Auswertung aktueller Aufsätze - Januar 2017

 

1. Verfahrensrecht

1.1 NWB

Aussetzung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistungen - Voraussetzungen für die Anordnung einer Sicherheitsleistung und Rechtsschutz dagegen 


Brete, Thomsen, NWB 02/2017, S. 104

Anmerkung:

Durch Einlegung eines Einspruchs wird die Vollziehung eines Verwaltungsaktes nicht gehemmt. Hierfür ist ein separater Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zu stellen, vgl.
§ 361 AO. Dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wird vom Finanzamt entsprochen, wenn erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder die Vollziehung eine unbillige Härte für den Steuerpflichtigen bedeuten würde.


Gemäß § 361 Abs. 2 S. 5 AO bzw. § 69 Abs. 2 S. 3 FGO kann die Aussetzung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung des Finanzamts bzw. Finanzgerichts. Bei der Ermessensentscheidung sind die Individualinteressen des Steuerpflichtigen auf effektiven Rechtsschutz gegen das Fiskalinteresse des Staates auf Schutz vor Steuerausfällen gegeneinander abzuwägen. Die Ermessensentscheidung erfolgt dabei dreistufig. Auf der ersten Stufe ist zu prüfen, ob die Vollstreckung der Schuld gefährdet ist. Insbesondere bei Auslandsfällen wird von einer Gefährdung der Vollstreckung ausgegangen. Bei einem gesicherten Einkommen/Vermögen und bisher zuverlässiger Zahlung von Steuerverbindlichkeiten ist hingegen keine Gefahr des Steuerausfalls anzunehmen. Auf der zweiten Stufe ist eine Einschätzung über die Wahrscheinlichkeit eines positiven Prozessausgangs für den Steuerpflichtigen vorzunehmen. Die Anordnung einer Sicherheitsleistung wäre ermessenfehlerhaft, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden muss, dass der Steuerpflichtige mit seinem Einspruch Erfolg haben wird. Schließlich ist noch auf der dritten Stufe eine Billigkeitserwägung wegen der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen vorzunehmen. Von einer Sicherheitsleistung ist abzusehen, wenn der Steuerpflichtige im Rahmen zumutbarer Anstrengungen nicht in der Lage ist, die Sicherheit zu leisten. 

1.2 Der Betrieb

AEAO zu § 153 AO: Unternehmen schützen mit Tax Compliance


König, Teichert, DB 04/2017, S. 146

Anmerkung:

Mit Schreiben v. 23.05.2017 hat das BMF den AEAO zu § 153 AO eingefügt.

§ 153 AO regelt die Berichtigung von „bloßen“ Fehlern des Stpfl. (kein vorsätzliches oder leichtfertiges Verhalten), den dieser nachträglich erkennt. Eine Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit setzt ein vorsätzliches bzw. leichtfertiges Handeln voraus (subjektiver Tatbestand).
Zum Sog. IKS (Internes Kontrollsystem) wird in Tz. 2.6 des AEAO zu § 153 AO folgendes ausgeführt.

„Für eine Steuerhinterziehung reicht von den verschiedenen Vorsatzformen bereits bedingter Vorsatz aus. Dieser kommt in Betracht, wenn der Täter die Tatbestandsverwirklichung für möglich hält. Es ist nicht erforderlich, dass der Täter die Tatbestandsverwirklichung anstrebt oder für sicher hält. Nach der BGH-Rspr. ist für die Annahme des bedingten Vorsatzes neben dem Für-Möglich-Halten der Tatbestandsverwirklichung zusätzlich erforderlich, dass der Eintritt des Taterfolges billigend in Kauf genommen wird. Für die billigende Inkaufnahme reicht es, dass dem Täter der als möglich erscheinende Handlungserfolg gleichgültig ist. Hat der Stpfl. ein innerbetriebliches Kontrollsystem eingerichtet, das der Erfüllung der steuerlichen Pflichten dient, kann dies ggf. ein Indiz darstellen, das gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder der Leichtfertigkeit sprechen kann, jedoch befreit dies nicht von einer Prüfung des jeweiligen Einzelfalls“




2. Erbschaft-/Schenkungsteuer

2.1 DStR

Die steuerliche Behandlung von Kunstsammlungen im Licht der jüngsten BFH-Rechtsprechung


Heuer, von Cube, DStR 03/2017, S. 129

Anmerkung:

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 Bst. a ErbStG wird für Kunstsammlungen eine 60%-ige Steuerbefreiung gewährt, wenn die Erhaltung der Gegenstände wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt, die jährlichen Kosten i. d. R. die erzielten Einnahmen übersteigen und die Gegenstände in einem entsprechenden Umfang für die Dauer von zehn Jahren den Zwecken der Forschung oder Volksbildung nutzbar gemacht sind oder werden.

Gem. § 13 Abs. 1 Nr. 2 Bst. b ErbStG wird eine 100%-ige Steuerbefreiung gewährt, wenn die Merkmale des 20-jährigen Familienbesitzes und die Bereitschaft des Steuerpflichtigen gegeben ist, die Kunstwerke den geltenden Bestimmungen der Denkmalspflege zu unterstellen. Nach dem BFH-Urteil v. 12.05.2016, II R 56/14 kann die Erklärung gegenüber der zuständigen Denkmalbehörde oder der Abschluss eines Leih- und Kooperationsvertrags mit einem fachlich einschlägigen Museum eine Indizwirkung für die Bereitschaft des Steuerpflichtigen entfalten. Der Erwerb einer Kunstsammlung ist nur insoweit in vollem Umfang steuerbefreit, als sich die einzelnen der Kunstsammlung gehörenden Gegenstände zum Zeitpunkt des Erwerbs mindestens 20 Jahre im Besitz der Familie befunden haben.

Bei Zuwendungen in das Vermögen einer selbständigen Stiftung steht dem Spendenabzug i. H. v. 20 % der Einkünfte der Betrag von 1 Mio. € zur Verfügung, der gem. § 10b Abs. 1a EStG in voller Höhe von der Steuer abgezogen werden kann. Ein Vortrag nicht ausgeschöpfter Abzugsbeträge ist dabei über zehn Jahre möglich. Bei zusammenveranlagten Ehegatten können bis zu 2 Mio. € abgezogen werden. Nach dem BFH-Beschluss v. 24.05.2016, V B 123/15 handelt eine Körperschaft nicht selbstlos, wenn sie weder selbst noch zugunsten ihrer Mitglieder eigennützige oder eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt. Selbstlosigkeit in diesem Sinne ist nicht gegeben, wenn die Würdigung der Umstände des Einzelfalls ergibt, dass der Gründer einer Stiftung zur Bewahrung und Förderung von bildender Kunst maßgeblich sein Eigeninteresse am Sammeln und am Besitz von Kunstgegenständen verfolgt.

