Rechtsprechung KW 27-2018

1.Rechtsprechung

1.1.Einkommensteuer

Verbilligte Überlassung von GmbH-Anteilen als Arbeitslohn
Der verbilligte Erwerb einer GmbH-Beteiligung durch einen leitenden Arbeitnehmer des Arbeitgebers kann auch dann zu Arbeitslohn führen, wenn nicht der Arbeitgeber selbst, sondern ein Gesellschafter des Arbeitgebers die Beteiligung veräußert.
Veräußert der Arbeitgeber oder eine diesem nahestehende Person eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft an einen Arbeitnehmer und umgekehrt, handelte es sich in der Regel nicht um eine Veräußerung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr, da ein Einfluss des Arbeitsverhältnisses auf die Verkaufsmodalitäten jedenfalls nahe liegt. Eine Ableitung des gemeinen Werts aus Verkäufen kommt in diesem Fall regelmäßig nicht in Betracht.
Ist der gemeine Wert einer Beteiligung unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten zu schätzen, ohne dass das Stuttgarter Verfahren in Betracht kommt, hat das Finanzgericht regelmäßig ein Sachverständigengutachten zur Wertermittlung einzuholen, wenn der Steuerpflichtige die Anteilsbewertung durch das Finanzamt substantiiert bestreitet und es nicht ausnahmsweise selbst über die erforderliche Sachkunde verfügt.
BFH v. 15.03.2018, VI R 8/16
Hinweis:
Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gem. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG - neben Gehältern und Löhnen - auch andere Bezüge und Vorteile, die „für” eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 S. 2 EStG).
Der Käger war im Streitjahr als Prokurist bei der in Deutschland ansässigen X-GmbH angestellt. An der X-GmbH war u. a. die Y-GmbH zu 85 % beteilgt. Der Kläger erwarb von der Y-GmbH einen Anteil von 0,99 % für 27.000 DM. Das FA ging im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung davon aus, dass der Kaufpreis, den der Kläger für die von ihm erworbene Beteiligung an der X-GmbH gezahlt hatte,  nicht dem tatsächlichen Wert der Beteiligung entsprochen habe und die Differenz vor dem Hintergrund, dass der Veräußerer Hauptgesellschafter der X-GmbH war, als Arbeitslohn i. S. d. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zu qualifizieren sei.
Der BFH hat entscheiden, dass der verbilligte Erwerb einer GmbH-Beteiligung durch einen leitenden Angestellten des Arbeitgebers auch dann zu Arbeitslohn führen kann, wenn nicht der Arbeitgeber selbst, sondern ein Gesellschafter des Arbeitgebers die Beteiligung veräußert.
Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i. V. m. § 8 Abs. 1 EStG gehört auch der Vorteil aus dem verbilligten Erwerb einer Beteiligung, wenn der Vorteil dem Arbeitnehmer „für“ seine Arbeitsleistung gewährt wird. Das FG ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass der als Arbeitslohn zu erfassende geldwerte Vorteil nicht in der übertragenen Beteiligung selbst besteht, sondern in der Verbilligung, dem Preisnachlass. Die seitens des Klägers von der Y-GmbH erworbene Beteiligung an der X-GmbH, der Arbeitgeberin des Klägers, ist eine Vermögensbeteiligung i. S. v. § 19a Abs. 3 Nr. 8 i. V. m. Abs. 3a S. 3 EStG. Als Wert der Vermögensbeteiligung ist daher der gemeine Wert anzusetzen (§ 19a Abs. 8 S. 1 EStG). Vermögensbeteiligungen i. S. d. § 19a Abs. 3 Nr. 8 EStG sind dabei gem. § 19a Abs. 8 S. 8 EStG mit dem Wert anzusetzen, der vor dem Tag der Überlassung, d. h. des Zuflusses der Vermögensbeteiligung zuletzt nach § 11 Abs. 2 S. 2 BewG festzustellen ist oder war. Das FG hat im 2. Rechtsgang eine entsprechende Schätzung des gemeinen Werts der Beteiligung vorzunehmen.
 

