Rechtsprechung KW 11-2017

1. Einkommensteuer

Doppelstöckige Personengesellschaft - Zuordnung von Sonderbetriebsvermögen II eines im Ausland ansässigen Gesellschafters

Die Gleichstellung des mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligten Gesellschafters mit dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG bezieht sich nicht nur auf Sondervergütungen und das Sonderbetriebsvermögen I, sondern auch auf das Sonderbetriebsvermögen II.

Negative Einkünfte des Organträgers i.S. des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 KStG liegen nur dann vor, wenn bei diesem nach der Zurechnung des Einkommens der Organgesellschaft ein Verlust verbleibt.

BFH  v. 12.10.2016, I R 92/12

Hinweis:

Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 EStG steht der mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter dem unmittelbar beteiligten Gesellschafter gleich. Er ist als Mitunternehmer des Betriebs der Gesellschaft anzusehen, an der er mittelbar beteiligt ist, wenn er und die Personengesellschaften, die seine Beteiligung vermitteln, jeweils als Mitunternehmer der Betriebe der Personengesellschaften anzusehen sind, an denen sie unmittelbar beteiligt sind.

Alleinige Kommanditistin der Klägerin einer GmbH & Co. KG war zunächst eine Kapitalgesellschaft niederländischen Rechts (BV). Die Anteilseignerin der Kommanditistin gewährte dieser ein Darlehen zu dem Zweck, es der Klägerin über eine Einlage zu ermöglichen, ihrerseits Kapitaleinlagen und Anteilserwerbe bei Organgesellschaften der Klägerin vorzunehmen sowie diesen Darlehen zu gewähren. Die BV brachte ihren Mitunternehmeranteil an der Klägerin später gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in eine niederländische Personengesellschaft ein. Die Klägerin passivierte die Refinanzierungsdarlehen der BV in einer Sonderbilanz und erfasste die Zinsen als Sonderbetriebsausgaben. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung ging das FA davon aus, dass mangels Finanzierungszusammenhang der Zinsaufwand nicht als Sonderbetriebsausgaben der BV zu erfassen sei.
Der BFH hat entschieden, dass die Zinsen aus dem Refinanzierungsdarlehen als Sonderbetriebsausgaben der BV zu erfassen sind.

Im Fall der Darlehensaufnahme sind die Zinsaufwendungen dem Sonderbetriebsbereich zuzuordnen und als Sonderbetriebsausgaben zu berücksichtigen, wenn die Darlehensmittel im Bereich des Sonderbetriebsvermögens des Gesellschafters verwendet werden. Insbesondere Verbindlichkeiten, die der Gesellschafter zur Finanzierung in die Gesellschaft eingelegten Wirtschaftsgütern eingeht, gehören zu seinem (negativen) Sonderbetriebsvermögen II.

Der durch die Einlage in die Klägerin begründete Veranlassungszusammenhang zwischen dem Refinanzierungsdarlehen sowie dem daraus folgenden Zinsaufwand ist nicht dadurch weggefallen, dass die BV ihren Kommanditanteil an der Klägerin mittels Sacheinlage gegen Gewährung von Gesellschafterrechten in die niederländische Personengesellschaft eingebracht hat.

Die Sonderbetriebsausgaben der BV sind im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu berücksichtigen,  § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG. Als solche gehen sie nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Bst. a EStG in die Bemessungsgrundlage der beschränkt steuerpflichtigen Einkünfte ein, denn für den fraglichen Gewerbebetrieb wurde im Inland eine Betriebsstätte unterhalten, welcher die den Sonderbetriebsausgaben zu Grunde liegenden Darlehen nach den im Rahmen des § 50 Abs. 1 S. 1 EStG maßgeblichen Veranlassungsgesichtspunkten zuzurechnen waren.

Das innerstaatliche Besteuerungsrecht wird nicht durch das DBA-Niederlande ausgeschlossen. Die Zinszahlungen sind nach Art. 5 Abs. 1 DBA-Niederlande bei der Bemessung der im Inland zu besteuernden Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen zu berücksichtigen.

Aktien eines Börsenbetreibers bei einem Börsenmakler

Werden einem selbstständigen Kursmakler Anteile einer AG zur Erfüllung seiner Courtageforderung übertragen, gelangen die Anteile im Erwerbszeitpunkt in das Betriebsvermögen. Ihre spätere Entnahme ist dadurch nicht ausgeschlossen.