Erbschaftsteuerreform: Finger weg vom Abschmelzungsmodell bei Erwerben begünstigten Vermögens ab 51 Mio. €!

Koretzkij, DStR 04/2017, S. 189

Anmerkung:

Liegt der Erwerb des begünstigten Vermögens oberhalb der Grenze von 26 Mio. € kann auf Antrag des Erwerbers das sog. Abschmelzmodell gem. § 13c ErbStG zur Anwendung kommen. Grundsätzlich werden hier die Regel- und Optionsverschonung gem. § 13a Abs. 1 und 10 ErbStG angewendet. Allerdings reduziert sich der Verschonungsabschlag für jede 750.000 € um einen Prozentpunkt, wird also von der Ausgangsverschonung i. H. v. 85 % bzw. 100 € abgezogen. Es kommt zum Wegfall des Verschonungsabschlags bei der Regelverschonung (85 %) bei Überschreiten der Grenze von 89,75 Mio. €; bei der Optionsverschonung (100 %) liegt die Verschonung bei 0 % im Fall des Überschreitens der Grenze von 90 Mio. € begünstigten Vermögens (§13c Abs. 1 S. 2 ErbStG).

Der Verfasser erläutert anhand eines Beispiels, dass das Abschmelzmodell ab einem bestimmten Betrag begünstigten Vermögens nachteilig wird und erwägt in dieser Konstellation begünstigtes Vermögen teilweise in Privatvermögen zu entnehmen oder in Verwaltungsvermögen umzuwandeln.




3. Umsatzsteuer

3.1 NWB

Geschäftsveräußerung bei nur teilweiser Fortführung der Verpachtung

Praxisfolgen des BFH-Urteils XI R 1/15 vom 6. 7. 2016


Greif, NWB 02/2017, S. 96

Anmerkung:

Mit Urteil v. 06.07.2016, XI R 1/15, BStBl 2016 II S. 909 hat der BFH zur Geschäftsveräußerung bei einem Geschäftshaus, das vom Veräußerer vollständig verpachtet war und vom Erwerber nur noch teilweise verpachtet wird entschieden. Überträgt ein Veräußerer ein verpachtetes Geschäftshaus und setzt der Erwerber die Verpachtung nur hinsichtlich eines Teils des Gebäudes fort, liegt hinsichtlich dieses Grundstücksteils eine Geschäftsveräußerung i.S. des § 1 Abs. 1a UStG vor. Dies gilt unabhängig davon, ob der verpachtete Gebäudeteil „zivilrechtlich selbständig” ist oder nicht.

Im Urteilsfall errichtete der Kläger ein zweistöckiges Geschäftshaus und vermietete es zunächst voll umsatzsteuerpflichtig. Später veräußerte der Kläger das Geschäftshaus. Der Erwerber übernahm die Mietverträge für das Obergeschoss, nutzte jedoch das Erdgeschoss für eigene unternehmerische Zwecke. Das FG ging davon aus, dass insgesamt eine umsatzsteuerfreie Veräußerung gem. § 4 Nr. 9 Bst. a UStG vorliegt und verlangte wegen einer Änderung der Verhältnisse eine Vorsteuerkorrektur gem. § 15a UStG. Hinsichtlich des Obergeschosses wurde vom FG eine Geschäftsveräußerung im Ganzen gem. § 1 Abs. 1a UStG verneint, da es sich hierbei nicht um ein zivilrechtlich eigenständiges Wirtschaftsgut handelte. Der BFH hat jedoch das Vorliegen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen für das Obergeschoss bejaht.

Ein selbständiger Unternehmensteil kann nach Ansicht des BFH schon in einer Kombination aus Wirtschaftsgütern bestehen, welche, wenn sie von einem größeren Unternehmen abgespalten wird, für die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausreicht. Unerheblich ist dabei, ob die Wirtschaftsgüter bereits beim Veräußerer als eigenständige Organisationseinheit geführt wurden. Entscheidend ist vielmehr, ob ein Erwerber die Wirtschaftsgüter als selbständiges Unternehmen fortführen könnte.

Nach der EuGH-Rechtsprechung ist es unerheblich, ob der Veräußerer anlässlich der Übertragung einen Teil seiner wirtschaftlichen Tätigkeit einstellt. Die Voraussetzungen der Geschäftsveräußerung im Ganzen sind nur hinsichtlich des übertragenen Teilvermögens zu prüfen. Ob es daneben noch weitere Übertragungsvorgänge gegeben hat und wie diese ggf. umsatzsteuerlich zu würdigen sind, ist nach Ansicht des BFH unerheblich.




4. Einkommensteuer

4.1 NWB

Haushaltsnahe Dienstleistungen und Beschäftigungsverhältnisse – Anmerkungen zum BMF-Schreiben v. 9.11.2016


Nolte, NWB 02/2017, S. 121

Anmerkung:
  • Begriff „im Haushalt“
Der Begriff „im Haushalt“ ist entsprechend der BFH-Rechtsprechung nicht starr nach der jeweiligen Grundstücksgrenze, sondern räumlich-funktional danach auszulegen, was dem Haushalt dient (so z.B. beim Winterdienst).
  • Anschluss an Ver- und Entsorgungsnetze
Hausanschlusskosten können unter die begünstigten Handwerkerkosten fallen, wenn dadurch der Haushalt des Steuerpflichtigen an das öffentliche Versorgungsnetz angeschlossen wird. Voraussetzung für den Abzug der Aufwendungen ist, dass das eigene Grundstück unmittelbar an den öffentlich Grund und Boden angrenzt.
  • Technische Prüfleistungen/Gutachtertätigkeiten
Technische Prüfleistungen zur Erhebung des mangelfreien Istzustands können ebenso Handwerkerleistungen sein wie die Beseitigung eines bereits eingetretenen Schadens oder vorbeugende Maßnahmen zur Schadensabwehr.
  • Notrufsysteme
Die mit der Betreuungspauschale abgegoltenen Aufwendungen für ein Notrufsystem sind nunmehr ebenfalls begünstigt.
  • Tierbetreuung und – pflege
Aufwendungen für die Betreuung und die Pflege von Tieren, die im Haushalt des Steuerpflichtigen leben und dort betreut werden, fallen ebenfalls unter „haushaltsnahe Dienstleistungen“.