1.2.Körperschaftsteuer

Daytrading-Geschäfte als Termingeschäfte
Verluste aus sog. echten (ungedeckten) Daytrading-Geschäften (hier: mit Devisen) mindern nach Maßgabe des § 15 Abs. 4 Satz 3 EStG (i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG) die körperschaftsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage nicht.
BFH v. 21.02.2018, I R 60/16
Hinweis:
Nach der über § 8 Abs. 1 KStG für die Ermittlung des Einkommens der Klägerin anzuwendenden Regelung des § 15 Abs. 4 S. 1 EStG dürfen die dort benannten Verluste (aus gewerblicher Tierzucht oder gewerblicher Tierhaltung) weder mit anderen Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden; sie dürfen auch nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Die Verluste mindern jedoch nach Maßgabe des § 10d EStG die Gewinne, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen und in den folgenden Wirtschaftsjahren aus den genannten Einkunftsquellen erzielt hat oder erzielt (§ 15 Abs. 4 S. 2 EStG). Die Vorschrift des § 15 Abs. 4 S. 3 EStG bestimmt, dass die Sätze 1 und 2 entsprechend für Verluste aus Termingeschäften gelten, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt. Nicht unter diese Beschränkungen fallen - vorbehaltlich der Rückausnahme des § 15 Abs. 4 S. 5 EStG - zwar gemäß § 15 Abs. 4 Satz 4 EStG Geschäfte bestimmter Finanzunternehmen (sog. sektorale Ausnahme) und Risikokompensationsgeschäfte anderer Unternehmen, wenn damit Risiken des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs abgesichert werden (sog. funktionale Ausnahme).
Klägerin ist eine GmbH. Die GmbH unterhielt ein Konto bei einer Bank um sog. Daytrading-Geschäfte mit Devisen auszuführen. Die Geschäfte wurden bei einer Spezial-Bank mit sog. Stop-Loss-Order sowie mit Take-Profit-Order abgeschlossen und entsprechend der vertraglichen Vereinbarung (zwingend) am selben Tag durch deckungsgleiche Gegengeschäfte „glattgestellt“. Die Devisenkäufe und -verkäufe wurden dabei nicht effektiv durch den Austausch von Devisen und Kaufpreis durchgeführt; dies war weder der Klägerin mit eigenen Mitteln möglich noch Gegenstand der Geschäftsvereinbarungen mit der Bank (die die Lieferung der Devisen ausgeschlossen haben). Die Geschäfte waren nur auf dem jeweiligen Kundenkonto bei der Bank verbucht und am Ende des Geschäftstages mit einem Differenzbetrag zugunsten oder zulasten des Kontos abgeschlossen worden. Die Transaktionen führten im Streitjahr zu einem Verlust. Das FA vertrat die Auffassung, dass die Klägerin Verluste aus Termingschäften erlitten habe, die unter die Verlustabzugsbeschränkung gem. § 15 Abs. 4 S. 3 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 S. 1 KStG fielen.
Der BFH hat entschieden, dass Verluste aus echten (ungedeckten) Daytrading-Geschäften die körperschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage nicht mindern.
Aufgrund der Ausgestaltung der Geschäfte lagen keine Kassageschäfte vor, die die Anwendung des § 15 Abs. 4 S. 3 EStG ausschließen würden. Die wirtschaftliche Substanz der Geschäfte bestand im Zusammenwirken der Eröffnungsgeschäfte und den darauf abgestimmten deckungsgleichen Gegengeschäften. Im Ergebnis handelte es sich um auf Differenzausgleich gerichtete Termingeschäfte. Die einzelnen Umsatzgeschäfte waren nur das technische Mittel zur Erzielung der zu Spekulationszwecken angestrebten Differenz (bloße Verrechnung der Ordervolumina mit dem Ergebnis eines Geldsaldos).

