außenprüfung getroffene Preisvereinbarung für die Wärmelieferungen erkannte das FA nicht an und sah vier hierüber gegenüber den GbRs erteilte Rechnungen als unbeachtlich an. Der Einspruch gegen die Umsatzsteuerbescheide hatte keinen Erfolg. Demgegenüber gab das FG der Klage überwiegend statt. Nach dem FG-Urteil liegt mit der kostenlosen Abgabe von Wärme an die beiden GbRs, die die Klägerin von vorneherein beabsichtigt habe, zwar tatbestandlich eine unentgeltliche Zuwendung i. S. v. § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 3 UStG vor. Gleichwohl sei diese aber nach Satz 2 dieser Vorschrift nicht steuerbar.

Der BFH hat entschieden, dass die unentgeltliche Abgabe der Wärme bei einer Biogasanlage eine Zuwendung i. S. d. § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 3 u. S. 2 UStG darstellt.

Die für die Zuwendung nach § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 3 UStG erforderliche Unentgeltlichkeit hat das FG im Ergebnis zu Recht bejaht. Im Streitfall folgt die Unentgeltlichkeit aus dem Fehlen einer zu einem Entgelt führenden Preisvereinbarung, für die das FG in den zwischen den Beteiligten geführten Parallelverfahren, betreffend der dortigen Streitjahre 2012 bis 2017 zutreffend auf die Gesamtumstände des ohne wesentliche Änderung auch die Streitjahre 2007 bis 2009 umfassenden Streitfalls abgestellt hat. Die weiteren Voraussetzungen des § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 3 UStG liegen vor. Die unentgeltliche Übertragung der Wärme als Gegenstand auf die beiden GbRs als Empfängerinnen führte dazu, dass die Klägerin diesen jeweils zielgerichtet einen Vermögensvorteil verschafft hat. Soweit der BFH zudem darauf abstellt, dass ein „unversteuerter Endverbrauch droht“, ist auch diese Voraussetzung erfüllt, da die auf die beiden GbRs übertragene Wärme einem derart eigenständigen Endverbrauch zugeführt werden konnte. Entgegen dem Revisionsvortrag der Klägerin ist es für die Zuwendungsbesteuerung nach § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 3 UStG unerheblich, ob der Zuwendende außerunternehmerische Zwecke verfolgt. Entgegen dem Urteil des FG ist auch die Berechtigung zum Vorsteuerabzug nach § 3 Abs. 1b S. 2 UStG zu bejahen. Für die Frage, ob der nach § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 3 UStG zugewendete Gegenstand entsprechend dem Satz 2 dieser Regelung zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, ist bei Gegenständen, die der Unternehmer mit eigenen Produktionsmitteln herstellt, darauf abzustellen, ob er aus dem Erwerb derartiger Anlagen zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. Dementsprechend hat der BFH bereits zu einem Blockheizkraftwerk ausdrücklich entschieden, dass in der Verwendung von dort erzeugtem Strom und Wärme für den Eigenbedarf eine der Umsatzbesteuerung unterliegende Entnahme i. S. v. § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 1 UStG liegt, wenn der Betreiber den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung des Kraftwerks geltend gemacht hat. Dabei bejaht der BFH den die Entnahme nach § 3 Abs. 1b S. 2 UStG begründenden Vorsteuerabzug auch dann, wenn der Betreiber von Anfang an teilweise eine private Strom- und Wärmenutzung beabsichtigt. Da § 3 Abs. 1b S. 2 UStG nicht zwischen den einzelnen Tatbeständen des § 3 Abs. 1b S. 1 UStG unterscheidet, gilt dies ebenso im Rahmen von § 3 Abs. 1b S. 1 Nr. 3 UStG.

