Rechtsprechung KW 46 - 2021

1.Rechtsprechung

1.1.Verfahrensrecht

Keine Kostenerstattungspflicht im Kindergeldverfahren bei erfolgreichem Rechtsbehelf gegen Hinterziehungszinsen
§ 77 EStG ist bei einem erfolgreichen Einspruch gegen die Festsetzung von Hinterziehungszinsen wegen unberechtigt erhaltener Kindergeldzahlungen weder unmittelbar noch analog anwendbar.

Es liegt keine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit vor, soweit § 77 EStG seinem Wortlaut nach einer Kostenerstattung nur für Einspruchsverfahren wegen Kindergeldfestsetzungen vorsieht.

BFH v. 01.09.2021, III R 18/21

Hinweis
Nach § 77 Abs. 1 S. 1 EStG hat die Familienkasse dem Einspruchsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist.

Die Klägerin hatte zu Unrecht Kindergeld bezogen. Deshalb setzte die Familienkasse gegen sie Hinterziehungszinsen fest. Der dagegen gerichtete Einspruch der Klägerin war zwar in der Sache erfolgreich. Die Familienkasse entschied aber, die im Einspruchsverfahren entstandenen Kosten der Klägerin nicht zu erstatten. Das Finanzgericht gab der daraufhin erhobenen Klage statt und verpflichtete die Familienkasse zur Erstattung der Aufwendungen.

Der BFH hat entschieden, dass es bei einem erfolgreichen Einspruch gegen Hinterziehungszinsen auch im Kindergeldverfahren keine Kostenerstattung gibt.

Das Einspruchsverfahren nach der Abgabenordnung ist grundsätzlich für beide Seiten kostenfrei, d. h. Einspruchsführer und Behörde haben jeweils ihre eigenen Aufwendungen zu tragen. Abweichend von diesem Grundsatz werden nach § 77 EStG im Einspruchsverfahren gegen Kindergeldfestsetzungsbescheide dem erfolgreichen Rechtsbehelfsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen erstattet. Diese Vorschrift kann aber nach dem Urteil des BFH nicht herangezogen werden, wenn der Einspruchsführer sich erfolgreich gegen die Festsetzung von Hinterziehungszinsen wegen unberechtigt erhaltener Kindergeldzahlungen gewandt hat. § 77 EStG ist seinem Wortlaut nach nur anwendbar, soweit der Einspruch „gegen die Kindergeldfestsetzung“ erfolgreich war. Als Ausnahme vom Grundsatz der Kostenfreiheit des außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens kann die Kostenerstattungspflicht auch nicht durch eine entsprechende Anwendung des § 77 EStG begründet werden. Denn es fehlt für eine solche Analogie an einer planwidrigen Gesetzeslücke.
 

2.Verwaltungsanweisungen

2.1.Einkommensteuer

Aktualisiertes Schreiben zu den Entfernungspauschalen
Das BMF hat sein Schreiben v. 31.10.2013 zu den Entfernungspauschalen aktualisiert.

BMF v. 18.11.2021

Hinweis
Mit dem Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht v. 21.12.2019 (BGBl. I 2019 S. 2886) sowie dem Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 12.12.2019 (BGBl. I 2019 S. 2451) haben sich Änderungen zu den Entfernungspauschalen und zur Pauschalbesteuerung nach § 40 Abs. 2 EStG ergeben.


Behandlung der Überlassung/Übertragung von Vermögensbeteiligungen ab 2021
Das BMF hat zu den Änderungen der lohnsteuerlichen Behandlung der Überlassung/Übertragung von Vermögensbeteiligungen ab 2021 Stellung genommen.

BMF v. 16.11.2021

Hinweis
Mit einer Zustimmung des Arbeitnehmers wird durch die Sonderregelung des § 19a EStG die Steuer, die auf die Besteuerung des Anteils entfällt, erst fällig werden, wenn die Beteiligung entweder ganz oder teilweise veräußert bzw. verwertet wird (dies gilt auch bei der Einlage in ein Betriebsvermögen) oder das Arbeitsverhältnis beendet wird, spätestens jedoch nach Ablauf von zwölf Jahren. Bei der Zuwendung wird der Freibetrag nach § 3 Nr. 39 EStG i. H. v. bis zu 1.440 € abgezogen.

Voraussetzungen für die Privilegierung:
  • Das Unternehmen darf zum Zeitpunkt der Beteiligung nicht älter als zwölf Jahre sein.
  • Das Unternehmen darf im Jahr der Zuwendung sowie im Vorjahr bestimmte Schwellenwerte nicht überschreiten:
    • Das Unternehmen muss weniger als 250 Mitarbeiter und
    • entweder einen Jahresumsatz von bis zu 50 Mio. € oder eine Bilanzsumme von bis zu 43 Mio. € aufweisen.
 
 

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