Erdienbarkeit bei Barlohnumwandlung
Werden bestehende Gehaltsansprüche des Gesellschafter Geschäftsführers in eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung umgewandelt, dann scheitert die steuerrechtliche Anerkennung der Versorgungszusage regelmäßig nicht an der fehlenden Erdienbarkeit.
Wird bei einer bestehenden Versorgungszusage lediglich der Durchführungsweg gewechselt (wertgleiche Umstellung einer Direktzusage in eine Unterstützungskassenzusage), so löst allein diese Änderung keine erneute Erdienbarkeitsprüfung aus.
BFH v. 07.03.2018, I R 89/15
Hinweis:
Gem. § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 4d Abs. 1 S. 1 EStG dürfen Zuwendungen an eine Unterstützungskasse von dem Unternehmen, das die Zuwendungen leistet (Trägerunternehmen), als Betriebsausgaben abgezogen werden, soweit die Leistungen der Kasse, wenn sie vom Trägerunternehmen unmittelbar erbracht würden, bei diesem betrieblich veranlasst wären.
Die Klägerin ist eine GmbH. Die GmbH hatte ihrem Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer (G) die Zusage gegeben, ihm bei Erreichen der Altersgrenze von 65 Jahren 60% seines letzten Grundgehalts als Altersrente zu zahlen. Die Zusage wurde im Streitjahr dahingehend abgeändert, dass der zu diesem Zeitpunkt noch nicht erdiente Teil der Pension (future service) auf eine rückgedeckte Unterstützungskassenzusage wertgleich umgestellt wird. Außerdem verbesserte die Klägerin die betriebliche Altersversorgung von G mit einer zusätzlichen Unterstützungskassenzusage (im Folgenden: Unterstützungskassenzusage 2). Hierzu trafen G und die Klägerin eine "Vereinbarung Entgeltumwandlung über Unterstützungskasse", wonach dessen monatliches Grundgehalt um 2.070 € ab September gekürzt wurde. Das FA war hinsichtlich der Unterstützungskassenzusage 2 der Auffassung, dass sich der zum Zeitpunkt der Zusage bereits 58 Jahre alte G die zusätzliche Altersversorgung nicht mehr erdienen könne. Die Zahlungen an die Unterstützungskasse seien durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht einkommensmindernd zu berücksichtigen (vGA).
Der BFH hat entschieden, dass die Umwandlung von Gehaltsansprüchen des Gesellschafters-Geschäftsführers in eine Anwartschaft nicht an der fehlenden Erdienbarkeit scheitert.
Es handelt sich bei den Zahlungen aufgrund der Unterstützungskassenzusage 2 nicht um verdeckte Gewinnausschüttungen. Die Indizwirkung der fehlenden Erdienbarkeit für die außerbetriebliche Veranlassung einer Versorgungszusage ist regelmäßig entkräftet, wenn bestehende Gehaltsansprüche des herrschenden Gesellschafter-Geschäftsführers zugunsten seiner Altersversorgung umgewandelt werden. Allerdings muss die Entgeltumwandlungsvereinbarung als solche den Anforderungen des sog. formellen Fremdvergleichs genügen.
 