Der vollumfängliche Vorsteuerabzug in Bezug auf Produktionsmittel, die der Unternehmer auch für Entnahme- oder Zuwendungszwecke verwendet, steht entgegen dem Urteil des FG nicht im Widerspruch zur Versagung des Vorsteuerabzugs bei einer ausschließlichen Entnahmeverwendung. Die Klägerin ist zum vollen Vorsteuerabzug aus der Errichtung der Biogasanlage berechtigt. Da die Mitnutzung für unentgeltliche Wärmelieferungen den Vorsteuerabzug aus den Errichtungskosten für die Anlage nicht einschränkt, ist entgegen dem FG-Urteil nicht über eine Vorsteueraufteilung, sondern über die Bemessung dieser Entnahme nach § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG zu entscheiden.


Erstattungsberechtigter nach § 37 Abs. 2 S. 1 AO
Erstattungsberechtigt i. S. von § 37 Abs. 2 S. 1 AO ist derjenige, auf dessen Rechnung und nicht auf dessen Kosten eine Zahlung bewirkt worden ist.

Es kommt nicht darauf an, von wem und mit wessen Mitteln gezahlt worden ist, sondern nur darauf, wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, so wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem FA gegenüber erkennbar hervorgetreten ist, getilgt werden sollte. Dies gilt auch im Fall einer vermeintlichen Organschaft.

BFH v. 14.12.2021, VII R 20/18

Hinweis
Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags (§ 37 Abs. 2 S. 1 AO).

Die Beteiligten streiten über den Erstattungsanspruch eines vermeintlichen Organträgers in Bezug auf Umsatzsteuervorauszahlungen, die von einem Konto der vermeintlichen Organgesellschaft eingezogen worden sind. In den Jahren 2004 bis 2008 hatte die Klägerin, eine GbR, wesentliche Betriebsgrundlagen an die GmbH vermietet. Sowohl die Klägerin als auch das FA hatten damals angenommen, dass zwischen der Klägerin und der GmbH eine umsatzsteuerliche Organschaft i. S. v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bestehe, mit der Klägerin als Organträgerin und der GmbH als Organgesellschaft. Die für die Jahre 2004 bis 2008 für die Klägerin nach § 18 UStG berechneten und übermittelten Vorauszahlungen waren jeweils von einem Konto der GmbH im Wege des Lastschriftverfahrens beglichen worden. Für dieses Konto hatte die GmbH dem FA unter der Steuernummer der Klägerin eine Einzugsermächtigung erteilt. 2008 wurde über das Vermögen der GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Klägerin vertrat nunmehr die Auffassung, mangels organisatorischer Eingliederung habe in den Jahren ab 2004 keine umsatzsteuerliche Organschaft mit der GmbH bestanden.

Der BFH hat entschieden, dass erstattungsberechtigt i. S. v. § 37 Abs. 2 S. 1 AO derjenige ist, auf dessen Rechnung und nicht auf dessen Kosten eine Zahlung bewirkt worden ist.

Die Beteiligten sind im Zeitpunkt der jeweiligen Zahlung davon ausgegangen, dass allein die Klägerin Steuerschuldnerin der Umsatzsteuer war, die auf den Umsätzen der GmbH beruhte, und entsprechend dieser vermeintlichen Rechtslage sind die streitigen Umsatzsteuerzahlungen durch Einziehung auch geleistet worden. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG hatte die GmbH dem FA unter der Steuernummer der Klägerin eine Einzugsermächtigung erteilt und aufgrund dieser Ermächtigung zog das FA die streitigen Beträge mit der Fälligkeit der jeweiligen Umsatzsteuerschuld vom Konto der GmbH ein. Die sich an diese Feststellungen anschließende, nicht mit Verfahrensrügen angegriffene Würdigung des FG, die eingezogenen Beträge seien nach dem für das FA erkennbaren Willen der GmbH „auf die Steuerschulden der Klägerin geleistet“ bzw. „zur Tilgung der gegenüber der Klägerin formell festgesetzten Umsatzsteuerschulden erbracht“ worden, ist nicht nur möglich, sondern naheliegend. Der Umstand, dass nach § 73 S. 1 AO eine Organgesellschaft für solche Steuern des Organträgers haftet, für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist, rechtfertigt entgegen der Auffassung des FA kein anderes Ergebnis.
 

