Erbschaft-/Schenkungssteuer (KW 50-2016)

Keine Erbschaftsteuerbefreiung für den Erwerb von Wohnungseigentum ohne Selbstnutzung

Der Erwerb von Wohnungseigentum von Todes wegen durch ein Kind ist nicht steuerbefreit, wenn das Kind die Wohnung nicht selbst nutzt, sondern unentgeltlich einem Dritten zur Nutzung überlässt. Das gilt auch bei einer unentgeltlichen Überlassung an nahe Angehörige.

BFH  v. 05.10.2016, II R 32/15

Hinweis:

Steuerfrei ist nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 1 ErbStG u.a. der Erwerb von Todes wegen des Eigentums oder Miteigentums an einem im Inland belegenen bebauten Grundstück i.S.d § 181 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 BewG durch Kinder i.S. der Steuerklasse I Nr. 2, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat oder bei der er aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert war, die beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim) und soweit die Wohnfläche der Wohnung 200 qm nicht übersteigt. Die Steuerbefreiung fällt mit Wirkung für die Vergangenheit weg, wenn der Erwerber das Familienheim innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb nicht mehr zu Wohnzwecken selbst nutzt, es sei denn, er ist aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert (§ 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 5 ErbStG).

Die Klägerin ist Alleinerbin ihres Vaters. Zum Nachlass gehört u.a. die Hälfte einer Eigentumswohnung. Der Vater hatte zusammen mit seiner Ehefrau (Mutter der Klägerin) die Wohnung bis zu seinem Tod selbst bewohnt. Nach dem Tod des Vaters wohnt die Mutter weiterhin in der Wohnung. Die Klägerin überlässt der Mutter ihren hälftigen Miteigentumsanteil unentgeltlich zur Nutzung. Sie selbst übernachtet dort gelegentlich und nutzt einen Raum der Wohnung für die Verwaltung des Nachlasses. Das FA lehnte eine Steuerbefreiung der Klägerin für den Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils an der Wohnung ab.

Der BFH hat entschieden, dass das FA die Steuerbefreiung gem.

§ 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 1 ErbStG zutreffend versagt hat.

Die unentgeltliche Überlassung der Wohnung zur Nutzung an einen Dritten stellt keine Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken dar. Dies gilt auch bei einer unentgeltlichen Überlassung an Angehörige i.S. des § 15 AO.

Die enge Auslegung des § 13 Abs. 1 Nr. 4c S. 1 ErbStG ist auch deshalb geboten, weil die Steuerbefreiung verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt. Eine Anwendung dieser Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus wäre jedenfalls verfassungsrechtlich noch bedenklicher und ist somit ausgeschlossen.

Neueste Einträge