Unbedingte Veräußerungsabsicht in Ein-Objekt-Fällen – Gefahr des gewerblichen Grundstückshandels

Blusz, NWB 03/2017, S. 172

Anmerkung:

Als Indiz für das Vorliegen eines gewerblichen Grundstückshandels gilt die Überschreitung der „Drei-Objekt-Grenze“. Danach ist die Veräußerung von mehr als drei Objekten innerhalb eines Fünfjahreszeitraums grundsätzlich gewerblich, vgl. BMF- Schreiben v. 26.03.2004, BSBl 2004 I S. 434, Rn. 5.
Eine gewerbliche Tätigkeit kann allerdings auch ohne Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze vorliegen, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass die Tätigkeiten von Anfang an mit unbedingter Veräußerungsabsicht ausgeübt worden sind. Als Beweisansichten für eine unbedingte Veräußerungsabsicht kommen nach dem BMF- Schreiben v. 26.03.2004, a.a.O. folgende Aspekte in Betracht:
  • Das Grundstück mit einem darauf vom Veräußerer zu errichtenden Gebäude wird bereits vor seiner Bebauung verkauft. Als Verkauf vor Bebauung ist ein Verkauf bis zur Fertigstellung des Gebäudes anzusehen.
  • Das Grundstück wird von vornherein auf Rechnung und nach Wünschen des Erwerbers bebaut.
  • Das Bauunternehmen des das Grundstück bebauenden Steuerpflichtigen erbringt erhebliche Leistungen für den Bau, die nicht wie unter fremden Dritten abgerechnet werden.
  • Das Bauvorhaben wird nur kurzfristig finanziert.
  • Der Steuerpflichtige beauftragt bereits während der Bauzeit einen Makler mit dem Verkauf des Objekts.
  • Vor Fertigstellung wird ein Vorvertrag mit dem künftigen Erwerber geschlossen.
  • Der Steuerpflichtige übernimmt über den bei Privatverkäufen üblichen Bereich hinaus Gewährleistungspflichten.
  • Unmittelbar nach dem Erwerb des Grundstücks wird mit der Bebauung begonnen und das Grundstück wird unmittelbar nach Abschluss der Bauarbeiten veräußert.
Liegen die Voraussetzungen des gewerblichen Grundstückshandels vor, erzielt der Steuerpflichtige keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sondern aus Gewerbebetrieb. Das Objekt stellt Umlaufvermögen dar, so dass Abschreibungen und Sonderabschreibungen nicht steuermindernd berücksichtigt werden können. Das Grundstück gehört zum Betriebsvermögen und ist steuerlich verstrickt, so dass ein etwaiger Veräußerungsgewinn, aber auch ein Veräußerungsverlust, unabhängig von der Spekulationsfrist nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG steuerlich relevant sind.

Reform der Familienkassen und Anhebung von Kindergeld und Kinderfreibetrag - Aktuelles zum steuerlichen Familienleistungsausgleich

Bering, Friedenberger, NWB 05/2017, S. 331

Anmerkung:

Mit dem Gesetz zur Beendigung der Sonderzuständigkeit der Familienkassen des öffentlichen Dienstes im Bereich des Bundes v. 08.12.2016 erfolgt eine Strukturreform der Familienkassen in Deutschland. Insoweit erfolgt eine Konzentration der Kindergeldbearbeitung bei der Bundesagentur für Arbeit. Durch § 72 EStG n.F. erhalten die öffentlichen Arbeitgeber von Länder und Kommunen die Option, auf ihre Sonderzuständigkeit zur Festsetzung und Auszahlung des Kindergelds für ihre Beschäftigten zu verzichten und die Bearbeitung an die Bundesagentur für Arbeit abzugeben.

2017 und 2018 wurden Kinderfreibetrag und Kindergeld leicht angehoben. Der Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 S. 1 EStG wurde  für jeden Elternteil um jeweils 54 € auf 2.358 € (108 € bzw. 4.716 € für beide Eltern zusammen), für 2018 um weitere 36 € auf dann 2.394 € (72 € bzw. 4.788 € für beide Eltern zusammen) erhöht. Für 2017 wurde das Kindergeld um 2 € pro Kind angehoben und beträgt nun monatlich 192 € für das erste und zweite Kind, 198 € für das dritte Kind und 223 € für jedes weitere Kind. Ab dem 01.01.2018 steigt das Kindergeld jeweils um weitere 2 €.

4.2 DStR

Steuerneutrale Einlagenrückgewähr bei Gesellschaften aus Drittstaaten – zugleich Anmerkungen zu den Urteilen des BFH v. 13.7.2016 – VIII R 47/13 und VIII R 73/13


Mayer-Theobald, Süß, DStR 03/2017, S. 137

Anmerkung:

Mit Urteilen v. 13.07.2016, VIII R 47/13 u. VIII R 73/13 hat der BFH entschieden, dass die Übertragung von Aktien im Rahmen eines ausländischen „Spin-off“ zwar grundsätzlich zu Kapitaleinkünften gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG führen. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG ist jedoch unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass eine Einlagenrückgewähr auch von einer Gesellschaft getätigt werden kann, die in einem Drittstaat ansässig ist und für die kein steuerliches Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG geführt wird.

Gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 ESTG gehören Bezüge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG nicht zu den Einnahmen, soweit sie aus Ausschüttungen einer Körperschaft stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG als verwendet gelten.

Der Anwendungsbereich der Regelungen zum steuerlichen Einlagekonto umfasst in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften (§ 27 Abs. 1 KStG) und Körperschaften, die in einem anderen Mitgliedsstaat der EU der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen (§ 27 Abs. 8 KStG). Für in Drittstaaten ansässige Körperschaften ist keine entsprechende gesetzliche Regelung vorgesehen.

Nach Ansicht des BFH läge eine Ungleichbehandlung zwischen EU-Gesellschaften i. S. § 27 Abs. 8 KStG und Drittstaatsgesellschaften vor, wenn für diese keine Möglichkeit der steuerneutralen Einlagenrückgewähr bestünde. Zum anderen würde eine solche Auslegung gegen die auch für Drittstaaten geltende Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen, da sie Investitionen in Drittstaaten behindern würde.

Transparenz der vermögensverwaltenden Personengesellschaft

Milatz, Sax, DStR 03/2017, S. 141

Anmerkung:

Im Unterschied zu gewerblichen Personengesellschaften findet bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften die sog. Bruchteilsbetrachtung gem. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO Anwendung. Demnach sind den Gesellschaftern in Höhe ihrer Beteiligungsquote die jeweiligen Wirtschaftsgüter der Personengesellschaft anteilig zuzurechnen.

