Rechtsprechung KW 16-2017

1. Einkommensteuer

Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum Umlaufvermögen bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft


Eine vermögensverwaltend tätige, aber gewerblich geprägte Personengesellschaft i. S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG kann nicht nur Anlage-, sondern auch Umlaufvermögen haben. Die Zuordnung bestimmt sich nach der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts im (fiktiven) Betrieb.

Goldbarren sind keine Wertpapieren vergleichbare nicht verbriefte Forderungen oder Rechte i. S. des § 4 Abs. 3 Satz 4 Variante 3 EStG.

BFH  v. 19.01.2017, IV R 10/14

Abgrenzung des physischen Goldhandels von privater Vermögensverwaltung - keine Anwendung des § 4 Abs. 3 Satz 4 Variante 3 EStG auf den physischen Goldhandel

Ob der Ankauf und Verkauf von Gold als Gewerbebetrieb anzusehen ist, muss anhand der Besonderheiten von Goldgeschäften beurteilt werden. Ein kurzfristiger und häufiger Umschlag des Goldbestands sowie der Einsatz von Fremdkapital können Indizien für eine gewerbliche Tätigkeit sein. Die Grundsätze des Wertpapierhandels sind auf den Handel mit physischem Gold nicht übertragbar.

Goldbarren sind keine Wertpapieren vergleichbare nicht verbriefte Forderungen oder Rechte i. S. des § 4 Abs. 3 Satz 4 Variante 3 EStG.

BFH  v. 19.01.2017, IV R 50/14

Hinweis:

Nach § 15 Abs. 2 S. 1 EStG erfordert ein Gewerbebetrieb eine selbständige, nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinne zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und keine land- und forstwirtschaftliche, freiberufliche oder andere selbständige Tätigkeit ist. Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Gewerbebetriebs ist nach der Rechtsprechung des BFH, dass die Betätigung den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung überschreitet. Nach § 4 Abs. 3 S. 4 Var. 1 EStG sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.

Im Streitfall IV R 10/14 (Inlandsfall) erzielte die Klägerin – eine gewerblich geprägte GbR – Verluste mit dem Handel mit Goldbarren. Die Klägerin behandelte die Aufwendungen für die Goldbarren im Jahr der Anschaffung als Betriebsausgaben. Das FA war hingegen der Auffassung, dass die Goldbarren dem Anlagevermögen zuzurechnen sind und daher erst im Zeitpunkt der Veräußerung gewinnmindernd berücksichtigt werden können.

Im Streitfall IV R 50/14 (Auslandsfall) ist die Klägerin eine nach englischem Recht gegründete General Partnership (GP). Gesellschafter der GP sind zwei im Inland wohnende Gesellschafter. Die GP mietete in London ein mit Computer und Faxgerät ausgestattetes Büro an. Die GP handelte mit Gold und erzielte hieraus Verluste. Die Aufwendungen aus dem Erwerb des Goldes wurden von der Klägerin als nach DBA steuerfreie, im Inland dem Progressionsvorbehalt unterliegende Einkünfte deklariert. Das FA ließ die Aufwendungen für das erworbene Gold nicht zum sofortigen Abzug zu.

Der BFH hat entschieden, dass im Inlandsfall u.a. entsprechende Verluste (negative Einkünfte) aus Gewerbebetrieb und im Auslandsfall entsprechende negative Progressionseinkünfte festzustellen sind.

Eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, die nur kraft Fiktion gewerbliche Einkünfte erzielt, kann Umlaufvermögen haben. Beim An- und Verkauf von physischem Gold sind die Grundsätze des Wertpapierhandels nicht übertragbar. In beiden Fällen lag aufgrund der Besonderheiten des Goldhandels ein Gewerbetrieb i. S. d. § 15 Abs. 2 EStG vor. Im Rahmen der Einnahmen-Überschussrechnung sind die Aufwendungen für die Anschaffung der Goldbarren nicht nach § 4 Abs. 3 S. 4 Var. 1 oder 3 EStG vom sofortigen Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen.

Allerdings ist der Gesetzgeber zwischenzeitlich gegen derartige Gestaltungen vorgegangen. Er hat für Inlandsfälle dem § 15b EStG einen Absatz 3a angefügt. Danach liegt unter den dort näher genannten Voraussetzungen ein Steuerstundungsmodell i. S. d. § 15b EStG vor. Verluste hieraus können nicht mehr mit bzw. von anderen positiven Einkünften ausgeglichen bzw. abgezogen werden, sondern sind nur noch mit künftigen Gewinnen aus derselben Einkunftsquelle verrechenbar (erstmals anwendbar auf Modelle, bei denen Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens nach dem 28.11.2013 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt wurden). Für Auslandsfälle hat er zum einen die Vorschrift des § 32b Abs. 2 S. 1 Nr. 2 S. 2 Bst. c EStG eingefügt, die bei Ermittlung des anzuwendenden Einkommensteuersatzes einen sofortigen Betriebsausgabenabzug verhindert (erstmals anwendbar auf Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens, die nach dem 28.02.2013 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt wurden). Zum anderen hat er § 32b Abs. 1 S. 3 EStG um die - in allen offenen Fällen anwendbare - Regelung ergänzt, dass § 15b EStG sinngemäß anzuwenden ist.

