Rechtsprechung

1. Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung

Ersetzung des Vorläufigkeitsvermerks in einem Steuerbescheid durch einschränkenden Vorläufigkeitsvermerk in einem späteren Änderungsbescheid
Hat das FA die Steuer unter Bezugnahme auf Gründe i.S. des § 165 Abs. 1 S. 1 und S. 2 AO vorläufig festgesetzt, so bleibt der Vorläufigkeitsvermerk bis zu seiner ausdrücklichen Aufhebung wirksam. Eine stillschweigende Aufhebung des Vorläufigkeitsvermerks durch eine Änderungsveranlagung, auch wenn sie auf eine (andere) Korrekturvorschrift gestützt ist, ist ausgeschlossen.
Keine solche – unwirksame - stillschweigende Aufhebung des Vorläufigkeitsvermerks, sondern dessen inhaltlich neue Bestimmung ist gegeben, wenn dem Änderungsbescheid im Verhältnis zum Ursprungsbescheid ein inhaltlich eingeschränkter Vorläufigkeitsvermerk beigefügt wird. Dies gilt auch, wenn ein sowohl auf § 165 Abs. 1 S. 1 AO als auch auf § 165 Abs. 1 S. 2 AO gestützter Vorläufigkeitsvermerk im geänderten Bescheid durch einen allein auf § 165 Abs. 1 S. 2 AO gestützten Vorläufigkeitsvermerk ersetzt wird. Die durch einen solchen Vorläufigkeitsvermerk nicht erfassten Teile eines Änderungsbescheides erwachsen in Bestandskraft, soweit sie nicht innerhalb der Rechtsbehelfsfrist angefochten werden.
BFH  v. 14.07.2015, VIII R 21/13
Hinweis:
Der Steuerpflichtige muss den in einem Änderungsbescheid enthaltenen – geänderten -Vorläufigkeitsvermerk grundsätzlich so verstehen, dass der Umfang der Vorläufigkeit gegenüber dem ursprünglichen Bescheid geändert und nun im Änderungsbescheid abschließend umschrieben worden ist. Dies gilt auch, wenn ein sowohl auf § 165 Abs. 1 S. 1 AO als auch auf S. 2 dieser Vorschrift gestützter Vorläufigkeitsvermerk im geänderten Bescheid durch einen allein auf § 165 Abs. 1 S. 2 AO gestützten Vorläufigkeitsvermerk ersetzt wird.

2. Umsatzsteuer

Vorsteuerabzug für privat genutzten Gebäudeteil („Seeling” Altfall)
Wird ein von einer GmbH bebautes Grundstück teilweise dem Geschäftsführer zu Wohnzwecken überlassen, so scheidet ein Vorsteuerabzug für den Wohnteil gemäß
§ 15 Abs. 2 UStG aus, wenn dieser steuerfrei vermietet wurde.
Das Recht zur Nutzung zu Wohnzwecken aufgrund des Arbeitsvertrags des Geschäftsführers kann Teilentgelt für seine Arbeitsleistung darstellen.
BFH  v. 18.02.2016, V R 23/15
Hinweis:
Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UStG in der im Streitjahr geltenden Fassung kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet.
Die Vergütung für eine Nutzungsüberlassung kann in einer Geldzahlung sowie in einer Sach- oder Dienstleistung - tauschähnlicher Umsatz - und damit auch in einer Arbeitsleistung bestehen. Voraussetzung ist, dass zwischen der Leistung (z.B. Nutzungsüberlassung) und der Gegenleistung (z.B. Vergütungsleistung in Form einer Arbeitsleistung) ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Ein solcher Zusammenhang besteht regelmäßig, wenn die unternehmerisch tätige juristische Person mit ihrem Vertretungsorgan einen Mietvertrag geschlossen oder die Nutzungsüberlassung im Rahmen eines Anstellungsvertrags vereinbart haben.
Eine im Anstellungsvertrag vereinbarte Wohnungsüberlassung durch einen Arbeitgeber an seinen Arbeitnehmer wird in der Regel als Gegenleistung für die Arbeitsleistung erbracht und erfolgt damit – ungeachtet der Vereinbarung als unentgeltliche Überlassung – gegen eine Vergütung.
Nachdem im Streitfall eine steuerfreie Vermietung der Klägerin an den Geschäftsführer vorliegt, sind die auf die Herstellung des Gebäudes entfallenden Vorsteuerbeträge nur insoweit abziehbar, soweit sie mit steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen in Zusammenhang stehen.