Die Entnahme erfordert eine unmissverständliche, von einem Entnahmewillen getragene Entnahmehandlung und darüber hinaus, dass der Steuerpflichtige die naheliegenden steuerlichen Folgerungen aus der Entnahme gezogen hat

BFH  v. 29.09.2016, III R 42/13

Hinweis:

Zum Betriebsvermögen (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG) gehören alle Wirtschaftsgüter, die aus betrieblicher Veranlassung angeschafft, hergestellt oder eingelegt werden. Eine betriebliche Veranlassung liegt vor, wenn ein objektiver wirtschaftlicher oder tatsächlicher Zusammenhang mit dem Betrieb besteht.

Der Kläger war als amtlich bestellter Kursmakler an einer Wertpapierbörse tätig und erzielte hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die er durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte. Der Kläger beteiligte sich nach seiner Bestellung zum Kursmakler an dem von der Kursmaklerkammer gehaltenen Aktienanteil. Die anteiligen Anschaffungskosten wurden mit den Ansprüchen aus dem Courtagepool verrechnet. Der Kläger erklärte die jährlichen Dividendenerträge aus den Aktien im Rahmen seiner Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Kläger brachte sein Einzelunternehmen in eine Wertpapierhandels-GmbH ein. Die nach seiner Auffassung im Privatvermögen gehaltenen Aktien wurden nicht eingebracht. Nach einer Betriebsprüfung vertrat das FA die Auffassung, dass die Aktien notwendiges Betriebsvermögen und eine wesentliche Betriebsgrundlage des Einzelunternehmens darstellen. Da die Aktien zurückbehalten wurden seien die Voraussetzungen für eine steuerneutrale Einbringung gem. § 20 UmwStG nicht vorgelegen.

Der BFH hat entschieden, dass die Aktien Betriebsvermögen des Einzelunternehmens wurden; eine spätere Entnahme sei allerdings nicht ausgeschlossen.

Die Aktien wurden im Zeitpunkt ihres Erwerbs Teil des notwendigen Betriebsvermögens des Klägers. Im Streitfall hatte der Kläger eine Courtageforderung gegen die Kursmaklerkammer. Diese Forderung gehörte unzweifelhaft zum Betriebsvermögen. Zur Erfüllung dieser Forderung erhielt der Kläger unter anderem Rechte an den Aktien. Somit war bereits durch den Anschaffungsvorgang objektiv eine wirtschaftliche und tatsächliche Verbindung der Aktien zum Betriebsvermögen hergestellt.

Die Aktien waren nicht dauerhaft dem notwendigen Betriebsvermögen zuzuordnen, weil sie zu den betrieblichen Einnahmen gehörten. Damit war eine jederzeitige Entnahme möglich. Da die Aktien unstreitig nicht zum notwendigen Privatvermögen gehörten, können sie nur durch eine Entnahme aus dem Betriebsvermögen des Klägers ausgeschieden sein.

Es ist nicht ersichtlich, durch welche konkrete Entnahmehandlung der Kläger den allein durch den Anschaffungsvorgang begründeten Funktionszusammenhang der Aktien zum Betriebsvermögen gelöst hat. Dazu bedürfte es einer unmissverständlichen, von einem Entnahmewillen getragenen Entnahmehandlung. Der Steuerpflichtige muss darüber hinaus auch die naheliegenden steuerlichen Folgerungen aus der Entnahme ziehen und einen Entnahmegewinn erklären.

Die Sache wurde an das FG zurückverwiesen. Das FG hat festzustellen, ob die Aktien vor der Einbringung entnommen wurden. Wenn die Aktien noch nicht entnommen waren ist weiterhin zu prüfen, ob es sich nach funktionalen Gesichtspunkten um eine wesentliche Betriebsgrundlage handelt. Ist dies der Fall, wären die Voraussetzung des § 20 UmwStG nicht erfüllt gewesen. Andernfalls (Aktien sind keine wesentliche Betriebsgrunldage) wäre lediglich für die Aktien ein Entnahmengewinn zu ermitteln; die Voraussetzungen für § 20 UmwStG wären für das eingebrachte Vermögen hingegen erfüllt.

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