Hinzurechnung abgeltend besteuerter negativer Einkünfte aus Kapitalvermögen im Wege der Günstigerprüfung

Wird ein Antrag gemäß § 32d Abs. 6 EStG gestellt, können negative Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG unterliegen, mit positiven tariflich besteuerten Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden (insoweit entgegen BMF-Schreiben vom 18. Januar 2016 IV C 1-S 2252/08/10004:017, 2015/0468306, BStBl I 2016, 85, Rz 119a).

Ein Abzug des Sparer-Pauschbetrags gemäß § 20 Abs. 9 EStG von Einkünften aus Kapitalvermögen, die gemäß § 32d Abs. 2 EStG tariflich besteuert werden, ist ausgeschlossen.

BFH  v. 30.11.2016, VIII R 11/14

Hinweis:

Auf Antrag des Steuerpflichtigen werden gem. § 32d Abs. 6 S. 1 EStG anstelle der Anwendung der Abs. 1, 3 und 4 des § 32d EStG die nach § 20 EStG ermittelten Kapitaleinkünfte den Einkünften i. S. des § 2 EStG hinzugerechnet und der tariflichen Einkommensteuer unterworfen, wenn dies zu einer niedrigeren Einkommensteuer führt (Günstigerprüfung).

Im Streitfall hatte der Kläger unter anderem Zinsen aus einem privaten Darlehen erzielt. Dieses ordnete das Finanzamt FA als „Darlehen zwischen nahestehenden Personen“ ein, so dass die Zinsen nach dem progressiven Regeltarif zu besteuern waren, vgl. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Bst. a EStG. Daneben erzielte der Kläger negative Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem gesonderten Steuertarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG unterlagen. Er beantragte im Wege der Günstigerprüfung die Verrechnung dieser Kapitaleinkünfte. Das FA lehnte diese Verrechnung ab.

Der BFH hat entschieden, dass Verluste, die dem gesonderten Steuertarif gem. § 32d Abs. 1 EStG unterliegen mit tariflich besteuerten Kapitaleinkünften verrechnet werden können, wenn ein Antrag auf Günstigerprüfung gestellt wird.

Nach Einführung der Abgeltungsteuer fallen Kapitaleinkünfte grundsätzlich unter den gesonderten Steuertarif in Höhe von 25 %, vgl. § 32d Abs. 1 EStG. Verluste aus Kapitalvermögen dürfen gem. § 20 Abs. 6 EStG nicht mit anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden. Nach dem BFH-Urteil steht diese Vorschrift aber einer Verrechnung negativer Kapitaleinkünfte, die unter die Abgeltungsteuer fallen, mit solchen positiven Kapitaleinkünften, die gemäß § 32d Abs. 2 EStG dem Regeltarif des § 32a EStG unterliegen, nicht entgegen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Steuerpflichtige einen Antrag auf Günstigerprüfung gem. § 32d Abs. 6 EStG stellt. Dieser hat zur Folge, dass die der Abgeltungsteuer unterliegenden negativen Kapitaleinkünfte der tariflichen Einkommensteuer unterworfen werden, so dass eine Verlustverrechnung möglich wird. Der Abzug des Sparer-Pauschbetrags (§ 20 Abs. 9 EStG: 801 €) ist in diesem Fall jedoch ausgeschlossen - denn bei regelbesteuerten Einkünften aus Kapitalvermögen können nur die tatsächlich angefallenen und nicht fiktiven Werbungskosten in Höhe des Pauschbetrags abgezogen werden (§ 32d Abs. 2 Nr. 1 S. 2 EStG).

Werbungskostenabzug bei Benutzung eines Privatflugzeugs

Reisekosten sind insbesondere dann als Werbungskosten abziehbar, wenn der Reise ein unmittelbarer beruflicher Anlass (z.B. das Aufsuchen eines Geschäftsfreundes) zugrunde liegt und die Verfolgung privater Reiseinteressen nicht den Schwerpunkt der Reise bildet (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).