Steuerfreie Postuniversaldienstleistungen
Universaldienstleistungen i.S. von § 4 Nr. 11b UStG verlangen eine Post-Zustellung an sechs Arbeitstagen pro Woche.
Stellt ein Unternehmer an fünf Arbeitstagen pro Woche Post zu, erbringt er keine Universaldienstleistungen und hat keinen Anspruch gegen das BZSt auf Erteilung einer für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung erforderlichen Bescheinigung.
BFH v. 02.03.2016, V R 20/15
Hinweis:
Postdienstleistungen sind nur umsatzsteuerfrei, wenn sich der Unternehmer verpflichtet, Postsendungen an allen Werktagen und damit im Regelfall sechsmal wöchentlich zuzustellen, wie der BFH mit Urteil v. 02.03.2016, V R 20/15 entschieden hat.
Die Umsatzsteuerfreiheit von Postdienstleistungen (sog. Post-Universaldienstleistungen) setzt voraus, dass sich der Unternehmer gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) verpflichtet, diese Leistungen flächendeckend anzubieten. Das BZSt muss dies zudem bescheinigen (§ 4 Nr. 11b UStG).
Im Streitfall beantragte die Klägerin die für die Steuerfreiheit erforderliche Bescheinigung beim BZSt. Das BZSt versagte die Erteilung, da die Klägerin Zustellungen nur an fünf Werktagen (Dienstag bis Samstag) in der Woche erbringen wollte.
Die Klage zum Finanzgericht und die Revision zum BFH waren ohne Erfolg. Nach dem Urteil des BFH setzt die Erteilung - der für die Steuerfreiheit erforderlichen - Bescheinigung voraus, dass der Unternehmer Postsendungen an allen Werktagen unter Einschluss des Montags zustellt. Der BFH leitet dies aus der Post-Universaldienstleistungsverordnung ab, die auch umsatzsteuerrechtlich zu beachten sei.
Die Rechtslage nach nationalem Recht steht nach der Entscheidung des BFH nicht im Widerspruch zu den Bestimmungen des durch das Recht der Europäischen Union harmonisierten Mehrwertsteuerrechts.

Umsatzsteuerfreie Betreuungsleistungen
Betreuungsleistungen einer juristischen Person sind unter Berufung auf Art. 132 Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL steuerfrei, wenn ihr die Erlaubnis zum Betrieb einer Einrichtung zur Betreuung von Kindern und Jugendlichen nach § 45 SGB VIII erteilt wurde und die Kosten für diese Leistungen über einen Träger der freien Jugendhilfe abgerechnet und damit mittelbar von öffentlichen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe gezahlt werden.
BFH  v. 06.04.2016, V R 55/14
Hinweis:
Die Klägerin ist eine juristische Person in der Rechtsform einer GmbH, die nach ihrem Gesellschaftszweck ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt. Diese Zwecke bestehen u.a. in der Förderung der Jugend in Bildung und Erziehung sowie der Jugendhilfe. Die für ihre Betreuungsleistungen geschuldeten Entgelte stellte die Klägerin der —als Trägerin der freien Jugendhilfe nach § 75 i.V.m. § 45 SGB VIII anerkannten - GbR in Rechnung. Diese rechnete die unter Einschaltung der Klägerin erbrachten Leistungen mit den öffentlichen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe ab.
Die Klägerin erklärte umsatzsteuerfreie Umsätze. Das Finanzamt unterwarf hingegen die erbrachten Leistungen der Klägerin im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe der Umsatzsteuer. Die Voraussetzungen einer Steuerbefreiung lägen weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht vor. Nach der BFH-Rechtsprechung könnten nur solche Einrichtungen als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannt werden, die - anders als die Klägerin im Streitfall - unmittelbar mit den öffentlichen Trägern der sozialen Sicherheit abrechneten.
Der BFH gelangte zum Ergebnis, dass es offen bleiben, ob die Klägerin die Voraussetzungen des § 4 Nr. 25 UStG erfüllt. Sie kann sich direkt auf Unionsrecht. Danach sind steuerfrei die "eng mit der Kinder- und Jugendbetreuung verbundene Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder andere von dem betreffenden Mitgliedstaat als Einrichtungen mit sozialem Charakter anerkannte Einrichtungen". Der Steuerfreiheit stand somit entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung nicht entgegen, dass die Klägerin keine direkten vertraglichen Beziehungen zu den öffentlichen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe unterhielt, sondern sich verpflichtet hatte, ihre Leistungen gegenüber einer GbR zu erbringen und demgemäß auch dieser gegenüber abrechnete.

