Rechtsprechung KW 38-2018

1.Rechtsprechung

1.1.Einkommensteuer

Verwendungsbezogene Zuschüsse des Arbeitgebers für eine private Zusatzkrankenversicherung seiner Arbeitnehmer als Barlohn
Ein vom Arbeitgeber an einen Arbeitnehmer gezahlter Zuschuss für dessen private Zusatzkrankenversicherung wird angesichts des durch die Förderung des zusätzlichen Versicherungsschutzes für den Arbeitnehmer sich ergebenden eigenen Vorteils nicht im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erbracht.
Zahlt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen Zuschuss unter der Bedingung, dass dieser mit einem vom Arbeitgeber benannten Unternehmen einen Vertrag schließt, wendet er Geld und nicht eine Sache zu. Ein Sachbezug liegt in einem solchen Fall nur vor, wenn damit ein arbeitsrechtliches Versprechen erfüllt wird, das auf Gewährung von Sachlohn gerichtet ist.
BFH v. 04.07.2018, VI R 16/17
Die Gewährung von Krankenversicherungsschutz ist in Höhe der geleisteten Beiträge Sachlohn, wenn der Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrags von seinem Arbeitgeber ausschließlich Versicherungsschutz und nicht auch eine Geldzahlung verlangen kann (Bestätigung des BFH-Urteils vom 14. April 2011 VI R 24/10, BFHE 233, 246, BStBl. II 2011, 767).
Die Verschaffung von Krankenversicherungsschutz unterliegt als Sachbezug der Freigrenze i. S. des § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG.
BFH v. 07.06.2018, VI R 13/16
Hinweis:
Zum steuerbaren Arbeitslohn gehören auch Sachbezüge i. S. d. § 8 Abs. 2 EStG. Die Frage, ob Bar- oder Sachlohn vorliegt, ist u. a. im Hinblick auf die Freigrenze des § 8 Abs. 2 S. 11 EStG erheblich. Denn nach dieser Vorschrift bleiben Sachbezüge außer Ansatz, wenn die sich nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen gezahlten Entgelte ergebenden Vorteile insgesamt 44 EUR im Kalendermonat nicht übersteigen.
Im Fall VI R 13/16 schloss der Arbeitgeber des Klägers als Versicherungsnehmer für die Mitarbeiter des Unternehmens bei zwei Versicherungen (Gruppen-) Zusatzkrankenversicherungen für Vorsorgeuntersuchungen, stationäre Zusatzleistungen sowie Zahnersatz ab. Die für den Versicherungsschutz des Klägers vom Arbeitgeber gezahlten monatlichen Beträge blieben unter der Freigrenze i. S. d. § 8 Abs. 2 S. 11 EStG. In der Sache VI R 16/17 informierte die Klägerin in einem „Mitarbeiteraushang“ ihre Arbeitnehmer darüber, ihnen zukünftig eine Zusatzkrankenversicherung über eine private Krankenversicherungsgesellschaft anbieten zu können. Mitarbeiter nahmen das Angebot an und schlossen unmittelbar mit der Versicherungsgesellschaft private Zusatzkrankenversicherungsverträge ab. Die Versicherungsbeiträge wurden von den Mitarbeitern direkt an die Versicherungsgesellschaft überwiesen. Hierfür erhielten sie monatliche Zuschüsse von der Klägerin auf ihr Gehaltskonto ausgezahlt, die regelmäßig unter der Freigrenze des § 8 Abs. 2 S. 11 EStG blieben.
Der BFH hat entschieden, dass die Gewährung von Krankenversicherungsschutz Sachlohn ist, wenn der Arbeitnehmer aufgrund des Arbeitsvertrags von seinem Arbeitgeber ausschließlich Versicherungsschutz und nicht auch eine Geldzahlung verlangen kann. Dies ist nicht der Fall, wenn der Arbeitgeber lediglich einen Zuschuss unter der Bedingung gewährt, dass der Arbeitnehmer mit einem vom Arbeitgeber benannten Unternehmen einen Vertrag abschließt.
Die differenzierende Betrachtung des BFH verdeutlicht die für die Arbeitgeber bestehende Gestaltungsfreiheit. Entscheidet sich der Arbeitgeber dafür, seinen Arbeitnehmern - wie im ersten Fall - unmittelbar Versicherungsschutz zu gewähren, liegt zwar einerseits begünstigter Sachlohn vor, andererseits ist das Potential für weitere Sachbezüge angesichts der monatlichen Freigrenze von höchstens 44 € erheblich eingeschränkt. Denn jegliche Überschreitung der Freigrenze führt zum vollständigen Entfallen der Steuerfreiheit. Diesem Risiko kann der Arbeitgeber dadurch begegnen, dass er seinen Arbeitnehmern - wie im zweiten Fall - lediglich einen (von vornherein steuerpflichtigen) Zuschuss unter der Bedingung zahlt, dass diese eine eigene private Zusatzkrankenversicherung abschließen.