Nutzt der Steuerpflichtige ein selbst gesteuertes Privatflugzeug für beruflich veranlasste Reisen, kann es sich bei den Flugkosten um Aufwendungen handeln, die die Lebensführung i. S. der §§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7, 9 Abs. 5 Satz 1 EStG berühren.

Ob ein unangemessener beruflicher Aufwand i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG i. V. m. § 9 Abs. 5 Satz 1 EStG vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Steuerpflichtiger - ungeachtet seiner Freiheit, den Umfang seiner Erwerbsaufwendungen selbst bestimmen zu dürfen -  angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen ebenfalls auf sich genommen haben würde (Anschluss an BFH-Urteil vom 29. April 2014 VIII R 20/12, BFHE 245, 338, BStBl II 2014, 679).

Maßstab für die in erster Linie dem FG als Tatsacheninstanz obliegende Feststellung des angemessenen Teils der Werbungskosten ist die Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Arbeitnehmers in derselben Situation des Steuerpflichtigen.

BFH  v. 19.01.2017, VI R 37/15

Hinweis:

Aufwendungen, „die die Lebensführung…berühren“, dürfen nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG den Gewinn nicht mindern, „soweit sie nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen anzusehen sind“. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG gilt gem. § 9 Abs. 5 S. 1 EStG für die Werbungskosten sinngemäß.

Der Kläger war Geschäftsführer einer inländischen GmbH, an deren Kapital er nicht beteiligt war. Der Kläger war Eigentümer eines einmotorigen Privatflugzeugs, das er aufgrund eines ihm erteilen Flugscheins selbst steuern durfte. Sein Privatflugzeug nutzte der Kläger im Streitjahr für 111 Flugstunden.

Davon entfielen 29,59 Flugstunden auf Flüge zur Wahrnehmung beruflich veranlasster Auswärtstermine.  Das FA lehnte den Abzug der Aufwendungen für die Flüge mit dem Privatflugzeug als Werbungskosten ab.

Der BFH hat entschieden, dass es sich bei den Flügen um Aufwendungen handeln kann, die die Lebensführung i. S. d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG i. V. m. § 9 Abs. 5 S. 1 EStG berühren.

Für den Werbungskostenabzug von beruflich veranlassten Reisekosten kommt es dem Grunde nach nicht darauf an, welches Verkehrsmittel der Steuerpflichtige wählt. Es ist bei Reisekosten wie auch sonst bei der Anerkennung von Aufwendungen als Werbungskosten regelmäßig unerheblich, ob die geltend gemachten Aufwendungen objektiv gesehen zweckmäßig und notwendig waren, selbst wenn das Handeln des Steuerpflichtigen sich nachträglich als unwirtschaftlich herausstellt. Entgegen der Auffassung des FG steht es der Berücksichtigung der Reisekosten des Klägers daher dem Grunde nach nicht entgegen, dass der Kläger die Dienstreisen mit seinem Privatflugzeug durchgeführt hat. Liegt einer Reise des Steuerpflichtigen ein unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde, kann aus der Wahl des Verkehrsmittels grundsätzlich keine private Veranlassung der Reisekosten abgeleitet werden. Die Sache ist nicht entscheidungsreif. Denn das FG hat bisher nicht geprüft, ob der Werbungskostenabzug gemäß § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG i. V. m. § 9 Abs. 5 S. 1 EStG auf einen angemessenen Betrag zu begrenzen ist.




2. Sonstiges

Einheitlicher Erwerbsgegenstand im Grunderwerbsteuerrecht


Ist der Erwerber eines Grundstücks beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags hinsichtlich des "Ob" und "Wie" der Bebauung gebunden, wird das erworbene Grundstück erst dann im bebauten Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs, wenn der Bauerrichtungsvertrag geschlossen wird.

Der Abschluss des Bauerrichtungsvertrags ist ein nachträgliches Ereignis, welches die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer auf den Zeitpunkt des Grundstückserwerbs dahingehend verändert, dass zu den Kosten des Grundstückserwerbs nunmehr auch die Baukosten hinzutreten.

BFH v. 25.01.2017, II R 19/15

Hinweis:

Ist Gegenstand des Erwerbsvorgangs das künftig zu bebauende Grundstück, liegt nach der Rechtsprechung des BFH ein einheitlicher Erwerbsgegenstand bzw. ein sogenanntes einheitliches Vertragswerk vor, mit der Folge, dass die aus dem Werkvertrag für die Errichtung des Hauses geschuldete Vergütung ebenfalls als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuerfestsetzung zugrunde gelegt wird.