3. Einkommensteuer

Anwendung des § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG bei unterjährigem Gesellschafterwechsel einer Personengesellschaft
Der Anteil eines Mitunternehmers am Gewerbesteuermessbetrag richtet sich auch bei unterjährigem Gesellschafterwechsel selbst dann nach seinem Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels, wenn sich der aus der Gesellschaft ausgeschiedene Veräußerer eines Mitunternehmeranteils zivilrechtlich zur Übernahme der auf einen Veräußerungsgewinn entfallenden Gewerbesteuer verpflichtet hat.
Auch nach unterjährigem Gesellschafterwechsel ist der Anteil am Gewerbesteuermessbetrag nur für diejenigen Gesellschafter festzustellen, die zum Zeitpunkt der Entstehung der Gewerbesteuer Mitunternehmer der fortbestehenden Personengesellschaft als Schuldnerin der Gewerbesteuer sind (entgegen den BMF-Schreiben vom 19. September 2007 IV B 2-S 2296-a/0, BStBl I 2007, 701, Rz 28, und vom 24. Februar 2009 IV C 6-S 2296-a/08/10002, BStBl. I 2009, 440, Rz. 30).
BFH  v. 14.01.2016, IV R 5/14
Hinweis
Der Anteil eines Mitunternehmers am Gewerbesteuermessbetrag richtet sich nach seinem Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels, § 35 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 EStG.
Auch Veräußerungsgewinne werden von der vorgenannten Typisierung erfasst. Die Personengesellschaft ist gemäß § 5 Abs. 1 S. 3 GewStG Schuldnerin der Gewerbesteuer unabhängig davon, ob und inwieweit der Gewerbeertrag als Bemessungsgrundlage dieser Steuer (§ 6 GewStG) auch Veräußerungs- oder Aufgabegewinne i.S. des § 7 Satz 2 GewStG umfasst. Auch insoweit kann deshalb typisierend davon ausgegangen werden, dass die Gewerbesteuer den Gesamthandsgewinn der Personengesellschaft mindert.
Auch bei einem unterjährigen Ausscheiden von Gesellschaftern aus einer Personengesellschaft richtet sich der Anteil des Gesellschafters am Gewerbesteuermessbetrag nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel, denn auch in dieser Situation bleibt Schuldner der Gewerbesteuer die Personengesellschaft. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass die Gewerbesteuer nach § 18 GewStG erst mit Ablauf des Erhebungszeitraums entsteht, für den die Festsetzung vorgenommen wird. Insoweit trifft der Aufwand nur die zu diesem Zeitpunkt an der Personengesellschaft beteiligten Mitunternehmer auf der Grundlage des gesellschaftsvertraglichen Gewinnverteilungsschlüssels, nicht hingegen die im Laufe des Erhebungszeitraums ausgeschiedenen Gesellschafter.
Der Senat sieht keine gesetzliche Grundlage für die Auffassung, dass auch für die unterjährig ausgeschiedenen Gesellschafter einer Personengesellschaft Anteile am Gewerbesteuermessbetrag festzustellen seien. Nach Ansicht des BFH erfolgt die Verteilung des Gewerbesteuermessbetrags ausschließlich nach dem zum Ende des Geschäftsjahres geltenden allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel.
Nutzungsausfallentschädigung für Kfz - Investitionsabzugsbetrag - Gewinngrenze
Die Entschädigung für den Nutzungsausfall eines Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens ist eine Betriebseinnahme.
Bei Ermittlung der für einen Investitionsabzugsbetrag maßgebenden Gewinngrenze ist die gewinnwirksame Auflösung früherer Ansparabschreibungen einzubeziehen (Anschluss an VIII. Senat).
BFH  v. 27.01.2016, X R 2/14
Hinweis:
Der Kläger, ein selbständiger Versicherungsagent, hielt ein Fahrzeug im Betriebsvermögen, das er auch privat nutzte. Für einen Nutzungsausfall aufgrund eines Unfalls erhielt er von der Versicherung des Unfallverursachers eine Entschädigung. Das Finanzamt behandelte diese uneingeschränkt als Betriebseinnahme. Der Kläger machte demgegenüber geltend, dass der Unfall sich auf einer Privatfahrt ereignet habe und er außerdem für die Zeit des Nutzungsausfalls kein Ersatzfahrzeug angemietet, sondern Urlaub genommen habe.
Der BFH gab dem Finanzamt Recht. Bewegliche Wirtschaftsgüter sind selbst dann, wenn sie gemischt genutzt werden, ungeteilt entweder Betriebsvermögen oder Privatvermögen. Vereinnahmt der Steuerpflichtige im Zusammenhang mit Schäden am Wirtschaftsgut Ersatzleistungen, richtet sich die steuerliche Beurteilung nach der Zuordnung des Wirtschaftsguts. Das gilt unabhängig davon, bei welcher Gelegenheit der Schaden entstanden ist und wie der Steuerpflichtige auf den Schaden reagiert.
Damit setzt der BFH die Rechtsprechung zu Schadenersatzleistungen fort, die als Ausgleich für Substanzverluste oder Substanzschäden vereinnahmt werden. Diese sind stets Betriebseinnahmen, wenn sie an die Stelle eines Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens treten. Für den Verlust der Nutzungsmöglichkeit gilt nichts anderes. Auch der Gebrauchsvorteil eines Wirtschaftsguts ist ausschließlich dem Betrieb zuzuordnen, wenn das Wirtschaftsgut zum Betriebsvermögen gehört.