1.3.Einkommensteuer

Kindergeld für ein langfristig erkranktes Kind bei fortbestehendem Ausbildungsverhältnis
Eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung wegen Berufsausbildung scheidet aus, wenn Ausbildungsmaßnahmen im Rahmen des fortbestehenden Ausbildungsverhältnisses wegen einer nicht vorübergehenden Erkrankung unterbleiben. In Betracht kommt dann eine Berücksichtigung wegen Behinderung (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 EStG).

Eine Krankheit ist nicht vorübergehend, wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit eine länger als sechs Monate dauernde Beeinträchtigung zu erwarten ist (vgl. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX).

BFH v. 15.12.2021, III R 43/20

Hinweis
Nach § 62 Abs. 1 S. 1, § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i. V. m. § 32 Abs. 4 S. 1 EStG wird Kindergeld für ein Kind gewährt, welches das 18., aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Bst. a EStG) oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 EStG).

Im Streitfall hatte ein junger Erwachsener während seiner Ausbildung einen schweren Unfall mit Schädelbasisbruch und Schädel-Hirn-Trauma erlitten und nach dem Krankenhausaufenthalt verschiedene Reha-Maßnahmen durchlaufen, von denen die letzte 17 Monate nach dem Unfall begann. Das FG sprach Kindergeld für die ersten acht Monate nach dem Unfall zu, weil das Ausbildungsverhältnis fortbestanden habe und der Wille, die Ausbildung baldmöglichst fortzusetzen, in mehrfacher Hinsicht belegt sei.

Der BFH hat entschieden, dass eine Kindergeldgewährung wegen Berufsausbildung nicht möglich ist, wenn Ausbildungsmaßnahmen im Rahmen des fortbestehenden Ausbildungsverhältnisses wegen einer langfristigen Erkrankung des Kindes unterbleiben. In Betracht kommt dann aber eine Berücksichtigung wegen Behinderung.

Der BFH ist dem entgegengetreten und hat die Sache zu weiterer Sachaufklärung an das FG zurückverwiesen. In einer Berufsausbildung i. S. d. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Bst. a EStG befindet sich ein Kind dann, wenn es sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Eine Unterbrechung der Ausbildung, z. B. wegen einer Erkrankung, ist unschädlich, wenn diese vorübergehend ist. Wird die Erkrankung aber mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate andauern, kann das Kind nicht mehr wegen seiner Ausbildung berücksichtigt werden. Das FG muss nun klären, ob die sechs Monate übersteigende Erkrankungsdauer bereits in den ersten Monaten nach dem Unfall mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartet wurde. Falls zunächst eine schnellere Genesung als möglich erschien, könnte der Kindergeldanspruch, so der BFH weiter, für diesen Zeitraum noch wegen des fortbestehenden Ausbildungsverhältnisses begründet sein. Für die Monate, in denen eine Berücksichtigung wegen Ausbildung aufgrund des dann mit hoher Wahrscheinlichkeit erwarteten und eingetretenen langwierigen Heilungsprozesses nicht in Betracht kommt, ist zu prüfen, ob das Kind behinderungsbedingt außerstande war, sich selbst zu unterhalten und deshalb nach § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 EStG zu berücksichtigen ist.
 

1.4.Sonstiges

Hinzurechnung der auf den Mieter umgelegten Grundsteuer
Grundsteuer, die vertraglich auf den Mieter oder Pächter eines Gewerbegrundstücks umgelegt wird, ist nach § 8 Nr. 1 Bst. e GewStG gewerbesteuerrechtlich hinzuzurechnen.

BFH v. 02.02.2022, III R 65/19

Hinweis
Nach § 8 Nr. 1 Bst. e GewStG wird zur Ermittlung des Gewerbeertrags dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ein Viertel der Summe aus der Hälfte der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung der unbeweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, hinzugerechnet, soweit die Aufwendungen bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind.

