Auswertung Aufsätze 02 - 2022

1.Verfahrensrecht

1.1.NWB

Verlängerung der Steuererklärungsfristen und Karenzzeiten für 2020 bis 2022 - Regierungsentwurf eines Vierten Corona-Steuerhilfegesetzes
Baum, NWB 08/2022, S. 494

Anmerkung:
Durch das ATAD-Umsetzungsgesetz (ATADUmsG) waren die Steuererklärungsfristen und die zinsfreien Karenzzeiten für 2020 bereits allgemein um jeweils drei Monate verlängert worden. Nach dem Regierungsentwurf eines Vierten Corona-Steuerhilfegesetzes sollen diese Fristen nun noch einmal verlängert werden. Außerdem sollen zugleich die Erklärungsfristen und Karenzzeiten für 2021 und 2022 maßvoll, aber degressiv verlängert werden. Mit diesen Rechtsänderungen soll den andauernden Zusatzbelastungen der Steuerpflichtigen und insbesondere der Angehörigen der steuerberatenden Berufe im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie Rechnung getragen werden.

Da die Fristen für die Abgabe der Steuer- und Feststellungserklärungen für 2020, 2021 und 2022 allgemein, allerdings unterschiedlich verlängert werden sollen, sollen auch die zinsfreien Karenzzeiten nach § 233a Abs. 2 S. 1 und 2 AO entsprechend verlängert werden.

 

2.Umsatzsteuer

2.1.DStR

Der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts im Mehrwertsteuerrecht - Kritik an der neueren Rechtsprechung des EuGH und Plädoyer für eine Änderung der MwStVO
Lippross, DStR 07/2022, S. 281

Anmerkung:
Nach Art. 132 Abs. 1 Bst. i MwStSystRL befreien die Mitgliedstaaten:
  • die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung sowie berufliche Umschulungen und damit eng verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen.
  • durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung.
 Nach Art. 132 Abs. 1 Bst. j MwStSystRL ist zu befreien:
  •  von Privatlehrern erteilter Schul- und Hochschulunterricht.
In einer Reihe von Urteilen hat der EuGH zum Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts Stellung genommen.  Der Verfasser fasst die neuen Grundsätze wie folgt zusammen:
  • Schwimmunterricht in einer allgemeinbildenden Schule ist Schul- und Hochschulunterricht, weil der Unterricht in einem System erfolgt, dass durch die „Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen“ gekennzeichnet ist.
  • Schwimmunterricht in einer privaten Schwimmschule ist kein Schul- und Hochschulunterricht, weil es sich um spezialisierten und punktuell erteilten Unterricht handelt und der Unterricht nicht in einem breiten und vielfältigen Spektrum von Stoffen erteilt wird.
Die neuere Rechtsprechung des EuGH zum Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts in Art. 132 Abs. 1 Bst. i u. j MwStSystRL ist systematisch verfehlt und widerspricht dem Zweck dieser Befreiungsvorschriften. Da diese Rechtsprechung nicht nur das Berufungsrecht auf die unionsrechtlichen Befreiungsvorschriften einschränkt, sondern auch erhebliche Auswirkungen auf das Bescheinigungsverfahren nach § 4 Nr. 21 Bst. a Dbst. bb UStG haben wird, plädiert der Verfasser für einen korrigierenden Eingriff auf Unionsebene durch eine entsprechende Regelung in der MwStVO. Die Bundesregierung sollte darauf hinwirken, dass die Kommission das Thema aufgreift und bei ihrem nächsten Vorschlag zur Änderung der MwStVO berücksichtigt.

 

3.Einkommensteuer

3.1.NWB

Sonderausgabenabzug bei letztwilligen Zustiftungen nach § 10b Abs. 1a EStG - Warum wird der Steuerabzug nicht anerkannt?
Strickmann, NWB 05/2022, S. 311

Anmerkung:
Spenden zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke im Sinne der §§ 52 bis 54 der Abgabenordnung in das zu erhaltende Vermögen (Vermögensstock) einer Stiftung, welche die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 bis 6 erfüllt, können auf Antrag des Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum der Zuwendung und in den folgenden neun Veranlagungszeiträumen bis zu einem Gesamtbetrag von 1 Million Euro, bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammen veranlagt werden, bis zu einem Gesamtbetrag von 2 Millionen Euro, zusätzlich zu den Höchstbeträgen nach Absatz 1 Satz 1 abgezogen werden, § 10b Abs. 1a S. 1 EStG.