Ansparabschreibung nach Buchwerteinbringung in eine Personengesellschaft
Ist die Durchführung der Investition in einem Einzelunternehmen, mit der ein Finanzierungszusammenhang bestanden hat, nach dessen Einbringung in eine Personengesellschaft objektiv nicht mehr möglich, so ist eine Ansparrücklage aufzulösen, da die beiden Betriebe selbständig und nicht als Einheit zu betrachten sind.
BFH  v. 27.01.2016, X R 31/11
Hinweis:
Der Große Senat des BFH hat bereits entschieden, dass eine Ansparabschreibung nach
§ 7g EStG nicht mehr vorgenommen werden darf, wenn im Zeitpunkt der Geltendmachung beim Finanzamt bereits feststeht, dass der Betrieb zu Buchwerten in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird (BStBl 2015 II S. 1007). Zur Begründung hat er ausgeführt, für Fälle der Betriebsveräußerung und -aufgabe sei bereits entschieden, dass eine Ansparabschreibung nicht mehr vorgenommen werden könne, wenn die Investition im Betrieb nicht mehr möglich sei. Nichts anderes könne in Fällen der Einbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft gelten, weil es sich dabei um einen veräußerungs- und tauschähnlichen Vorgang handele. Der Rechtsträger des Betriebs wechsele infolge eines entgeltlichen Vorgangs ebenso wie bei einer Veräußerung. An dieser Einordnung als veräußerungsähnlichen Vorgang ändere sich nichts dadurch, dass die übernehmende Kapitalgesellschaft die Buchwerte des eingebrachten Betriebsvermögens ansetze. Der in § 22 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 S. 1 UmwStG angeordnete Eintritt der übernehmenden Körperschaft in die steuerliche Rechtsstellung des übertragenden Rechtsträgers bedeute keine Gesamtrechtsnachfolge. Der Eintritt in die Rechtsstellung beschränke sich vielmehr auf objektbezogene Besteuerungsmerkmale. Der Förderzweck des § 7g EStG könne durch die Vornahme einer Ansparabschreibung im Einzelunternehmen nicht mehr erreicht werden.
Der X. Senat wendet die Urteilsgrundsätze des Großen Senats sinngemäß auf die Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Personengesellschaft gem. § 24 UmwStG an. Es ist entscheidend darauf abzustellen, dass es sich bei der Einbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft – ungeachtet der Möglichkeit der Buchwertfortführung – um einen tauschähnlichen Vorgang und damit um einen Spezialfall der Betriebsveräußerung handelt. Im Streitfall stand bei Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrags fest, dass das Einzelunternehmen in die KG eingebracht würde. Die streitige Ansparabschreibung wurde aber erst nach diesem Zeitpunkt beim FA geltend gemacht.