Im Urteilsfall erwarb der Kläger von einer Stadt ein Grundstück, welches mit einem Reihenhaus bebaut werden sollte. Im Grundstückskaufvertrag, der sowohl von der Stadt (Verkäuferin) als auch von dem zu beauftragenden Bauunternehmen unterzeichnet wurde, war u.a. festgelegt, nach welchen architektonischen Plänen das Haus errichtet werden sollte. Das FA setzte kurze Zeit später die Grunderwerbsteuer fest und bezog lediglich die Kosten für den Grundstückskauf in die Bemessungsgrundlage für die Steuer ein. Nach der Steuerfestsetzung schloss der Kläger einen Bauerrichtungsvertrag mit dem Bauunternehmen. Daraufhin änderte das FA die ursprüngliche Steuerfestsetzung und bezog die sich aus diesem Vertrag ergebenden Baukosten mit ein.

Der BFH hat entschieden, dass das FA die Baukosten in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einbeziehen kann.

Ist der Erwerber eines Grundstücks beim Abschluss des Grundstückskaufvertrags hinsichtlich des "Ob" und "Wie" der Bebauung gebunden, wird das erworbene Grundstück erst dann in bebautem Zustand erworben, wenn auch der Bauerrichtungsvertrag geschlossen ist. Der Abschluss des Bauerrichtungsvertrags lässt das zunächst unbebaute Grundstück rückwirkend auf den Zeitpunkt des Grundstückskaufvertrags zu einem bebauten werden, § 14 Nr. 2 GrEStG. Die Baukosten sind nachträglich im Rahmen der Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung zusätzlich zu den Kosten für den Grundstückskauf bei der Festsetzung der Grunderwerbsteuer zu berücksichtigen.

Keine Steuerbefreiung für eine Anteilsvereinigung aufgrund Einbringung schenkweise erhaltener Gesellschaftsanteile in eine Kommanditgesellschaft

Eine Anteilsvereinigung ist nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit, wenn die Übertragung der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft sowohl der Schenkungsteuer als auch der Grunderwerbsteuer unterliegt. Wird erst nach der Schenkung der Anteile aufgrund weiterer Rechtsvorgänge der grunderwerbsteuerliche Tatbestand erfüllt, ist eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 Satz 1 GrEStG nicht gerechtfertigt.

Bei der Anteilsvereinigung in der Hand einer Gesamthandsgemeinschaft aufgrund einer Einbringung von Gesellschaftsanteilen wird nicht ein Grundstückserwerb von den einbringenden Gesellschaftern, sondern ein Grundstückserwerb von der grundbesitzenden Gesellschaft fingiert. Dieser (fiktive) Grundstückserwerb kann nicht dem Erwerb von Miteigentumsanteilen i. S. des § 5 Abs. 1 GrEStG gleichgestellt werden.

BFH  v. 22.02.2017, II R 52/14

Hinweis:

Nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer u.a. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, zu deren Vermögen ein inländisches Grundstück gehört, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 % der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers allein vereinigt werden würden. Nach § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG sind Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des ErbStG von der Besteuerung ausgenommen.

A war Alleingesellschafter der grundbesitzenden GmbH. A übertrug seine Beteiligung an der GmbH zu gleichen Teilen an seine vier Töchter. Die Töchter waren verpflichtet die erhaltenen Geschäftsanteile in eine GmbH & Co. KG einzubringen. An der GmbH & Co. KG waren die Töchter zu je ¼ beteiligt. Im Anschluss an eine Außenprüfung vertrat das FA die Auffassung, die Einbringung erfülle den Tatbestand der Anteilsvereinigung gem. § 1 Abs. 3 GrEStG und die Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 2 GrEStG sei nicht zu gewähren.

Der BFH hat entschieden, dass die Anteilsvereinigung nicht steuerbefreit ist.

Wird erst nach der Schenkung der Anteile aufgrund weiterer Rechtsvorgänge der grunderwerbsteuerliche Tatbestand erfüllt, ist eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG nicht gerechtfertigt. In diesen Fällen unterliegt nicht derselbe Rechtsvorgang sowohl der Schenkungsteuer als auch der Grunderwerbsteuer. Vielmehr unterliegen unterschiedliche Rechtsvorgänge (zum einen) der Schenkungsteuer und (zum anderen) der Grunderwerbsteuer. Bei der Anteilsvereinigung in der Hand einer Gesamthandsgemeinschaft aufgrund einer Einbringung von Gesellschaftsanteilen wird nicht ein Grundstückserwerb von den einbringenden Gesellschaftern, sondern ein Grundstückserwerb von der grundbesitzenden Gesellschaft fingiert. Dieser (fiktive) Grundstückserwerb kann nicht dem Erwerb von Miteigentumsanteilen i. S. d. § 5 Abs. 1 GrEStG gleichgestellt werden.

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