Bei vermögensverwaltenden Personengesellschaft können sich steuerliche Folgen ergeben, wenn bei Gründung oder Auflösung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft sowie beim Ein- oder Austritt von Gesellschaftern steuerverstrickte Wirtschaftsgüter von einem Gesellschafter auf den anderen Gesellschafter übergehen.

Fraglich ist, ob auch dann ein Veräußerungstatbestand ausgelöst wird, wenn durch die Gesellschafter Anteile an demselben Wirtschaftsgut eingebracht werden. Aufgrund des Untergangs des Alleineigentums und der Begründung von gesamthänderisch gebundenen Vermögen und der anteiligen Zurechnung zu den jeweiligen Gesellschaftern liegen grundsätzlich die Voraussetzungen für einen steuerrelevanten Tausch vor. Allerdings liegt nach der h. M. aufgrund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise keine Veräußerung bzw. Anschaffung vor, wenn die Gesellschafter vorher (unmittelbar) und nachher (mittelbar) in gleichem Umfang an dem Wirtschaftsgut beteiligt sind.

Übernahme des horizontalen Verlustausgleichs beim Ermäßigungshöchstbetrag nach § 35 Abs. 1 S. 2 EStG durch die Finanzverwaltung – Neuerungen und neue Zweifelsfragen

Staaden, DStR 04/2017, S. 184

Anmerkung:

Vgl. Anmerkung zu Gragert. NWB 52/2016, S. 3.924

4.3 Der Betrieb

Erweiterung der Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen gem. § 35a EStG


Geserich, DB 04/2017, S. 152

Anmerkung:

Vgl. Anmerkung zu Nolte, NWB 02/2017, S. 121




5. Körperschaftsteuer

5.1 DStR

Die Neuregelung des § 8d KStG beim schädlichen Beteiligungserwerb


Förster, von Cölln, DStR 01/2017, S. 8

Anmerkung:

Mit der Einführung des § 8d KStG sollen auch für Unternehmen, bei denen weder die Konzernklausel (§ 8c Abs. 1 S. 5 KStG) noch die Stille-Reserven-Klausel (§ 8c Abs. 1 S. 6 KStG) einschlägig sind, nicht genutzte Verluste, trotz eines schädlichen Anteilseignerwechsels unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin nutzbar sein.

In der Steuererklärung für die Veranlagung des Wirtschaftsjahres, in das der schädliche Beteiligungserwerb fällt, ist ein Antrag auf Nichtanwendung von § 8c KStG zu stellen,
§ 8d Abs. 1 S. 1, 4 KStG.


Der Geschäftsbetrieb muss seit Gründung der Körperschaft oder zumindest seit Beginn des dritten Veranlagungszeitraums vor dem Veranlagungszeitraum des schädlichen Beteiligungserwerbs (Beobachtungszeitraum) gleich geblieben sein. Der Geschäftsbetrieb umfasst die von einer einheitlichen Gewinnerzielungsabsicht getragenen, nachhaltigen, sich gegenseitig ergänzenden und fördernden Betätigungen der Körperschaft.

Weitere Voraussetzungen für die Beantragung der Feststellung des „fortführungsgebundenen Verlustvortrag“ ist, dass der Verlust nicht aus einer Zeit vor Einstellung oder Ruhendstellung des Geschäftsbetriebes stammt und die Körperschaft darf nicht zu Beginn des Beobachtungszeitraums Organträger oder an einer Mitunternehmerschaft beteiligt sein.

Bei Einstellung des Geschäftsbetriebs, geht der nach § 8d Abs. 1 KStG zuletzt festgestellte „fortführungsgebundene Verlustvortrag“ unter; die Stille-Reserven-Klausel (§ 8c Abs. 1 S. 6 bis 9 KStG) gilt bezogen auf die zum Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorhandenen stillen Reserven entsprechend.  

Der festgestellte „fortführungsgebundene Verlustvortrag“ geht ferner unter, wenn
  • der Geschäftsbetrieb ruhend gestellt wird,
  • der Geschäftsbetrieb einer andersartigen Zweckbestimmung zugeführt wird,
  • die Körperschaft einen zusätzlichen Geschäftsbetrieb aufnimmt,
  • die Körperschaft sich an einer Mitunternehmerschaft beteiligt,
  • die Körperschaft die Stellung eines Organträgers im Sinne des § 14 Abs. 1 KStG einnimmt oder
  • auf die Körperschaft Wirtschaftsgüter übertragen werden, die sie zu einem geringeren als dem gemeinen Wert ansetzt.
Tatsächliche Durchführung von Gewinnabführungsverträgen i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG und  Wiedereinlagevereinbarungen

Schell, Schrade, DStR 02/2017, S. 86

Anmerkung:

Gem. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG ist u.a. Voraussetzung für die Anerkennung der körperschaftsteuerlichen Organschaft, dass der Gewinnabführungsvertrag auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen wird und während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt wird. Fraglich ist, ob eine sog. Wiedereinlagevereinbarung der tatsächlichen Durchführung entgegensteht. Bei einer Wiedereinlagevereinbarung ist in der Regel vorgesehen, dass nach dem Gewinnabführungsvertrag von der Organgesellschaft an den Organträger abzuführende Beträge vom Organträger umgehend wieder in die Organgesellschaft als andere Zuzahlung in die Kapitalrücklage gem. § 272 Abs. 2 Nr.  4 HGB eingelegt werden. Nach einer Auffassung in der Kommentierung (Dötsch, Kommentar KStG) steht eine Wiedereinlagevereinbarung in Form einer langfristigen Dauervereinbarung, nach der Gewinne wiedereingelegt werden müssen, während Verluste zu übernehmen sind, im Hinblick auf das Durchführungserfordernis des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 1 KStG einer steuerlichen Anerkennung entgegen.

Das Zusammenspiel zwischen körperschaft- und gewerbesteuerlichem Schachtelprivileg bei Bezug über eine gewerbliche Personengesellschaft
Haase, Dorn, DStR 03/2017, S. 134

Anmerkung:

Durch die körperschaft- und gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegien in § 8b KStG und § 9 Nr. 2a u. Nr. 7 GewStG sollen Kaskadeneffekte bei der Besteuerung von Dividenden in mehrstufigen Unternehmensgruppen verhindert werden.