4. Internationales Steuerrecht

Namensnutzung im Konzern
Eine Namensnutzung im Konzern begründet keine Geschäftsbeziehung i.S. § 1 Abs. 4 AStG a.F., die den Ansatz eines Korrekturbetrags i.S. § 1 Abs. 1 AStG a.F. rechtfertigt.
BFH  v. 21.01.2016, I R 22/14
Hinweis:
Die Gestattung einer unentgeltlichen Namensnutzung zwischen nahestehenden Personen eines Konzerns ist steuerrechtlich anzuerkennen und führt nicht zu einer Korrektur der Gewinnermittlung nach dem Außensteuergesetz (AStG), wie der BFH mit Urteil v. 21.01.2016, I R 22/14 entschieden hat. Die bloße Namensnutzung im Konzern begründet danach keine Geschäftsbeziehung i.S. des § 1 Abs. 4 AStG a.F., für die einkommenserhöhend ein Korrekturbetrag i.S. des § 1 Abs. 1 AStG a.F. angesetzt werden könnte.
Im Streitfall hatte der im Inland gewerblich tätige Kläger ein graphisches Zeichen („Firmenlogo“) entwickelt und seiner polnischen Tochterkapitalgesellschaft zur Verwendung bei ihrem Internetauftritt, auf Geschäftspapieren und Fahrzeugen überlassen. Die polnische Gesellschaft musste hierfür kein Entgelt zahlen.
Das Finanzamt ging bei der Veranlagung des Klägers zur Einkommensteuer wegen „unentgeltlicher Überlassung des Markenrechts“ einkommenserhöhend von einer Gewinnkorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG a.F. aus. Die Klage zum Finanzgericht hatte im Wesentlichen keinen Erfolg.
Demgegenüber gab der BFH dem Kläger Recht. Danach liegt keine entgeltpflichtige Rechteüberlassung vor. Für die bloße Nutzung des Konzernnamens als Überlassung des Firmennamens durch einen Gesellschafter an die Gesellschaft seien in der Regel Lizenzentgelte steuerlich nicht verrechenbar. Im Fall der unentgeltlichen Nutzung kommt es dann nicht einkommenserhöhend zum Ansatz eines Korrekturbetrags. Anders ist es nach dem Urteil des BFH, wenn durch einen Warenzeichen-Lizenzvertrag, der ein Recht zur Benutzung des Konzernnamens und des Firmenlogos als Warenzeichen für verkaufte oder zum Verkauf angebotene Produkte einräumt, ein untrennbarer Zusammenhang zwischen Namensrecht und produktbezogenem Markenrecht hergestellt wird. Ist dabei ein eigenständiger Wert festzustellen, kann für die Überlassung eines derartigen Markenrechts nach Maßgabe der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ein fremdübliches Entgelt gefordert werden. Hieran fehlte es aber in dem vom BFH entschiedenen Streitfall.