1.3.Sonstiges

Rückwirkende Besteuerung des Einbringungsgewinns II nach einer Aufwärtsverschmelzung
Einem qualifizierten Anteilstausch i. S. des § 21 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 UmwStG 2006 i. d. F. des JStG 2009 steht weder entgegen, dass die übernehmende Gesellschaft vor der Einbringung keine Anteile an der erworbenen Gesellschaft inne hatte, noch, dass jeweils hälftige Beteiligungen - nicht aber eine einheitliche Mehrheitsbeteiligung - eingebracht wurden. Erforderlich ist insoweit lediglich, dass die übernehmende Gesellschaft nach der Einbringung - und damit unter Berücksichtigung sämtlicher eingebrachter Anteile - insgesamt die Stimmrechtsmehrheit hat.
In der Verschmelzung der Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft („Verschmelzung zur Aufnahme“, Aufwärtsverschmelzung) liegt eine Veräußerung i. S. des § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 2006 i. d. F. des JStG 2009.
BFH v. 24.01.2018, I R 48/15
Hinweis:
Werden Anteile an einer Kapitalgesellschaft oder einer Genossenschaft (erworbene Gesellschaft) in eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft (übernehmende Gesellschaft) gegen Gewährung neuer Anteile an der übernehmenden Gesellschaft eingebracht (Anteilstausch), hat die übernehmende Gesellschaft die eingebrachten Anteile gem. § 21 Abs. 1 S. 1 UmwStG grds. mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Abweichend können die eingebrachten Anteile auf Antrag mit dem Buchwert oder einem höheren Wert, höchstens jedoch mit dem gemeinen Wert, angesetzt werden, wenn die übernehmende Gesellschaft nach der Einbringung aufgrund ihrer Beteiligung einschließlich der eingebrachten Anteile nachweisbar unmittelbar die Mehrheit der Stimmrechte an der erworbenen Gesellschaft hat (qualifizierter Anteilstausch, § 21 Abs. 1 S. 2 UmwStG). Soweit im Rahmen eines solchen Anteilstauschs unter dem gemeinen Wert eingebrachte Anteile innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren nach dem Einbringungszeitpunkt durch die übernehmende Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar veräußert werden und soweit beim Einbringenden der Gewinn aus der Veräußerung dieser Anteile im Einbringungszeitpunkt nicht nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei gewesen wäre, ist nach § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG der Gewinn aus der Einbringung im Wirtschaftsjahr der Einbringung rückwirkend als Gewinn des Einbringenden aus der Veräußerung von Anteilen zu versteuern (Einbringungsgewinn II). Der Einbringungsgewinn II wird in § 22 Abs. 2 S. 3 UmwStG definiert als der Betrag, um den der gemeine Wert der eingebrachten Anteile im Einbringungszeitpunkt nach Abzug der Kosten für den Vermögensübergang den Wert, mit dem der Einbringende die erhaltenen Anteile angesetzt hat, übersteigt, vermindert um jeweils ein Siebtel für jedes seit dem Einbringungszeitpunkt abgelaufene Zeitjahr.
Der Kläger und A waren mit Anteilen von jeweils 50% an der A-GmbH beteiligt. Mit notariellem Vertrag in 2011 brachten der Kläger und A ihre Anteile an der A-GmbH in die T-GmbH gegen die Gewährung von Gesellschaftsrechten ein. Mit Wirkung zum 31.12.2011 wurde die A-GmbH im Rahmen einer Aufwärtsverschmelzung zu Buchwerten auf die T-GmbH verschmolzen. Strittig war, ob die Aufwärtsverschmelzung zu einem Sperrfristverstoß gem. § 22 Abs. 2 UmwStG führte.
Der BFH hat entschieden, dass die Aufwärtsverschmelzung eine Veräußerung i. S. d. § 22 Abs. 2 S. 1 UmwStG darstellt.
Unter einer Veräußerung i. S. d. § 22 Abs. 2 UmwStG ist - jedenfalls soweit unmittelbare Veräußerungen betroffen sind - grundsätzlich die Übertragung von Gesellschaftsanteilen auf einen anderen Rechtsträger zu verstehen. Erhält ein Anteilseigner im Zuge einer Verschmelzung der Körperschaft, an der er beteiligt ist, auf eine andere Körperschaft Anteile dieser (anderen) Körperschaft, so ist dies - obwohl die Anteile an dem übertragenden Rechtsträger untergehen und es insoweit zu keinem Rechtsträgerwechsel kommt - aus der Sicht dieses Anteilseigners einem Tausch der Anteile an der übertragenden Körperschaft gegen die Anteile an der übernehmenden Körperschaft gleichzustellen und damit - in Bezug auf die Anteile am übernehmenden Rechtsträger – ein entgeltlicher Erwerb. Somit stellt sich die Aufwärtsverschmelzung aus Sicht der Muttergesellschaft als ein tauschähnlicher Vorgang dar, der einer Veräußerung der Anteile gleichzustellen ist.
 

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