Voraussetzung für das körperschaftsteuerliche Schachtelprivileg gem. § 8b Abs. 1 KStG ist, dass die unmittelbare Beteiligung am Grund- oder Stammkapital der ausschüttenden  Körperschaft zu Beginn des Kalenderjahres mindestens 10 % beträgt, vgl. § 8b Abs. 4 KStG. Beteiligungen über eine Mitunternehmerschaft sind dabei dem Mitunternehmer zuzurechnen, § 8b Abs. 4 S. 4 KStG. Liegen die Voraussetzungen für das körperschaftsteuerliche Schachtelprivileg vor, sind die Dividenden zu 95 % steuerbefreit (5 % gelten als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben gem. § 8b Abs. 5 KStG).
Voraussetzung für die gewerbesteuerliche Kürzungsvorschrift (§ 9 Nr. 2a GewStG) ist, dass zu Beginn des Veranlagungszeitraums eine Mindestbeteiligung an der ausschüttenden Gesellschaft i. H. v. 15 % besteht.  Die nicht abzugsfähigen 5 % gem. § 8b Abs. 5 KStG unterliegen gem. § 9 Nr. 2a S. 4 GewStG der Gewerbesteuer.

Aus dem Zusammenspiel des körperschaft- und gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs ergibt sich, dass Dividenden aus einer unmittelbaren Beteiligung von mindestens 15 % am Grund- oder Stammkapital der ausschüttenden Gesellschaft zu 95 % sowohl von der Körperschaft- als auch von der Gewerbesteuer befreit sind. Bei einer Beteiligung von weniger als 15 %, aber mindestens 10 % am Grund- oder Stammkapital der ausschüttenden Gesellschaft ergibt sich eine 95%-ige Körperschaftsteuerbefreiung, aber keine Gewerbesteuerbefreiung. Bei Beteiligung von weniger als 10 % unterliegt die Dividende in vollem Umfang der Körperschaft- und Gewerbesteuer.

Bei mittelbaren Beteiligungen über gewerbliche Personengesellschaften kann ein Zwerganteilseigner durch Zwischenschaltung einer Personengesellschaft die Gewerbesteuerpflicht vollständig vermeiden, da es insoweit auf die Beteiligung der Personengesellschaft an der ausschüttenden Gesellschaft ankommt und insoweit nicht auf die Quote des beteiligten Mitunternehmers abgestellt wird. Körperschaftsteuerlich wird die Beteiligung dem Mitunternehmer allerdings lediglich quotal zugerechnet.




5.2 Der Betrieb

Organschaft: Der Gesetzeszweck der Ausschüttungssperre in § 253 Abs. 6 S. 2 HGB n.F. als Thesaurierungsgrund i. S. v. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KStG – zugleich Anm. zum BMF-Schreiben v. 23.12.2016

 
Hageböcke, Hennrichs, DB 01-02/2017, S. 18

Anmerkung:

Mit BMF-Schreiben v. 23.12.2016 hat das BMF zu den Auswirkungen der Änderung des § 253 HGB durch das Gesetz zur Wohnimmobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften Stellung genommen.

Durch das o.g. Gesetz wurde der handelsrechtliche Ansatz von Rückstellungen für Altersvorsorgeverpflichtungen geändert. Abzuzinsen sind derartige Rückstellungen nunmehr mit dem Marktzinssatz, der sich aus den vergangenen zehn Geschäftsjahren ergibt (§ 253 Absatz 2 Satz 1 HGB n. F.). Nach Artikel 74 Absatz 6 EG-HGB ist die Neuregelung erstmals auf Jahresabschlüsse für das nach dem 31.12.2015 endende Geschäftsjahr anzuwenden. Für den jährlich zu ermittelnden Unterschiedsbetrag (Abstockungsgewinn), der sich aus der Abzinsung mit dem durchschnittlichen Marktzinssatz für sieben bzw. zehn Geschäftsjahre ergibt, wurde in § 253 Absatz 6 HGB n. F. eine sogenannte Ausschüttungssperre geschaffen, die in jedem Geschäftsjahr, das unter die Neuregelung fällt, zu ermitteln ist. Eine korrespondierende Abführungssperre bei Gewinnabführungsverträgen wurde ausdrücklich nicht geregelt; § 301 AktG (bestimmt den Höchstbetrag der Gewinnabführung) ist unverändert geblieben.

Die nach § 14 Absatz 1 Satz 1 KStG i. V. m. § 301 AktG notwendige Abführung des gesamten Gewinns setzt daher nach Auffassung des BMF voraus, dass auch Gewinne, die auf der Anwendung des § 253 HGB beruhen, vollständig an den Organträger abgeführt werden. Eine analoge Anwendung der Ausschüttungssperre kommt nach Auffassung des BMF nicht in Betracht. Die Änderung des § 253 HGB rechtfertigt für sich alleine auch nicht die pauschale Einstellung des Abstockungsgewinns in eine Rücklage. Dies schließt allerdings eine Einstellung in eine Rücklage unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KStG nicht aus, wenn dies im Einzelfall bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründbar ist. Liegen die Voraussetzungen für eine Rücklagenbildung nicht vor, wird eine vor dem 23.12.2016 unterlassene Abführung nicht beanstandet, wenn die Abführung des entsprechenden Abstockungsgewinns spätestens in dem nächsten nach dem 31.12.2016 aufzustellenden Jahresabschluss nachgeholt wird.




6. Internationales Steuerrecht

6.1 NWB

Das neue Abzugsverbot des § 4i EStG für Sonderbetriebsausgaben


Kanzler, NWB 05/2017, S. 326

Anmerkung:

Durch das Anti-BEPS-Umsetzungsgesetz wurde mit § 4i EStG ein neues Abzugsverbot für Sonderbetriebsausgaben geschaffen.

Das Abzugsverbot des § 4i S. 1 EStG zielt auf den Sonderfall von Aufwendungen im Rahmen hybrider Gestaltungen – die Finanzierung von Inbound-Akquisitionen ab (BT-Drs. 18/9956, S. 2f).

Das deutsche Besteuerungskonzept der Gesellschafter von Personengesellschaften nimmt im internationalen Vergleich eine Sonderstellung ein. Steuerrechtlich ist die Personengesellschaft Gewinnermittlungssubjekt. Die ertragsteuerlichen Folgen werden jedoch bei den Gesellschaftern gezogen (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG). Dabei gilt die Besonderheit, dass aus dem Sonderbetriebsvermögen veranlasste Erträge und Aufwendungen eines Gesellschafters in die Gewinnermittlung bei der Personengesellschaft mit einfließen. Dies führt im grenzüberschreitenden Kontext zu Verwerfungen, da in der Regel keine einheitliche Würdigung des Sachverhalts durch die betroffenen Staaten aufgrund voneinander abweichender Steuergesetze erfolgt.