5. Bilanzsteuer

Behandlung des eigenen Aufwands des Unternehmer-Ehegatten für die Errichtung eines betrieblich genutzten Gebäudes auf einem auch dem Nichtunternehmer-Ehegatten gehörenden Grundstück
Errichtet der Unternehmer-Ehegatte mit eigenen Mitteln ein Gebäude auf einem auch dem Nichtunternehmer-Ehegatten gehörenden Grundstück, wird der Nichtunternehmer-Ehegatte - sofern keine abweichenden Vereinbarungen zwischen den Eheleuten getroffen werden - sowohl zivilrechtlicher als auch wirtschaftlicher Eigentümer des auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Gebäudeteils. Dieser Gebäudeteil gehört zu seinem Privatvermögen.
Die vom Unternehmer-Ehegatten für die typisierte Verteilung seines eigenen Aufwands gebildete Bilanzposition kann nicht Sitz stiller Reserven sein. Daraus folgt zum einen, dass dem Unternehmer-Ehegatten Wertsteigerungen, die bei dem im Privatvermögen des Nichtunternehmer-Ehegatten befindlichen Gebäudeteil eingetreten sind, ertragsteuerrechtlich nicht zugerechnet werden können. Auf der anderen Seite kann der Unternehmer-Ehegatte in dieser Bilanzposition nicht dadurch stille Reserven bilden, dass er hierauf ertragsteuerrechtliche Subventionsvorschriften anwendet, die der Gesetzgeber nur für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens, nicht aber für Wirtschaftsgüter des Privatvermögens vorgesehen hat (Fortführung des BFH-Urteils vom 19. Dezember 2012 IV R 29/09, BFHE 240, 83, BStBl II 2013, 387).
Übertragen in derartigen Fällen sowohl der Unternehmer-Ehegatte den Betrieb als auch beide Eheleute ihre Miteigentumsanteile an dem Grundstück samt Gebäude unentgeltlich auf einen Dritten, kann dieser den Miteigentumsanteil des Nichtunternehmer-Ehegatten zum Teilwert in seinen Betrieb einlegen und von diesem Wert AfA vornehmen.
BFH  v. 09.03.2016, X R 46/14
Hinweis:
Bebaut der Unternehmer ein betrieblich genutztes Grundstück, das ihm zusammen mit seinem Ehegatten gehört, sind Wertsteigerungen der dem Ehegatten gehörenden Grundstückshälfte nicht einkommensteuerpflichtig, wie der BFH mit Urteil v. 09.03.2016, X R 46/14 entschieden hat. Hieraus können sich erhebliche steuerliche Vorteile im Hinblick auf die AfA ergeben. Übertragen die Ehegatten z.B. später das gemeinsame Grundstück auf ihren Sohn, der den Betrieb des Vaters fortführt, kann für nur einmal angefallene Baukosten die AfA im Ergebnis zweimal in Anspruch genommen werden.
Im zugrunde liegenden Fall hatte der Vater des Klägers schon in den 1960er Jahren mehrere Betriebsgebäude auf Grundstücken errichtet, die zur Hälfte auch der Mutter des Klägers gehörten. Er nahm AfA auf seine Baukosten vor. Im Jahr 1993 übertrug der Vater den Betrieb unentgeltlich auf den gemeinsamen Sohn (den Kläger). Gleichzeitig übertrugen der Vater und die Mutter die betrieblich genutzten Grundstücke ebenfalls unentgeltlich auf den Kläger.
Soweit es um die Übertragung von Wirtschaftsgütern ging, die dem Vater gehörten, muss der Kläger die Buchwerte aus den Bilanzen des Vaters fortführen (§ 6 Abs. 3 EStG). Umstritten war hingegen die Behandlung der Gebäudeteile, die zivilrechtlich der Mutter gehörten. Der Kläger sah in der Schenkung dieser Gebäudeteile eine Einlage in seinen Betrieb. Diese Einlage bewertete er mit dem aktuellen Teilwert der Gebäudeteile. Da der Teilwert erheblich höher war als der Restbuchwert des Bilanzpostens, der in den Bilanzen des Vaters verblieben war, eröffnete dies dem Kläger die Möglichkeit zur Vornahme erneuter hoher AfA-Beträge auf die von seinem Vater in der Vergangenheit schon nahezu abgeschriebenen Gebäudeteile.
Diese rechtliche Beurteilung hat der BFH nunmehr bestätigt. Dies hat zur Folge, dass in derartigen Fällen im Ergebnis eine doppelte Abschreibung möglich ist, obwohl die Baukosten nur einmal anfallen. Allerdings hat der BFH im Gegenzug klargestellt, dass für den Bilanzposten, der den eigenen Bauaufwand des Unternehmers für die Gebäudeteile des anderen Ehegatten verkörpert, keine Steuersubventionen in Anspruch genommen werden können, die vom Gesetzgeber nur für Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens gewährt werden. Dies wurde in der Praxis bisher anders gehandhabt, wodurch die Buchwerte dieser Bilanzposition zusätzlich gemindert werden konnten.
Soweit das BMF im Ergebnis darauf hinweist, dass es nicht dem Leistungsfähigkeitsprinzip entspreche, wenn derselbe Aufwand doppelt abgeschrieben werden könne, ist diese Aussage nach Ansicht des BFH zwar abstrakt gesehen zutreffend. Im geltenden Gesetzesrecht ist aber keine Rechtsgrundlage zu finden, aufgrund derer in der im Streitfall gegebenen Konstellation der Einlagewert (unstreitig der Teilwert) nicht auch als AfA-Bemessungsgrundlage anzusehen wäre.
Die Vorschrift des § 7 Abs. 1 S. 5 EStG, die die einzig ersichtliche Rechtsgrundlage für eine Differenzierung zwischen dem Einlagewert und der AfA-Bemessungsgrundlage darstellt, ist im Streitfall schon deshalb nicht einschlägig, weil sie erstmals für Einlagen anzuwenden ist, die nach dem 31. Dezember 1998 vorgenommen wurden. Abgesehen davon sind in Fällen wie dem vorliegenden aber auch die tatbestandlichen Voraussetzungen der genannten Norm nicht erfüllt. Sie setzt sowohl in ihrer von 1999 bis 2010 als auch in ihrer ab 2011 geltenden Fassung voraus, dass das Wirtschaftsgut vor seiner Einlage in das Betriebsvermögen „zur Erzielung von Einkünften im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 bis 7” (Überschusseinkünfte) genutzt worden ist. Der Nichtunternehmer-Ehegatte hat das Wirtschaftsgut jedoch - mangels Vereinbarung eines Entgelts mit dem Unternehmer-Ehegatten - nicht zur Erzielung von Einkünften genutzt. Der Unternehmer-Ehegatte wiederum - dem das eingelegte Wirtschaftsgut ohnehin niemals zuzurechnen war— hat ebenfalls keine Überschusseinkünfte erzielt, sondern Gewinneinkünfte. Eine andere gesetzliche Grundlage für die vom BMF vertretene Rechtsfolge, die AfA beim Kläger nach Maßgabe der früheren AfA-Bemessungsgrundlage des Vaters vorzunehmen, existiert nicht.