Zustiftungen können berücksichtigt werden, wenn diese zu Lebzeiten erfolgen. Anders beurteilt die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung dagegen Zuwendungen, die der Stiftung als Erbe oder Vermächtnis von Todes wegen zugehen. Hierfür wird der Sonderausgabenabzug in der letzten Veranlagung des Erblassers für sein Todesjahr versagt, weil die Leistung erst nach Erlöschen der Einkommensteuerpflicht erbracht worden sei, mithin eine logische Sekunde zu spät, um noch berücksichtigt werden zu können.

Der Verfasser vertritt hingegen die Auffassung, dass letztwilligen Zuwendungen des Erblassers in seiner letzten Veranlagung für das Todesjahr im Rahmen der Grenzen dieser Sonderausgabennorm steuerlich anzuerkennen sein.


Corona-Krise und Hochwasserschäden: Update zu den steuerlichen Hilfsmaßnahmen - Verlängerung der Fristen und zeitlichen Anwendungsbereiche
Korn, NWB 06/2022, S. 364

Anmerkung:
Folgende Corona-Hilfsmaßnahmen bestehen derzeit bzw. sind beabsichtigt:
  • Nach Steuerverschonung gem. §§ 13a, 13b ErbStG wird unter bestimmten Voraussetzungen auf die Nachversteuerung nach § 13a Abs. 3 und 10 ErbStG wegen nicht eingehaltener Lohnsummengrenze verzichtet, wenn Ursache dafür Betriebsschließungen oder -einschränkungen durch die Corona-Krise sind.
  • Die gesetzliche Homeoffice-Regelung nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 4 u. § 9 Abs. 5 EStG soll um ein Jahr verlängert werden.
  • Die Fristen für die Übertragung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung sind um ein Jahr verlängert worden.
  • Die allgemeine Billigkeitsregelung für Sachspenden durch Unternehmer ist zwar nicht verlängert worden, jedoch soll nach dem Koalitionsvertrag der Regierungsparteien eine Anschlussregelung gefunden werden.
  • Die Sonderregelung für den Spendenabzug für Zuwendungen zur Corona-Hilfe sowie Corona-Hilfsmaßnahmen durch gemeinnützige Körperschaften ist um ein Jahr bis zum 31.12.2022 verlängert worden.
  • Die Steuererklärungsfristen für 2020 sollen um drei Monate verlängert werden, soweit die Erklärungen durch Angehörige der steuerberatenden Berufe erstellt werden. Auch für 2021 und 2022 sollen die Steuererklärungsfristen verlängert werden.
  • Die Fristen für die Erleichterungen bei Steuerstundungen und steuerlichen Vollstreckungsmaßnahmen sind auf Anträge bis zum 31.03.2022 mit Wirkung bis zum 30.06.2022 bzw. 30.09.2022 zeitlich ausgedehnt worden.
  • Die vereinfachte Herabsetzung von Steuervorauszahlungen kann noch bis zum 30.06.2022 erfolgen.
  • Die Erweiterung der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG gilt auch für den Veranlagungszeitraum 2022.
  • Die bisherigen Billigkeitsmaßnahmen für unentgeltliche Leistungen und den Vorsteuerabzug aus Leistungsbezügen dafür sind bis zum 31.12.2022 verlängert worden.
  • Die Sonderregelung zum Verlustrücktrag soll um zwei Jahre verlängert und der Verlustrücktrag dauerhaft ab 2022 auf zwei Jahre erweitert werden.
Für Hochwasser-Hilfen gilt Folgendes:
  • Die Regelungen für Stundungen, Vollstreckung von Steuerschulden und die Anpassung von Vorauszahlungen gelten noch bis zum 31.03.2022.
  • Die Nachweiserleichterungen für Spenden können noch bis zum 31.03.2022 beansprucht werden.

Erstes Urteil zur Steuerpflicht von Gewinnen aus der Veräußerung von sog. Kryptowährungen - FG Baden-Württemberg v. 11.6.2021 - 5 K 1996/19
Schroen, NWB 07/2022, S. 439

Anmerkung:
Gem. § 22 Nr. 2 EStG sind sonstige Einkünfte solche aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 EStG. Ein privates Veräußerungsgeschäft ist gem. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG ein Veräußerungsgeschäft bei anderen Wirtschaftsgütern, bei dem der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt.