Aus dieser unterschiedlichen Behandlung kann als Rechtsfolge ein doppelter Betriebsausgabenabzug in Deutschland und dem anderen Staat resultieren. Leistet z. B. ein in einem DBA-Staat ansässiger Gesellschafter (regelmäßig eine ausländische Kapitalgesellschaft), der als Kommanditist an einer inländischen GmbH & Co. KG beteiligt ist, eine Einlage in die Personengesellschaft, die er wiederum über ein (Konzern-)Darlehen refinanziert hat, stellt der Refinanzierungsaufwand Sonderbetriebsausgaben des Kommanditisten bei der inländischen Personengesellschaft dar. Das zur Refinanzierung der Einlage aufgenommene Darlehen gehört zum Sonderbetriebsvermögen II des Kommanditisten bei der inländischen Personengesellschaft. Beim ausländischen Gesellschafter, der im anderen Staat unbeschränkt steuerpflichtig ist, stellen die Zinszahlungen regelmäßig auch abzugsfähige Betriebsausgaben dar. Im Inland erfolgt über die Zuordnung des Darlehens zum Sonderbetriebsvermögen II eine Berücksichtigung des Refinanzierungsaufwands als Sonderbetriebsausgabe in der Gewinnermittlung der Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft). Folge dieser Konstellation ist, dass sich der Refinanzierungsaufwand doppelt gewinnmindernd auswirkt. In diesen Fällen soll der Betriebsausgabenabzug in Deutschland durch die Einfügung eines § 4i EStG versagt werden.

Durch § 4i S. 1 EStG wird der Abzug in Deutschland beschränkt, soweit der nämliche Aufwand in einem anderen Staat nochmals von der steuerlichen Bemessungsgrundlage abgezogen wird. Die Regelung erfasst zielgenau ausschließlich Sonderbetriebsausgaben und hat damit keine Auswirkungen auf das Gesamthandsvermögen der Mitunternehmerschaft. Eine zeitliche Übereinstimmung hinsichtlich des Doppelabzugs ist nicht Anwendungsvoraussetzung für die Regelung. Das Abzugsverbot greift auch, wenn der Abzug im anderen Staat in einem vorhergehenden oder einem nachfolgenden Veranlagungszeitraum, Steuerjahr, Wirtschaftsjahr oder Kalenderjahr geltend gemacht wird.

§ 4i S. 2 EStG soll überschießende Wirkungen vermeiden. Insbesondere im Rahmen einer Steueranrechnung oder bei fehlendem Doppelbesteuerungsabkommen kann es zur Doppelerfassung von Einkünften in mehreren Staaten kommen. In diesen Fällen gibt es keine Rechtfertigung zur Versagung des Betriebsausgabenabzugs, soweit auch Erträge doppelt erfasst werden. Die tatsächliche Besteuerung von Erträgen im anderen Staat, ist vom Steuerpflichtigen, der einen Doppelabzug von Aufwendungen geltend macht, nachzuweisen. Dabei gelten die erhöhten Mitwirkungspflichten gem. § 90 Abs. 2 AO.

6.2 DStR

§ 50i EStG reloaded! Was ist nun zu tun?


Liekenbrock, DStR 04/2017, S. 177

Anmerkung:

Mit dem Anti-BEPS-Umsetzungsgesetz wurde § 50i EStG angepasst, um insbesondere die überschießenden Wirkungen der Regelung zu beseitigen.

Die Suspendierung der allgemeinen Entstrickungsregelungen wird zeitlich begrenzt, indem § 50i Abs. 1 u. 2 EStG nur noch für Sachverhalte gilt, in denen das Besteuerungsrecht an den betreffenden Wirtschaftsgütern vor dem 01.01.2017 ausgeschlossen oder beschränkt worden ist. Kommt es hingegen nach dem 31.12.2016 zu einem Ausschluss oder einer Beschränkung des deutschen Besteuerungsrecht hinsichtlich der betreffenden Wirtschaftsgüter oder Anteile, findet § 50i EStG keine Anwendung mehr, so dass hierfür die allgemeinen Entstrickungsregelungen anzuwenden sind.

§ 50i Abs. 2 EStG n.F. gilt nur noch für Einbringungen i. S. § 20 UmwStG. Bei  der Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen nach § 20 Abs. 1 UmwStG, die Wirtschaftsgüter und Anteile enthalten, die vor dem 29.06.2013 in das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 3 EStG übertragen oder überführt worden sind, diese zwingend mit dem gemeinen Wert angesetzt werden müssen. Der Ansatz des gemeinen Werts bezieht sich zudem, anders als nach dem bisherigen Gesetzeswortlaut, nicht auf die „Sachgesamtheit“, sondern nur auf die betroffenen Wirtschaftsgüter und Anteile im Sinne des Absatzes 1. Soweit sonst durch Umwandlungen und Einbringungen im Sinne des UmwStG oder durch Überführungen oder Übertragungen deutsche Besteuerungsrechte eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, gelten die allgemeinen Entstrickungsregelungen.

6.3 Der Betrieb

Die neuen Verwaltungsgrundsätze zur Betriebsstättengewinnaufteilung (VWG BsGa) – zehn wichtige Neuerungen


Heinsen, DB 03/2017, S. 85

Anmerkung:

Am 22.12.2016 hat das BMF die Verwaltungsgrundsätze zur Betriebsstättengewinnaufteilung (VWG BsGa) veröffentlicht.  Mit dem Schreiben nimmt die Finanzverwaltung zum Authorized OECD Approach (AOA) Stellung, welcher neue Grundsätze zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf die Aufteilung von Einkünften zwischen einem Unternehmen mit einer im anderen Staat belegenen Betriebsstätte enthält.

Nach Ansicht des Verfassers sind die folgenden Neuerungen von besonderer Bedeutung.
 
  • Sperrwirkung des DBA bei der Einkünftezuordnung
Die Anwendung von § 1 Abs. 5 AStG führt nur zu einer Erhöhung der inländischen Einkünfte oder einer Minderung der ausländischen Einkünfte. Nach Rn. 11 der VWG BsGa gelten die Grundsätze des BMF-Schreibens allerdings auch, wenn zu entscheiden ist, inwieweit die Anwendung der Vorschrift eines geltenden DBA, die inhaltlich Art. 7 Abs. 2 OECD-MA (Fremdvergleichsgrundsatz) entspricht, zu einer Erhöhung der ausländischen Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen bzw. zu einer Minderung der inländischen Einkünfte eines beschränkt Steuerpflichtigen führt.
 