Im Streitfall hatte die Klägerin, eine GmbH, von ihren Gesellschaftern ein Betriebsgebäude gemietet. Im Mietvertrag war vereinbart, dass die Klägerin als Mieterin die Grundsteuer tragen sollte. Das Finanzamt vertrat die Ansicht, dass die auf die Klägerin vertraglich umgelegte Grundsteuer zu der von ihr zu zahlenden Miete gehöre und deshalb gewerbesteuerrechtlich hinzuzurechnen sei. Das FG sah das anders und gab der Klage statt.

Der BFH hat entschieden, dass Grundsteuer, die vom Vermieter geschuldet, aber vertraglich auf den gewerbetreibenden Mieter umgelegt wird, zur Miete gehört und deshalb gewerbesteuerrechtlich dem Gewinn z. T. hinzuzurechnen ist.

Dem folgte der BFH nicht. Er hob deshalb das Urteil des FG auf. Der vom Gesetz verwendete Begriff der Miet- und Pachtzinsen ist wirtschaftlich zu verstehen. Dazu gehören auch vom Mieter getragene Aufwendungen, die nach dem gesetzestypischen Lastenverteilungssystem eigentlich vom Vermieter zu tragen wären, aber vertraglich vom Mieter übernommen werden. Ein derartiger Fall lag hier vor. Schuldner der Grundsteuer ist der Eigentümer, d. h. der Vermieter. Zivilrechtlich kann die Grundsteuer jedoch auf den Mieter überwälzt werden. Sie fließt damit in den Mietzins ein, der gewerbesteuerrechtlich z. T. hinzuzurechnen ist. Die Hinzurechnung kann somit nicht dadurch reduziert werden, dass der Mieter Aufwendungen übernimmt, die eigentlich vom Vermieter zu tragen wären und dieser im Gegenzug einen entsprechend geminderten Mietzins akzeptiert. 
 

2.Verwaltungsanweisungen

2.1.Körperschaftsteuer

Anerkennung einer Einlagenrückgewähr aus Drittstaaten-Körperschaften
Das BMF hat zur Rückzahlung von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen und zur Rückzahlung von Nennkapital durch Drittstaaten-Kapitalgesellschaften Stellung genommen.

BMF v. 21.04.2021

Zur Rechtslage vor Einführung des § 27 Abs. 8 KStG hat der BFH mit den Urteilen vom 20.10.2010, I R 117/08 u. v. 13.07.2016, entschieden, dass im Fall einer Drittstaaten-Kapitalgesellschaft eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr vorliegen kann, sofern unter Heranziehung des einschlägigen ausländischen Handels- und Gesellschaftsrechts von einer Rückzahlung aus einer Kapitalrücklage bzw. von der Rückzahlung von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen auszugehen sei.

Im Urteil vom 13.07.2016, VIII R 47/13 hat der BFH für die Rechtslage nach Einführung des § 27 Abs. 8 KStG entschieden, dass eine Einlagenrückgewähr auch von einer Gesellschaft getätigt werden kann, die in einem Drittstaat ansässig ist und für die kein steuerliches Einlagekonto nach § 27 KStG geführt wird. Diese Auffassung hat der BFH mit Urteil vom 10.04.2019, I R 15/16, bestätigt und in Fortentwicklung seiner Rechtsprechung entschieden, dass zwar die Höhe des ausschüttbaren Gewinns einer Drittstaatengesellschaft nach dem jeweiligen ausländischen Handels- und Gesellschaftsrecht zu ermitteln ist, seine Verwendung und damit auch die (nachrangige) Rückgewähr von Einlagen jedoch der gesetzlichen Verwendungsfiktion des § 27 Abs. 1 S. 3 u. 5 KStG unterliegt. Da im Körperschaftsteuergesetz für die Einlagenrückgewähr von Drittstaatengesellschaften kein gesondertes Feststellungsverfahren vorgesehen ist, können die damit zusammenhängenden Fragen nur im Rahmen der jeweiligen Festsetzungsverfahren der Gesellschafter geklärt werden.

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