6. Sonstiges

Negative Hinzurechnung der Verlustübernahme eines stillen Gesellschafters
Die Betragsgrenze für die Hinzurechnung (§ 8 Nr. 1 GewStG) von 100.000 € ist im Fall einer negativen Summe der hinzuzurechnenden Finanzierungsanteile nicht spiegelbildlich anzuwenden. Lautet daher die Summe der Einzelhinzurechnungsbeträge auf einen Betrag zwischen ./. 1 € und ./. 100.000 €, dann ist ein Viertel dieser Summe dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (negativ) hinzuzurechnen.
BFH v. 28.01.2016, I R 15/15
Hinweis:
Erzielt der Inhaber des Handelsgewerbes einen Verlust und hat sich der stille Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag – entsprechend der dispositiven gesetzlichen Regelung in § 231 HGB – zur anteiligen Verlusttragung verpflichtet, dann ist dieser Verlustanteil in Form eines Betrages mit negativem Vorzeichen bei der Hinzurechnung zu berücksichtigen (sog. negative Hinzurechnung), was dazu führen kann, dass der nach einkommen- oder körperschaftsteuerrechtlichen Vorschriften zu ermittelnde Gewinn aus Gewerbebetrieb zu erhöhen oder, was häufiger vorkommen dürfte, ein ertragsteuerlich ausgewiesener Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe der vom stillen Gesellschafter getragenen Verluste für gewerbesteuerrechtliche Zwecke zu erhöhen ist. Eine solche negative Hinzurechnung ist auch dann geboten, wenn wegen eines hohen Verlustanteils des stillen Gesellschafters die in § 8 Nr. 1 GewStG in einer Zwischenrechnung auszuwerfende Summe der Einzelhinzurechnungsbeträge insgesamt negativ ist. Letzteres hat der Senat mit eingehender Begründung bereits mit Senatsurteil v. 01.10.2015, I R 4/14 entschieden.
Die 100.000 €-Grenze ist in einem solchen Fall nicht spiegelbildlich anzuwenden. Bei der 100.000 €-Grenze handelt es sich ausweislich der Gesetzesbegründung um einen „Freibetrag“, der „zur Entlastung kleinerer und mittlerer Unternehmen dienen“ soll (vgl. BT-Drs. 16/4841, 80). Als Freibetrag setzt die Regelung aber einen positiven – freizustellenden – Betrag voraus. Zudem verkehrt sich der Entlastungszweck in sein Gegenteil, wenn die 100.000 €-Grenze spiegelbildlich zu Lasten des Steuerpflichtigen angewendet würde. Angesichts dieser, den Steuerpflichtigen (einseitig) begünstigenden Regelungsabsicht kann der Senat der Ansicht des FA, Bagatellbeträge müssten um der Gleichmäßigkeit der Besteuerung willen sowohl bei positivem wie bei negativem Vorzeichen steuerlich unberücksichtigt bleiben, nicht folgen.
 

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