Mit Urteil v. 11.06.2021, 5 K 1996/19 hat das FG Baden-Württemberg zur Steuerpflicht von Gewinnen aus der Veräußerung von Kryptowährungen entschieden.
  • Bei Kryptowährungen, z. B. Bitcoin, handelt es sich um immaterielle Wirtschaftsgüter und damit um „andere Wirtschaftsgüter” im Sinne von § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG, sodass der Gewinn bei einem Verkauf innerhalb von einem Jahr nach der Anschaffung steuerpflichtig ist.
  • Das Finanzamt ist nicht dazu verpflichtet, die Ermittlung der Veräußerungsgewinne durch den Steuerpflichtigen detailliert nachzuprüfen und ggf. eigene Ermittlungen anzustrengen.
  • Die Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Kryptowährungen nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG ist ungeachtet dessen nicht im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG wegen eines strukturellen Vollzugsdefizits verfassungswidrig, dass sich die meisten Handelsplattformen für Kryptowährungen im Ausland befinden, die Veräußerung der Kryptowährungen bei den Internetbörsen möglicherweise anonym erfolgt und sich private Veräußerungsgeschäfte mit Kryptowährungen durch die Finanzverwaltung nur schwer aufdecken lassen.
  • Der Gesetzgeber ist weder verpflichtet noch dazu in der Lage, auf jede (technische) Neuerung sofort regulatorisch zu reagieren. Er hat einen weiten Ermessenspielraum und darf zunächst deren erste Entwicklung abwarten. Er muss im Sinne einer gleichmäßigen Besteuerung erst dann reagieren, wenn sich gravierende Missstände zeigen. Solche bestanden bei der Besteuerung von Kryptowährungen jedenfalls zum Streitjahr 2017 noch nicht.
Die Verfasser empfehlen, das Finanzamt aktiv aufzufordern, die Angaben zu überprüfen, wenn nicht sichergestellt werden könne, wie das verwendete Software-Tool die der Besteuerung zugrunde zu legenden Ergebnisse berechnet hat. Nur so könne man sich vor den erheblichen Risiken aus §§ 360, 377 AO schützen.


Bewertung von Arbeitslohn anlässlich einer Betriebsveranstaltung - Zugleich Anmerkungen zum BFH-Urteil v. 29.4.2021 - VI R 31/18
Strohner, NWB 07/2022, S. 424

Anmerkung:
Nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 1 EStG gehören zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltungen). Zuwendungen in diesem Sinne sind nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 2 EStG alle Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer unabhängig davon, ob sie einzelnen Arbeitnehmern individuell zurechenbar sind oder ob es sich um den rechnerischen Anteil an den Kosten der Betriebsveranstaltung handelt, die der Arbeitgeber gegenüber Dritten für den äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung aufwendet. Soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 € je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen, gehören sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht (§ 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 3 EStG). Dies gilt gem. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a S. 4 EStG für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich.

Mit Urteil v. 29.04.2021, VI R 31/18, BStBl 2021 II S. 606 hat der BFH zur Bewertung von Arbeitslohn anlässlich von Betriebsveranstaltungen entschieden.
  • Bei der Bewertung von Arbeitslohn anlässlich einer Betriebsveranstaltung sind alle mit dieser in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Aufwendungen des Arbeitgebers anzusetzen, ungeachtet dessen, ob sie beim Arbeitnehmer einen Vorteil begründen können.
  • Die danach zu berücksichtigenden Aufwendungen (Gesamtkosten) des Arbeitgebers sind zu gleichen Teilen auf die bei der Betriebsveranstaltung anwesenden Teilnehmer aufzuteilen.
Nach Ansicht des Verfassers führt der vom BFH entwickelte Aufteilungsmaßstab zu Scheinlohnbesteuerungen, die durch eine andere Kostenverteilung verhindert werden könnten.

 

3.2.DStR

Ertragsteuerliche Risiken im Zusammenhang mit Gemeinkosten von Holdingkapitalgesellschaften
Behrendt, Endert, DStR 07/2022, S. 28/1

Anmerkung:
Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Zu den Anschaffungskosten gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten. Anschaffungspreisminderungen, die dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können, sind abzusetzen (§ 255 Abs. 1 S. 1 u. 2 HGB).

Die Verfasser weisen darauf hin, dass in der steuerlichen Betriebsprüfungspraxis häufiger Fälle aufgegriffen würden, in denen Vertreter der Finanzverwaltung Gemeinkosten von Unternehmen in ertragsteuerlich nichtabziehbare Betriebsausgaben umqualifizieren wollen. Betroffen sind verschiedene Bereiche wie z.B. Beteiligungserwerbe und -veräußerungen, Umwandlungen oder der Bereich der Verrechnungspreise. Im besonderen Maße sind hiervon Holdingkapitalgesellschaften betroffen, bei denen Gemeinkosten in einem erheblichen Umfang oder sogar ausschließlich anfallen.