  • Begriffsnovum die „einfache Betriebsstätte“
Die Regelungen des BMF-Schreibens gelten nur für eine sog. „einfache Betriebsstätte“. Dies ist nach Rn. 13 der VWG BsGa eine Betriebsstätte, die Bestandteil eines Unternehmens ist. In Abgrenzung dazu gelten die Regelungen nicht für Betriebsstätten, die angenommen werden, weil einem Mitunternehmer steuerlich Einkünfte einer einfachen Betriebsstätte der Mitunternehmerschaft anteilig zuzurechnen sind (sog. Mitunternehmerbetriebsstätte).
 
  • Hilfs- und Nebenrechnung
Die Hilfs- und Nebenrechnung dient der steuerlichen Ergebnisberechnung der Betriebsstätte (Rn. 51 VWG BsGa). Die Buchführung des Unternehmens kann Ausgangspunkt für die Hilfs- und Nebenrechnung sein. In bestimmten Ausnahmefällen kann die Buchführung der Hilfs- und Nebenrechnung entsprechen.
 
  • Vorlaufkosten
Vorlaufkosten sind Aufwendungen, die vor der Begründung einer Betriebsstätte, aber in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit der Begründung entstehen.  Diese Kosten sind nach Auffassung des BMF dem übrigen Unternehmen zuzuordnen, da einer Betriebsstätte vor ihrem Entstehen keine Personalfunktionen zugeordnet werden können. Allerdings sind die Kosten nach Auffassung des BMF nicht abzugsfähig, da ein Zusammenhang zu steuerbefreiten DBA-Einkünften bestünde – dies gelte selbst dann, wenn es nicht zur Begründung der Betriebsstätte komme.
 
  • Vorstände und Geschäftsführer mit maßgeblicher Personalfunktion
Die Einkünfteaufteilung erfolgt grundsätzlich nach den maßgeblichen Personalfunktionen. Fraglich ist, ob eine sog. Geschäftsleitungsbetriebsstätte ein Gewinn zuzurechnen ist.  Ab einer gewissen Unternehmensgröße beschränkt sich die Funktion, die ein Vorstand oder Geschäftsführer ausübt, auf strategische und damit für die Betriebsstättengewinnaufteilung nicht maßgebliche Presonalfunktionen.
 
  • Risikoarme Dienstleistungsbetriebsstätte
Bei sog. risikoarmen Dienstleistungsbetriebsstätten ist nach Auffassung des BMF die Anwendung einer kostenorientierten Verrechnungspreismethode vorgesehen.  Das BMF führt in diesem Zusammenhang insbesondere Bau- oder Montagebetriebsstätten an.
 
  • Vertreterbetriebsstätte und die „Null-Summentheorie“
Bei der Vertreterbetriebsstätte besteht die Besonderheit darin, dass die Personalfunktion des Vertreters dem Vertretenen zuzurechnen ist. Bei ständigen Vertretern, die rechtlich eigenständige Unternehmen sind soll es nach Auffassung des BMF zu keinem Ergebnis der Vertreterbetriebsstätte kommen, da der Ertrag vollständig an den Vertreter weiterzugeben ist („Null-Summentheorie“).

Verschärfung der Mitwirkungspflichten inländischer Steuerpflichtiger bei Auslandsinvestitionen durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz

Krüger, DB 03/2017, S. 90

Anmerkung:

Nachdem Anfang April 2016 die „Panama Papers“ veröffentlicht wurden, hat das Bundeskabinett am 21.12.2016 mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (StUmgBG) reagiert.

Im StUmgBG sind u.a. geänderte Anzeigepflichten des Steuerpflichtigen enthalten.

Inländische Steuerpflichtige müssen nach § 138 Abs. 2 Nr. 2 u. Nr. 3 AO-E zusätzlich zum Erwerb auch die Veräußerung von relevanten Beteiligungen mitteilen.

Die Meldeschwelle für ausländische Beteiligungen an Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen wird auf zehn Prozent abgesenkt, mittelbare Beteiligungen sind durchzurechnen.

Unabhängig vom Umfang der Beteiligung ist auch der erstmalige Eintritt einer Beherrschungsmöglichkeit über eine Drittstaat-Gesellschaft mitteilungspflichtig, wobei auch nahe stehende Personen i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG einzubeziehen sind.

Die Frist für die Erfüllung auslandsbezogener Anzeigepflichten richtet sich künftig nach dem Abgabezeitpunkt für die Steuererklärung, spätestens endet die Frist 14 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der mitzuteilende Sachverhalt verwirklicht worden ist.
 
Verstöße der Anzeigepflicht können mit einer Geldbuße von maximal 25.000 € geahndet werden.




7. Bilanzsteuerrecht

7.1 NWB

Überführung und Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern - Ertrag- und umsatzsteuerliche Aspekte des § 6 Abs. 5 EStG


Rennar, NWB 05/2017, S. 343

Anmerkung:

Überführungen ohne Rechtsträgerwechsel (§ 6 Abs. 5 S. 1 und 2 EStG) stellen ertragsteuerlich regelmäßig Entnahmen aus dem abgebenden Betriebsvermögen und Einlagen in das aufnehmende Betriebsvermögen dar, deren Bewertung abweichend von § 6 Abs. 1 Nr. 4 und 5 EStG in § 6 Abs. 5 EStG geregelt ist.

Die Übertragung von Wirtschaftsgütern nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG gegen Gewährung oder Minderung von Gesellschaftsrechten stellt als Spezialform des Tauschs regelmäßig einen Veräußerungsvorgang (tauschähnlicher Vorgang) dar, dessen Bewertung abweichend von den allgemeinen Grundsätzen zwingend zum Buchwert vorzunehmen ist. Umstritten ist die Behandlung von teilentgeltlichen Übertragungen. Die Finanzverwaltung wendet insoweit die strenge Trennungstheorie an, wonach im Verhältnis der (schädlichen) sonstigen Gegenleistung zum Verkehrswert des übertragenen Wirtschaftsguts die stillen Reserven aufzudecken sind. Der IV. Senat des BFH befürwortet hingegen die sog. modifizierte Trennungstheorie. Demnach ist ein sonstiges Entgelt bis zur Höhe des Buchwerts des übertragenen Wirtschaftsguts unschädlich. Zu dieser Rechtsfrage wurde der Große Senat des BFH angerufen (Beschluss v. 27.10.2015, X R 28/12, BStBl 2016 II S. 81).