Auflösung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens bei Betriebsaufgabe
Ein wegen eines Zinszuschusses gebildeter passiver Rechnungsabgrenzungsposten ist im Rahmen einer Betriebsaufgabe zu Gunsten des Aufgabegewinns aufzulösen, wenn das dem Zinszuschuss zugrundeliegende Darlehen fortgeführt wird.
BFH v. 25.04.2018, VI R 51/16
Hinweis:
Zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören auch Gewinne, die bei der Veräußerung bzw. Aufgabe eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs erzielt werden (§§ 14, 16 Abs. 3 EStG).
Der Kläger erzielte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, die er durch Betriebsvermögensvergleich gem. § 4 Abs. 1 EStG für das Normalwirtschaftsjahr vom 01.07. bis zum 30.06. des Folgejahres (§ 4a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG) ermittelte. Die Steuerbilanz zum 30.06.2010 wies einen pRAP wegen eines Zinszuschusses nach dem Agrarinvestitionsförderungsprogramm für die Errichtung eines Schweinestalls aus. Der Schweinestall wurde im Jahr 2005 errichtet und im Juli 2010 an einen anderen Landwirt verpachtet. Das Darlehen wurde weiterhin bedient. Der Kläger gab den Betrieb zum 31.12.2010 auf. Der pRAP war in der Steuerbilanz zum 31.12.2010 noch enthalten. Im Rahmen einer Außenprüfung für das Streitjahr löste das FA den pRAP erfolgswirksam auf und erhöhte den laufenden land- und forstwirtschaftlichen Gewinn für das Rumpfwirtschaftsjahr 01.07. - 31.12.2010 entsprechend.
Der BFH hat entschieden, dass der pRAP zu Gunsten des Aufgabegewinns aufzulösen ist.
Die letzte Schlussbilanz schließt die (laufende) land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit des Klägers ab. Das Betriebsvermögen ist nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln (§ 16 Abs. 2 S. 2 EStG). In der Aufgabebilanz werden dagegen etwa veräußerte und in das Privatvermögen überführte Wirtschaftsgüter und die verbliebenen Schulden mit den Werten des § 16 Abs. 3 EStG angesetzt. Bei der Abgrenzung zwischen laufendem Gewinn und tarifbegünstigtem Aufgabegewinn ist grundsätzlich auf den zeitlichen und wirtschaftlichen bzw. sachlichen Zusammenhang des einzelnen Geschäftsvorfalls mit dem laufenden Geschäftsbetrieb einerseits und der Betriebsaufgabe andererseits abzustellen. Nach diesen Maßstäben war der Kläger verpflichtet, in seiner letzten Schlussbilanz auf den 31.12.2010 noch einen pRAP für den ihm gewährten Zinszuschuss zu bilden. In der Aufgabebilanz konnte der pRAP hingegen nicht mehr ausgewiesen werden. Das (fortbestehende) Darlehen wurde durch die Betriebsaufgabe zu Privatvermögen. Die Auflösung des streitigen pRAP steht daher nicht nur in einem engen zeitlichen, sondern auch in einem sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe. Unter den Umständen des Streitfalls ist der pRAP allein wegen der Betriebsaufgabe nicht länger bilanziell auszuweisen. Auch der Umstand, dass es sich bei einem RAP nicht um ein Wirtschaftsgut handelt, sondern der außerordentliche Ertrag auf der Auflösung eines Bilanzpostens beruht, der der periodengerechten Zuordnung von Einnahmen dient, steht dessen Zuordnung zum Aufgabegewinn nicht entgegen.
 

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