Nach Ansicht der Verfasser kann den Betriebsprüfern mit folgenden Argumenten in der Regel entgegnet werden:
  • Bei Anschaffungsvorgängen besteht ein bilanzielles Verbot der Aktivierung von Gemeinkosten, welche ansonsten eine Überbewertung und damit einhergehend den Ausweis unrealisierter Gewinne zur Folge hätte.
  •  Im Hinblick auf Veräußerungs- oder Umwandlungsgewinne fehlt es an einem eindeutig zuordenbaren auslösenden Moment, welches einen objektivierten Veranlassungszusammenhang – wie hierfür erforderlich – herstellen könnte. 
 

4.Bilanzsteuerrecht

4.1.NWB

Die Verteilung von Corona-Überbrückungshilfen im Unternehmensverbund - Handels- und steuerrechtliche Implikationen
Mertes, Neef, NWB 05/2022, S. 302

Anmerkung:
Anträge auf Überbrückungshilfen können für verbundene Unternehmen nur durch einen gemeinsamen Antrag für alle verbundenen Unternehmen beantragt werden.

Nach Auffassung des IDW besteht zivilrechtlich eine Weiterleitungsverpflichtung, welche dazu führt, dass das antragstellende Unternehmen die gewährten Hilfen nur insoweit ertragswirksam vereinnahmen darf, wie es den Antrag für eigene Rechnung gestellt hat. Der Teil der Finanzhilfen, der für Rechnung der verbundenen Unternehmen beantragt wurde, ist erfolgsneutral als Verbindlichkeit gegenüber den verbundenen Unternehmen auszuweisen. Für die Verteilung schlägt das IDW einen dreistufigen Aufteilungsmaßstab anhand einer Stand-alone-Betrachtung vor.

Die Verfasser empfehlen eine genaue Dokumentation der Verteilung der gewährten Corona-Hilfen vorzunehmen. Dabei sollte man sich an den Vorgaben des IDW orientieren. Auch mit Blick auf § 285 Nr. 31 HGB sei im handelsrechtlichen Jahresabschluss umfassend zu erläutern, wie beantragte Corona-Finanzhilfen bilanziell erfasst wurden.

 

5.Sonstiges

5.1.NWB

Anwendung der Konzernklausel gem. § 6a GrEStG auf Ausgliederung eines Einzelunternehmens - Urteil des Sächsischen FG v. 30.6.2021 - 2 K 121/21
Wischott, Graessner, NWB 07/2022, S. 434

Anmerkung:
Gem. § 6a GrEStG wird für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, Abs. 2, 2a, 3 oder Abs. 3a GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang auf Grund einer Umwandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 - 3 UmwG, einer Einbringung oder eines anderen Erwerbsvorgangs auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage die Steuer nicht erhoben. § 6a S. 1 GrEStG gilt nur, wenn an dem dort genannten Rechtsvorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind. Im Sinne von § 6a S. 3 GrEStG abhängig ist eine Gesellschaft, an deren Kapital oder Gesellschaftsvermögen das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar, teils mittelbar zu mindestens 95% ununterbrochen beteiligt ist.

Mit Urteil v. 30.06.2021, 2 K 121/21 hat das FG Sachsen zur Anwendung von § 6a GrEStG bei der Ausgliederung eines Einzelunternehmens entschieden.
  • Der Begriff des "herrschenden Unternehmens" im Sinne von § 6a Satz 3 GrEStG erfasst alle Rechtsträger im Sinne des Grunderwerbsteuerrechts und gilt selbst für natürliche Personen, die die Beteiligung an der abhängigen Gesellschaft im Privatvermögen halten und über die Beteiligung am Markt wirtschaftlich tätig sind.
Das Sächsische FG hat unter Berufung auf die BFH-Urteile v. 21./22.08.2019 die Konzernklausel für anwendbar erachtet, da insbesondere kein Verstoß gegen die fünfjährige Vorbehaltensfrist bezogen auf die neu gegründete Kapitalgesellschaft vorliege. Zweck des § 6a GrEStG sei es, Umstrukturierungen innerhalb von Konzernen zu erleichtern, damit Unternehmen flexibel auf Veränderungen der Marktverhältnisse reagieren können. Die Begründung und die Beendigung eines Konzerns sei folglich auch von der Begünstigung zu erfassen.

Nach Ansicht der Verfasser ist die uneingeschränkte Übertragung der Grundsätze des BFH auf den vorliegenden Sachverhalt durch das Sächsische FG folgerichtig und zu begrüßen. Das Sächsische FG hat keine Revision zugelassen, es wurde allerdings Nichtzulassungsbeschwerde zugelassen (Az. II B 47/21).
 

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