Eine Gewährung von Gesellschaftsrechten liegt nach neuer BFH-Rechtsprechung und der angepassten Vewaltungsauffassung nicht mehr vor, wenn die Verbuchung der Gegenleistung ausschließlich auf einem variablen Kapitalkonto (insbesondere Kapitalkonto II) erfolgt. Insoweit liegt nach den neuen Grundsätzen eine unentgeltliche Übertragung (Einlage) vor.

7.2 Der Betrieb

Zu den steuerbilanziellen Folgen eines Rangrücktritts nach der jüngeren Rechtsprechung des I. BFH-Senats


Wacker, DB 01-02-2017, S. 26

Anmerkung:

Mit Urteil v. 15.04.2015, I R 44/14, BStBl 2015 II S. 769 hat der BFH zum Passivierungsverbot für Verbindlichkeiten bei Rangrücktritt entschieden. Eine Verbindlichkeit, die nach einer im Zeitpunkt der Überschuldung getroffenen Rangrücktrittsvereinbarung nur aus einem zukünftigen Bilanzgewinn und aus einem etwaigen Liquidationsüberschuss zu tilgen ist, unterliegt demnach dem Passivierungsverbot des § 5 Abs. 2a EStG. Beruht der hierdurch ausgelöste Wegfallgewinn auf dem Gesellschaftsverhältnis, ist er durch den Ansatz einer Einlage in Höhe des werthaltigen Teils der betroffenen Forderungen zu neutralisieren.

Mit Urteil v. 10.08.2016, I R 25/15 hat der BFH die Grundsätze des Urteils v. 15.04.2015, a.a.O. bestätigt.

Nach § 5 Abs. 2a EStG sind für Verpflichtungen, die nur zu erfüllen sind, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, Verbindlichkeiten oder Rückstellungen erst anzusetzen, wenn die Einnahmen oder Gewinne angefallen sind.




8. Sonstiges

8.1 DStR

Grunderwerbsteuerbefreiung aufgrund interpolierender Betrachtung


Wrenger, DStR 01/2017, S. 18

Anmerkung:

Mit Urteil v. 16.12.2015, II R 49/14, BStBl 2016 II S. 292 hat der BFH zur Grunderwerbsteuerbefreiung für den Erwerb von Miteigentumsanteilen von Geschwistern aufgrund interpolierender Betrachtung von § 3 Nr. 6 und § 3 Nr. 2 GrEStG entschieden.

Überträgt ein Elternteil Miteigentumsanteile an einem Grundstück schenkweise auf Kinder und verpflichten sich diese dazu, anteilige Miteigentumsanteile auf später geborene Geschwister zu übertragen, kann der Erwerb dieser Geschwister aufgrund interpolierender Betrachtung nach § 3 Nr. 6 i. V. m. § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG steuerbefreit sein.

Die interpolierende Betrachtung ist nicht durch § 42 AO ausgeschlossen, wenn die Übertragung von Miteigentumsanteilen auf später geborene Geschwister auf der Intention des schenkenden Elternteils beruht, den Kindern und künftigen Kindern im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge ein Grundstück zu gleichen Teilen zu übertragen.

Nach § 3 Nr. 2 GrEStG sind der Grundstückserwerb von Todes wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden von der GrESt ausgenommen. Gleiches gilt nach § 3 Nr. 6 GrEStG beim Erwerb eines Grundstücks durch Personen, die mit dem Veräußerer in gerader Linie verwandt sind.

Im Urteilsfall war § 3 Nr. 2 GrEStG nicht erfüllt, da die Grundstücksübertragung nicht unentgeltlich erfolgt. Auch § 3 Nr. 6 GrEStG war grundsätzlich nicht einschlägig, da die Grundstücksübertragung zwischen Geschwistern erfolgte.

Die Steuerbefreiung des Erwerbs ergab sich aufgrund interpolierender Betrachtung nach § 3 Nr. 6 und § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG: Die Übertragung der vom Vater zugewendeten Miteigentumsanteile der Schwestern auf den Bruder war ein abgekürzter Weg einer freigebigen Zuwendung des Vater. Eine Übertragung der Miteigentumsanteile von den Schwestern auf Vater wäre nach § 3 Nr. 6 S. 1 GrEStG - und gegebenenfalls auch nach § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG- steuerfrei gewesen. Die anschließende Übertragung dieser Miteigentumsanteile vom Vater auf seinen Sohn wäre nach § 3 Nr. 2 S. 1 GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit gewesen. Diese interpolierende Betrachtung knüpft an den real verwirklichten Sachverhalt der Übertragung der Miteigentumsanteile von den Schwestern auf den Kläger an.

Einbeziehung des Anteilskaufpreises in die Bemessungsgrundlage für den Grundstückserwerb durch die Gesellschaft nach § 9 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG?

Behrens, DStR 02/2017, S. 82

Anmerkung:

§ 9 GrEStG regelt die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer. Bei einem Kauf gilt der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der vom Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG als Gegenleistung. Gem. § 9 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG gehören zur Gegenleistung auch Leistungen, die ein anderer als der Erwerber des Grundstücks dem Veräußerer als Gegenleistung dafür gewährt, dass der Veräußerer dem Erwerber das Grundstück überlässt. Typische Anwendungsfälle von § 9 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG sind solche, in den der an den Grundstücksverkäufer leistende Dritte selbst keine Leistung von dem Rechtssubjekt erhält, das das Grundstück verkauft (Zahlung an den Grundstückskäufer für den Verkauf an eine bestimmte Person, die dem leistenden Dritten genehm ist).

Fraglich ist, ob § 9 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG auch dann Anwendung findet, wenn ein Grundstück verbilligt an eine GmbH verkauft wird und anschließend die Anteile an der grundbesitzenden GmbH an zwei oder mehr Käufer veräußert werden, wobei keiner der Käufer 95 % oder mehr Anteile erwirbt. Ziel dieser Gestaltung ist es, dass lediglich GrESt auf den verbilligten Kaufpreis anfällt. Die Finanzämter vertreten zum Teil die Auffassung, dass der Kaufpreis für die Anteile gem. § 9 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG in die Bemessungsgrundlage für die GrESt einzubeziehen ist. Der Verfasser verneint die Anwendung des § 9 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG in dieser Konstellation.

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